Gesellschaft | Interview

“Sie waren unsere Gäste”

Nach dem Besuch der Toten Hosen in seinem Wohnzimmer spricht Julian Irschara über die Vorgeschichte, den Besuch der Polizei – und die Putzaktion an den Tagen danach.
Die Toten Hosen in Wien
Foto: Daniel Fill

Am Mittwoch Mittag ist Julian Irschara immer noch heiser. Kein Wunder, hatte er doch am Montag Abend die Toten Hosen in seinem Wohnzimmer zu Gast. Besser gesagt, im Wohnzimmer seiner WG, die sich im Sitz der Südtiroler HochschülerInnenschaft in Wien befindet. Irschara selbst ist seit Kurzem deren Vorsitzender – und erzählt, wie die bekannte Düsseldorfer Punkband bei ihm daheim gelandet ist.

salto.bz: Julian, wann und wo beginnt die Geschichte?
Julian Irschara: Vergangenen Herbst haben wir erfahren, dass die Toten Hosen wieder auf WG-Tour gehen. Sie machen das alle paar Jahre wieder. Die Absicht dahinter ist, bei ganz normalen Leuten daheim aufzutreten.

Bist du selbst Hosen-Fan?
Ich bin jetzt nicht ein ultra-fanatischer Fan. Aber wir haben uns gedacht, wir versuchen’s mal und haben uns als WG beworben.

Wie habt ihr euch beworben?
Mit einem Video, das wir selbst zusammengeschnitten und eingeschickt haben.

Und dann?
Vor einem Monat haben wir Bescheid bekommen, dass wir in die Endauswahl für die Tour gekommen sind. Von über 5.000 Bewerbungen haben wir es unter die letzten 20 geschafft. Und vor etwa zweieinhalb Wochen haben wir dann die fixe Zusage bekommen.

Warum seid genau ihr ausgewählt worden?
Die Toten Hosen haben uns gesagt, dass ihnen unser Video wirklich gut gefallen hat und sie gesehen haben, dass unsere WG aus Menschen besteht, die so drauf sind wie sie selbst früher. Im Video ist zum Beispiel eine Szene von ihrem Auftritt auf dem “Voices for Refugees”-Konzert am Heldenplatz in Wien.

Im ORF-Interview erklärt Sänger Campino die Idee hinter der Magical-Mystery-Tour.

 

Wie hast du reagiert als du erfahren hast, dass tatsächlich die Toten Hosen bei euch daheim auftreten werden?
Der Tourkoordinator der Band, selbst ein alter Rocker, ist bei uns vorbeigekommen und hat gesagt: “Wir kommen.” Im ersten Moment haben wir es nicht glauben können und gemeint, der verarscht uns.

In den Medien war von einem “Geheimkonzert” die Rede, niemand schien davon gewusst zu haben. Wie habt ihr es geschafft, das Ganze geheim zu halten?
Es sollte ja ein privates Konzert sein. Wir haben unsere Freunden eingeladen, rund 30 Personen. Von denen konnte jeder noch 2 bis 3 Kollegen mitbringen – unter der Auflage, dass es ja niemandem weitererzählt wird. Ansonsten wäre uns wohl die Bude eingerannt worden.

Ganz unbemerkt ist das Konzert dann aber doch nicht abgelaufen, wie die Fotos und Videos beweisen, die im Internet zirkulieren…
Anfangs war es nicht geplant, dass das Fenster aufgemacht und die Musik auch nach draußen getragen wird. Alle anderen Fenster, also die zum Innenhof, hatten wir isoliert. Irgendwann aber haben wir das Fenster zur Straße aufgemacht…

… was bei den Menschen draußen gut angekommen ist?
Ja, ja, sehr gut (lacht)! Auf einmal standen unter dem Fenster die ganzen Leute – und haben die Straße blockiert. Das war einer der Hauptgründe, warum dann die Polizei gekommen ist.

Auf Facebook bedanken sich die Toten Hosen bei den “beiden Mädels der Polizei Wien, die der Anzeige wegen Ruhestörung pflichtgemäß nachgekommen sind und die ‘Störung’ vor Ort festgestellt haben”.
Ein Nachbar, der einige hundert Meter weiter wohnt, hat die Polizei verständigt. Die hat zwei Politessen vorbei geschickt, die aber recht verständnisvoll waren. Sobald sie kapiert hatten, dass es die echten Toten Hosen waren, sind sie die Sache sehr gemächlich angegangen und haben gesagt, sie würden sich noch einmal melden. Als mich der Oberkommissar der Wiener Polizei schließlich angerufen hat, war das Konzert aber auch schon vorbei.

Wie lange haben die Toten Hosen gespielt?
Gegen 20 Uhr hat es angefangen, und um kurz vor 22 Uhr war’s vorbei.

Und alle sind nach Hause?
Nicht ganz – die Band hat bei uns übernachtet. Als das Konzert zu Ende war, haben wir die meisten Leute weggeschickt. Wir haben uns mit den Musikern hingesetzt, uns unterhalten, ein paar Bier getrunken – und nach und nach dann schlafen gegangen.

Ihr hattet eine der bekanntesten deutschen Bands bei euch daheim – wie sind Campino & Co.?
Ich habe sie allesamt als sehr angenehme Menschen erlebt, ganz unkompliziert. Gleich am Anfang haben sie gesagt: Wir sind eure Gäste und sind froh, hier sein zu dürfen – und feiern jetzt mit euch. Und so war es vom Anfang bis zum Schluss.

Zu Ende war der Besuch ja erst am nächsten Tag…
Die Toten Hosen sind recht früh aufgestanden, so gegen 7 oder 8 Uhr. Da haben die meisten noch geschlafen und so haben sie einige von uns geweckt.

Jetzt machen sich ja vor allem die Freiheitlichen große Sorgen wegen der Sauberkeit in der sh-Bude in Wien. Könnt ihr sie beruhigen? Habt ihr alles sauber gemacht nach dem Konzert?
Das Gröbste haben wir bereits am Dienstag erledigt, heute (Mittwoch, 5. April, Anm. d. Red.) geht es mit dem Putzen weiter. Und bis alles wieder 100-prozentig passt, dauert sicher bis morgen Abend.

Noch haben sich die Freiheitlichen nicht gemeldet?
Noch nicht, nein (schmunzelt). Aber vielleicht lassen sie sich ja noch eine Anfrage einfallen…

Zum Beispiel: Warum wurden die Toten Hosen eingeladen – und nicht etwa Frei.Wild?
Tja, wenn Frei.Wild keine solchen Aktionen ausschreibt (lacht).