Chronik | EGB

Gemeinsam sind wir stärker

Der europäische Gewerkschaftsbund ist vielen unbekannt. Es lohnt sich aber ihn gut zu kennen, da seine Ziele uns alle angehen.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Sindacato europeo

Die Sektor-und nationenübergreifende Organisation wurde am 9. Februar 1973 von 17 Gewerkschaftsbünden aus 15 Staaten gegründet und vertrat damals rund 29 Millionen gewerkschaftlich organisierte Mitglieder. So zumindest laut Wikipedia. Zum Stand August 2016 gehören dem EGB mittlerweile 90 nationale Gewerkschaftsbünde aus 39 europäischen Staaten und 10 europäische Branchenverbände mit insgesamt 45 Millionen Mitgliedern an. An sich eine sehr positive Entwicklung, zumindest was die Zahlen betrifft.

Auch die Ziele, die sich der EGB auf seinen verschiedenen Kongressen setzt, welche alle 4 Jahre abgehalten werden, sind für die Arbeitnehmerschaft von äußerster Wichtigkeit. Die Liste wäre lang, aber um nur die wichtigsten zu nennen sind da: die Schaffung eines europäischen Arbeitsmarktes, eine Erweiterung des sozialen Dialogs, Tarifverhandlungen und eine effektivere wirtschaftliche, soziale und ökologische Governance in Europa. All das würde dem weitverbreiteten Lohndumping einen Riegel vorschieben.

Alles schön und gut, aber die Mitgliederzahlen des EGB spiegeln leider nicht dessen Verhandlungsstärke wieder. Den wenigsten Gewerkschaftsmitgliedern dürfte bekannt sein, dass die CGIL dem EGB angehört und dass der EGB Mitglied des IGB (Internationalen Gewerkschaftsbund) ist. Natürlich reicht das Wissen um die Mitgliedschaft nicht aus, vielmehr muss das Bewusstsein um die Stärke einer schlagkräftigen europäischen Vertretung der Arbeitnehmerinteressen gestärkt werden. Interessen, die auch auf dem kürzlich stattgefundenen 15. EGB-Kongress in Berlin auf der Tagesordnung standen.

Die am Kongress teilnehmenden Arbeitnehmerorganisationen, unter denen sich natürlich auch die CGIL befand, haben beschlossen, dass  die europäische Gewerkschaftsbewegung aufgerufen ist, sich hinsichtlich folgender Themen mobilisieren: für europäische Finanzinstrumente, die nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung unterstützen, und für eine Wirtschaft, die den Arbeitnehmern konkrete Ergebnisse bringt, für höhere Löhne und hochwertige Arbeitsplätze, für mehr sozialen Schutz für Investitionen in qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen, die Bürgerrechte garantieren, für starke Tarifverhandlungen und für den sozialen Dialog, für die Rechte der Gewerkschaften und der Arbeitnehmer/innen, für eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen in den industriellen Wandel und einer gerechten Finanzpolitik die eine Umverteilung des Reichtums garantiert.

Die unzureichenden Reaktionen Europas auf die wirtschaftlichen Folgen der russischen Aggression gegen die Ukraine und die zunehmende Inflation sowie der Mangel an sozialer Konditionalität im europäischen Industrieplan Green Deal drohen, die in letzter Zeit erzielten Fortschritte aufzuheben und zeigen eine mangelnde Solidarität.

In der Zwischenzeit sind die Reallöhne drastisch gesunken und die Effektivlöhne liegen weit hinter der Inflation zurück, die im Wesentlichen durch außergewöhnliche Gewinne und nicht durch Gehaltserhöhungen angetrieben wird. Der massive Rückgang der Löhne führt zu einer enormen Umverteilung, von der Arbeit auf das Kapital. Die Folgen dieser Lebenshaltungskostenkrise wurde durch Angriffe auf Gewerkschaftsrechte und Arbeitsbedingungen verschärft, und gleichzeitig werden Versuche, die internationale Gewerkschaftssolidarität zu kriminalisieren, zunehmend besorgniserregend.

In den letzten Monaten sind Arbeiter und Rentner in ganz Europa mit den gleichen Zielen auf die Straße gegangen:

Für Lohnerhöhungen, für eine sichere, menschenwürdige, stabile und nicht mehr prekäre Beschäftigung, für öffentliche Investitionen, für faire Renten, für die Verteidigung von Bildung, Gesundheit, Pflege und öffentliche Dienstleistungen, für ein faires Steuersystem, für Gleichberechtigung und Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen, vor allem, weil Frauen am meisten unter den Sparmaßnahmen zu leiden haben; für ein neues Entwicklungsmodell, das den gerechten sozialen- ökologischen und wirtschaftlichen Wandel in den Vordergrund stellt.

In Bezugnahme auf diese Ziele beschloss der 15. Kongress des EGB in Berlin, ab Juni mit mehreren nationalen Initiativen einen Weg der Mobilisierung und des Handelns zu fördern, die im Herbst zu einem europäischen Mobilisierungstag führen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass es den Gewerkschaften gelingt, ihre Mittglieder davon zu überzeugen, dass eine europaweite starke Arbeitnehmervertretung sehr wohl den Unterschied macht.

Josef Lazzari