Umwelt | Marmolata

Internationale Presse schockiert

Nach der Tragödie in den Dolomiten steht der Gletscherschwund einmal mehr im Fokus der Aufmerksamkeit. Draghi: „Die Regierung muss Maßnahmen ergreifen.“
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Foto: Othmar Seehauser
Über das Unglück auf der Marmolata am 3. Juli mit mindestens sieben Toten und 13 Vermissten wird international berichtet. Vor Ort in der Halle der Freiwilligen Feuerwehr von Canazei im Fassatal in der Provinz Trient waren am Tag nach der riesigen Gletscherlawine sowohl internationale Journalist:innen als auch Politiker:innen versammelt. Die Stimmung war laut salto-Redakteur Valentino Liberto, der über das Unglück berichtete, professionell.
Wir wissen, dass sich solche Ereignisse häufen werden, vor allem im Hochgebirge - Arno Kompatscher
Ministerpräsident Mario Draghi sprach vor der Presse den Opfern seine Solidarität aus und sagte: „Es ist sicherlich ein unvorhersehbares Drama, aber es ist zweifellos auf die Umweltzerstörung und die Klimasituation zurückzuführen. Die Regierung muss über das Geschehene nachdenken und Maßnahmen ergreifen, damit sich das Geschehene mit geringer Wahrscheinlichkeit wiederholt und sogar verhindert werden kann. Wir müssen handeln.“ 
Auch der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher war vor Ort und warnte vor ähnlichen Unglücken in der Zukunft: „Wir wissen, dass sich solche Ereignisse häufen werden, vor allem im Hochgebirge.“
 
 

Alpengletscher bedroht

 
Die internationale Presse, von Aljazeera über The Guardian bis hin zu Euronews, zeigt sich schockiert und alarmiert: „Klimawandel bedroht Europas einstmals ‚friedliche‘ Alpengletscher. Der Sommer 2022 droht zu einem ‚perfekten Sturm für die Gletscher‘ zu werden, da die Temperaturen in die Höhe schießen und der Schnee im Winter ausbleibt, warnt ein Experte“, titelt der arabische Nachrichtensender Aljazeera.
Auch die anderen Medien machen den Klimawandel für das Unglück verantwortlich und beziehen sich dabei auf die Aussagen der Wissenschaft. Die Onlineausgabe der deutschen Wochenzeitung Die Zeit zitiert den Geologen Massimo Frezzotti von der Universität Rom Drei: „Die derzeitigen Bedingungen an dem Gletscher entsprechen denen Mitte August, nicht Anfang Juli“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Einen Tag vor dem Gletscherbruch war eine Höchsttemperatur von zehn Grad auf dem Gipfel des Gletschers gemessen worden.
Wenn es keinen Spalt gegeben hätte, wäre wahrscheinlich nichts passiert - Jacques Mourey

Spalte im Eis als Auslöser

 
Die britische Tageszeitung The Guardian sprach mit dem Forscher Jacques Mourey, der an der Université de Lausanne in der Schweiz arbeitet und die Auswirkungen des Klimawandels auf den Sport- und Naturtourismus in den Bergen untersucht. Die Hitzewelle mag laut Mourey der Auslöser für den Lawinenabgang gewesen sein, aber die längerfristigen Auswirkungen des Klimawandels haben den Gletscher wahrscheinlich so geschwächt, dass er unter dem Druck zusammengebrochen ist.
 
 
„Wenn der Gletscher schmilzt, bedeutet das, dass das Schmelzwasser bis zum Boden des Gletschers vordringt. Wenn es den Boden des Felsens erreicht, bringt es das Eis zum Rutschen und löst eine Lawine aus“, erklärte er gegenüber The Guardian.
„Das ist wahrscheinlich das auslösende Element, aber wenn man sich die Bilder anschaut, sieht man, dass es im oberen Teil eine große Spalte gibt, die zusammengebrochen ist. Die Tatsache, dass es einen Spalt gibt, zeigt, dass der obere Teil an der Vorderseite nicht mit dem unteren Teil verbunden war. Wenn es keinen Spalt gegeben hätte, wäre wahrscheinlich nichts passiert.“
 
 
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Hartmuth Staffler Di., 05.07.2022 - 15:05

Der Kompatscher meint, dass sich solche Ereignisse, also Gletscherabbrüche, "vor allem im Hochgebirge" häufen werden. Wenn es der Kompatscher, Experte für alles und jedes, sagt, dann muss stimmen. Im Tal wird es also laut Kompatscher nicht zu einer Häufung von Gletscherabbrüchen kommen.

Di., 05.07.2022 - 15:05 Permalink
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Manfred Klotz Di., 05.07.2022 - 15:56

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Da ist Ihr grundsätzliches Kompatscher-Bashing mit Ihnen ordentlich durchgegangen. Er hat nicht von Südtirol oder von der Alpenregion gesprochen sondern ganz allgmein im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Es gibt Orte wo die Gletscher bis ins Meehr reichen Herr Staffler, haben Sie das gewusst? Von der Logik her wäre eher anzunehmen, dass gerade Gletscher in tieferen Lagen (beispielsweise in Patagonien) abschmelzen. Dass es solche Vorkommnisse im Hochgebirge gibt, war bis vor 50 Jahren kein Thema oder wenigstens kein Thema, das die öffentliche Meinung beschäftigt.

Di., 05.07.2022 - 15:56 Permalink
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Hartmuth Staffler Fr., 08.07.2022 - 17:04

Antwort auf von Manfred Klotz

Sie haben in seltsamer Weise die Aussage des Landeshauptmannes verdreht. Er hat vom Hochgebirge gesprochen, sie haben seine Aussage auf Meeresniveau in Patagonien verlegt. Ich war übrigens über diese Aussage Kompatschers keineswegs empört, er hat ja Recht, auch wenn er es etwas unbeholfen formuliert hat. Ich war daher eher ein wenig belustigt. Aber Humor scheint ihnen fremd zu sein..

Fr., 08.07.2022 - 17:04 Permalink
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G. P. Di., 05.07.2022 - 15:31

Draghi: "Die Regierung muss über das Geschehene nachdenken und Maßnahmen ergreifen, damit sich das Geschehene mit geringer Wahrscheinlichkeit wiederholt und sogar verhindert werden kann." Da bin ich jetzt aber gespannt ...

Di., 05.07.2022 - 15:31 Permalink
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Dietmar Nußbaumer Mi., 06.07.2022 - 22:26

Prinzipiell gilt am Berg die Eigenverantwortung. Bestenfalls könnten die Bergführer verstehen, dass bei Temperaturen über 10 Grad Celsius eine Gletscherfahrt unter Steileis ein beträchtliches Risiko darstellt. Dieses Unglück wird hoffentlich auf gefährlichen Eispassagen zu einem Umdenken unter Alpinisten führen.

Mi., 06.07.2022 - 22:26 Permalink