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Gesellschaft | Pollo der Woche

Der Fabilierer

Der ehemalige Sanitätsdirektor Andreas Fabi scheint am Ende seiner Laufbahn die Moral entdeckt zu haben.
Andreas Fabi hat vor Gericht Recht bekommen. Sein früherer Arbeitgeber der Südtiroler Sanitätsbetrieb wird dem ehemaligen Generaldirektor 150.000 Euro plus 10.000 Euro an Anwaltsspesen überweisen müssen. Der Grund: Die Vertragsauflösung vor eineinhalb Jahren war so nicht rechtens.
Urteile sind in einem Rechtsstaat zu akzeptieren. Auch dann, wenn sie nicht für alle nachvollziehbar sind. Daran gibt es nichts zu rütteln.
Doch Andreas Fabi fühlt sich bemüßigt unmittelbar nach dem Urteilsspruch zu erklären, dass er von seinen früheren (politischen) Vorgesetzten enttäuscht sei. Das Urteil und das zugesprochene Geld sehe er als “moralische Genugtuung”.
Diese Sätze hätte Fabi besser nicht gesagt. Denn es gibt in Südtirol keinen öffentlichen Manager, der jahrzehntelang in einer so hohen Gehaltsklasse arbeiten durfte und dem die Politik mit so vielen Geschenken und finanziellen, sowie arbeitsrechtlichen  Sonderregelungen entgegengekommen ist wie ihm. Dabei dehnte man die Bestimmungen mehrmals an den Rand des rechtlich Möglichen. Andreas Fabi lebte in einem geschützten Biotop und er konnte jahrelang tun und lassen, was er wollte. Dass er am Ende seiner Karriere, als erstmals Gegenwind aufkam, jetzt plötzlich die Moral entdeckt, ist gelinde gesagt zum Lachen.
”Andreas Fabi lebte in einem geschützten Biotop und er konnte jahrelang tun und lassen, was er wollte.”
Andreas Fabi studierte in Bologna Jus, war als Mathematiklehrer an der Mittelschule tätig und dann bei der Zollwache in Taufers im Münstertal, bevor er 1979  als Verwaltungsinspektor am Krankenhaus Bozen in die Südtiroler Sanität einstieg. Dort brachte er es schnell zum Personalchef und Vizedirektor zuerst des Krankenhauses Bozen und dann der Sanitätseinheit Mitte-Süd. Nach zehn Jahren wechselte Fabi 1992 als außerordentlicher Leiter an die Sanitätseinheit West nach Meran. Als zwei Jahre später daraus der Gesundheitsbezirk Meran wurde, stieg der Malser zum Direktor auf. 12 Jahre lang blieb er das, bis 2006  zumindest auf dem Papier ein großer Südtiroler Sanitätsbetrieb geschaffen wurde. 
Mit 1. Jänner 2007 wurde Andreas Fabi zum ersten Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Der Malser war damals genau der richtige Mann aus dem richtigen Ort. Mit Otto Sauer zuerst und Richard Theiner später war die Sanität politisch in Vinschger Hand. Fabi redete den richtigen Dialekt. Allein das dürfte ihn für die leitende Funktion qualifiziert haben.
Denn rein rechtlich war für die Stelle eine Managerausbildung vorgesehen. Diese hatte der Vinschger Jurist aber nicht. Die Politik erlaubte es ihm, diese Ausbildung nachzuholen. Fabi ließ sich dabei so lange Zeit, bis es fast nicht mehr ging.
Doch das war nicht die einzige Sonderbehandlung. 2007 wurde ein Staatsgesetz erlassen, das verfügte, dass ein Generaldirektor nicht mehr Angestellter im eigenen Betrieb sein kann. Bis zu diesem Zeitpunkt war Fabi Angestellter im Wartestand. Das heißt die Pensions- und Abfertigungsregelung lief weiter, so als würde er als Führungskraft arbeiten.
Andreas Fabi musste deshalb als Beamter kündigen und arbeitete fortan als Freiberufler. Das heißt, er musste seine Sozial- und Rentenbeiträge selbst einzahlen. So wie tausende Manager von öffentlichen Betrieben in ganz Italien.
Doch Andreas Fabi wollte sich damit nicht abfinden. Er war immer der Meinung, dass das eine Ungerechtigkeit sei. Auch wenn er zu den absoluten Spitzenverdienern im öffentlichen Dienst zählte. So erhielt der Sanitätsmanager 2014 eine Jahresgehalt von 271.351,60 Euro Brutto. Und es gelang Fabi sich durchzusetzen. Als die Landesregierung am 19. Dezember 2011 den privatrechtlichen Arbeitsvertrag des Generaldirektors für weitere fünf Jahre erneuerte, ließ der damalige Gesundheitslandesrat Richard Theiner in den neuen Vertrag eine Klausel einbauen. Der Generaldirektor bekam rückwirkend eine fixe jährliche Ausgleichszahlung für die angebliche Verschlechterung seiner Rentenposition. So kassierte Andreas Fabi im  Steuerjahr 2013 inklusive der Rückzahlungen sogar 393.676,57 Euro. 
Wie sehr Andreas Fabi immer darauf bedacht war, seine persönlichen finanziellen Schäfchen ins Trockene zu bringen, zeigte sich dann, als mit der Übernahme der Sanitätsagenden durch Martha Stocker klar wurde, dass seine Tage als Generaldirektor gezählt sind. Andreas Fabi, dessen Vertrag bis Ende 2016 laufen sollte, erklärte sich bereit freiwillig in die zweite Reihe zurückzutreten. Allerdings mit einem wahnwitzigen Arrangement. 2013 wurde das Staatsgesetz, das Andreas Fabi zur Kündigung gezwungen hat, wieder abgeschafft. Andreas Fabi wollte deshalb wieder als Bediensteter der Sanitätseinheit aufgenommen werden. Damit  läuft seine Rentenregelung als Beamter weiter und der Sanitätsbetrieb kommt für seine Beitragszahlungen auf. Andreas Fabi handelte sich auch ein äußerst fürstliches Gehalt heraus: Er sollte dieselbe Entschädigung wie der bestbezahlte Bezirksdirektor bekommen. Das ist Umberto Tait vom Sanitätsbetrieb Bozen und der erhielt 2014 176.514,8 Euro. Weil eine Wiedereinstellung ab dem 65. Lebensjahr aber nicht mehr möglich ist, musste man die Operation in Windeseile durchziehen. Das tat man auch. Am 29. April 2015 wurde Fabi als Verwaltungsinspektor wieder aufgenommen und am gleichen Tag in den Wartestand versetzt. Acht Tage später feierte Fabi dann seinen 65. Geburtstag.
Der Plan war klar: Andreas Fabi wollte seine letzten eineinhalb Jahre bis zur Rente als Berater des neuen Generaldirektors Thomas Schael arbeiten und nebenbei mehr als gut verdienen. Die Sanitätsführung spielte hier freimütig mit. Als der Autor dieser Zeilen den unmoralischen Deal öffentlich machte, zog Landeshauptmann Arno Kompatscher die Handbremse. Fabi hing plötzlich ohne Bezüge in der Luft.
Deshalb kam es auch zum Prozess vor dem Arbeitsgericht, den Andreas Fabi jetzt gewonnen hat. Rein formal hat sich die Landesregierung und die Sanität durch mehrere Beschlüsse selbst ins Bein geschossen.

Andreas Fabi hat als Generaldirektor des Sanitätsbetriebes vieles sehr gut gemacht. Einiges hat er aber auch ordentlich verbockt.
So hat er einige Entscheidungen getroffen, die bei genauerer Betrachtung wohl kaum jenen moralischen Grundsätzen standhalten dürften, die er jetzt plötzlich bemüht. Etwa den 30-Jahres-Vertrag mit dem EDV-Dienstleister MEDarchiver, der einige private Unternehmer reich machte und der Südtiroler Sanität bis heute eine Erbsünde beschert. Weiß man, dass Fabi seine Tochter eine (bezahlte) Diplomarbeit über dieses Unternehmen schreiben ließ und diese später zufällig in einer von seinem Sanitätsbetrieb konventionierten und finanzierten Privatklinik eine Anstellung fand, so sind das wohl kaum Lichtblicke einer transparenten Verwaltung. 

“ Andreas Fabi hat einige Entscheidungen getroffen, die bei genauerer Betrachtung wohl kaum jenen moralischen Grundsätzen standhalten dürfen, die er jetzt plötzlich bemüht.”
Andreas Fabi war jahrzehntelang ein Spitzenverdiener. Bezahlt mit öffentlichem Geld. Irgendwann wurden die Sonderbehandlungen aber zuviel. Das Gericht hat ihm jetzt das zugesprochen, was ein Arbeiter in acht Jahren verdient.
Es sei ihm vergönnt. 
Nur das Wort “Moral” sollte Andreas Fabi lieber nicht in den Mund nehmen.
 

 

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Marcus A. Sa., 05.11.2016 - 16:50

Diesem Beitrag gibt es eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Danke und bravo!
Moral ist halt immer relativ, besonders für Herrn Fabi wie es scheint.

Was Südtirol wirklich braucht ist eine gut funktionierende Medienlandschaft mit kompetenten Journalisten von Fach.
Leider haben wir zuwenig davon. Vielleicht weil das Land zu klein ist, vielleicht weil wir Südtiroler erst aufwachen, wenn einige Sachen nicht mehr gut laufen.

Sa., 05.11.2016 - 16:50 Permalink
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Albert Hofer Sa., 05.11.2016 - 17:15

Ausgezeichneter Artikel (aber das "Pollo des Tages" wäre wohl nicht nötig gewesen...). Interessant an der Geschichte war auch meines Erachtens das völlige journalistische Versagen der hiesigen Medien nach dem Urteil. So durfte Fabi beispielsweise in der Tagesschau und in den Dolomiten seine emotional aufgeladene Litanei unters Volk bringen - ohne dass ihm irgendwer widersprochen hätte, ohne irgendeine Verlautbarung der Gegenseite und ohne jeden Erklärungsversuch für die inhaltliche Positionierung der öffentlichen Verwaltung in der Sache...

Sa., 05.11.2016 - 17:15 Permalink
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Edi Enrich So., 06.11.2016 - 10:40

Wie man lesen kann, hatte Andreas Fabi einen Arbeitsvertrag bis Ende 2016. Eine vorzeitige Auflösung weil Stocker und Fabi nicht miteinander "können" wäre dem Sanitätsbetrieb wohl teuer gekommen (siehe Urteil des Gerichtes), also wurde ein Arrangement getroffen, das so wahnwitzig nicht ist, wenn man die netto zugesprochene Entschädigung betrachtet. Alles andere ist eigentlich belanglos. Über die Moral ließe sich lange diskutieren, aber die Auszeichnung "pollo der Woche" oder besser "polli der Woche" würde ich anderweitig vergeben.

So., 06.11.2016 - 10:40 Permalink
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Albert Hofer So., 06.11.2016 - 11:34

Antwort auf von Edi Enrich

So so... alles andere ist belanglos... etwa dass Fabi auf einen Posten gehievt wurde, den er gemäß Ausbildungsstand schon mal gar nicht hätte bekommen dürfen. Oder dass Fabi für seine rechtlich unumgängige Kündigung als Beamter per Sonderregelung fürstlich belohnt wurde. Oder dass er 8 Tage vor seinem 65. Geburtstag (also 8 Tage vor dem letztmöglichen Termin) erneut als Beamter eingestellt wurde. Na wenn das alles belanglos ist, dann gute Nacht...

Ich weiß ja nicht, möglicherweise ist Fabi privat ein toller Kerl, aber alle Evidenz spricht eigentlich dafür, dass er (wie so viele Beamte seiner Gehaltsklasse...) irgendwann einmal vergessen hat, wie sich Boden unter den Füßen eigentlich anfühlt. Er wurde bis zu seinem 65. Lebensjahr von der öffentlichen Hand sehr großzügig für seine Dienste entlohnt, Fabi wird sich vermutlich nie wieder in seinem Leben Sorgen ums Geld machen müssen. Auch seine Pension wird das Südtiroler Durchschnittseinkommen wohl um ein Mehrfaches übersteigen. Er hätte gerade auch wegen der für ihn persönlich maßgeschneiderten Sonderregelungen der Vergangenheit hier eine Chance sehen können, still und leise zur Tür hinauszutreten. Aber nein, lieber die öffentliche Hand, die ihn zu einem reichen Mann gemacht hat, vor Gericht zerren. Für entgangene Gelder in seinem 66. und 67. Lebensjahr...

So., 06.11.2016 - 11:34 Permalink
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Profil für Benutzer kurt duschek
kurt duschek Mo., 07.11.2016 - 19:34

...ein typisches Beispiel, wie langgediente Beamte, Direktoren, ja auch Politiker den Boden der Realität nicht mehr fühlen! Auf die Person zugeschnittenen Sonderregelungen werden zu "normal zustehenden Privilegien ". Die Finanzierung erfolgt mit Steuermitteln, ohne diese Privilegien fühlen sich diese Personen ungerecht behandelt und fordern öffentlich und medienwirksam "moralische Genugtuung"!! Mein bescheidener Ratschlag wäre: ganz leise die Türe hinter sich schließen, Abfindung wie einen Lottogewinn betrachten, dankbar die üppige Rente nehmen, den Ruhestand und die gewonnene Freizeit genießen, hoffen auf persönliche Gesundheit um nicht in die Mühle des Südtiroler Gesundheitswesen zu geraten und sich glücklich schätzen, daß man nie mehr für Fehlentscheidungen oder "geschossene Böcke" gerade stehen muß.

Mo., 07.11.2016 - 19:34 Permalink