Politik | Verkehr

Aus München nichts Neues?

Was bleibt vom Münchner Verkehrsgipfel? “Konsens in Grundsatzfragen”, sagt LH Kompatscher. “Ein schales Gefühl”, sagen die Grünen, die “keine wirkliche Revolution” sehen.
München 5. Februar
Foto: Twitter/MIT

Die Skepsis bei Umweltschützern, Ökoparteien und Transitgegnern war im Vorfeld groß gewesen. Und die Zweifel bleiben, nach dem Verkehrsgipfel in München. Auch wenn Landeshauptmann Arno Kompatscher von einem “eindeutigen Fortschritt” spricht.

Das Treffen am gestrigen Montag (5. Februar) trug den Titel “Brenner Meeting”. Eine hochkarätig besetzte Runde – den Vorsitz führte EU-Koordinator Pat Cox – über gemeinsame Lösungen für die Verkehrssituation am Brenner. Deutschland, Österreich und Italien waren durch die jeweiligen Verkehrs- bzw. Infrastrukturminister – Christian Schmidt, Norbert Hofer, Graziano Delrio – vertreten. Der Freistaat Bayern hatte seinen Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann entsandt. Die Länder Tirol, Trentino und Südtirol hatten die Landeshauptleute Günther Platter, Ugo Rossi und Arno Kompatscher geschickt.

Sowohl in Bayern als auch in Tirol und Südtirol und dem Trentino stehen 2018 Landtagswahlen an. Nicht nur deshalb war die Skepsis vor dem Gipfeltreffen groß: Inwieweit ist man bereit, Zugeständnisse zu machen, wie weit wird man sich annähern können? Etwa bei Themen wie der LKW-Maut – Italien will eine höhere Maut für Schwerfahrzeuge entlang der Brennertrasse einführen – oder der Blockabfertigung – Tirol beharrt darauf, in Bayern und südlich des Brenners gibt es Widerstand.

Erstmals habe es “einen breiten Konsens” gegeben, berichtet Landeshauptmann Kompatscher am Dienstag Mittag. Doch worüber?

 

RoLa ins Rollen bringen

Bereits am Montag hatte man Erfolgsmeldungen verbreitet. “Buoni risultati oggi al meeting sul Brennero a Monaco, si instaura un metodo di lavoro comune”, twittert das Ministerium für Infrastruktur und Verkehr. “Das war ein produktives und positives Treffen, getragen von dem Geist, gemeinsam kluge Lösungen für diese Herausforderungen zu finden”, zitiert das lokale Büro der EU-Kommission in München Pat Cox.

Und das ist auch für Kompatscher der eigentliche Erfolg: Dass es nun einen länder- und staatenübergreifend Konsens gibt, dass die Probleme mit dem LKW-Verkehr über den Brenner nur zusammen gelöst werden können. “Jeder hat seine Position geklärt”, nun soll ein gemeinsamer Arbeitstisch die Umsetzung und Effizienz der angekündigten Maßnahmen überwachen. Schon im Mai wird es ein weiteres Treffen geben.

Über 11 Millionen Fahrzeuge, davon über 2,3 Millionen LKW haben 2017 über den Brenner überquert. Die Lärm- und Luftbelastung steigt – und mit ihr die Gefahren, denen Mensch und Umwelt ausgesetzt sind. “Die Belastungsgrenze ist erreicht”, wiederholt Landeshauptmann Kompatscher nicht zum ersten Mal. Konkret haben sich die politischen Verantwortungsträger in München darauf geeinigt, die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene “unmittelbar voranzutreiben”.

“Auf der Schiene ist eine große Kapazität ungenutzt, allein heuer könnten täglich 100 Güterzüge mehr die Schiene nutzen”, erklärt Kompatscher. Doch die Rollende Landstraße (RoLa) war zuletzt ins Stocken geraten, wie die Südtiroler Grüne jüngst über eine Anfrage herausfanden. Um sie wieder ins Rollen zu bringen sollen Förderungen geschaffen werden – und vor allem die notwendigen Infrastrukturen wie Verladezentren (aus-)gebaut werden. Zugleich will man die Anreize, die den Brennerroute zu einer überaus beliebten Ausweichroute für LKW vom Weg aus dem Norden in den Süden macht, drosseln. Etwa über eine erhöhte Maut für Schwertransporter. “Minister Delrio hat am Montag erklärt, dass er diese nicht nur wünscht, sondern betont, dass er sie auch einführen will”, berichtet Kompatscher. Wer mehr verschmutzt soll auch mehr bezahlen.

 

Bayern gegen Blockabfertigung

Die Blockabfertigung bleibt weiterhin ein heißes Eisen. Vor allem Bayern stemmt sich dagegen, während man sich in der Euregio einig ist, dass es ein “Dosiersystem” brauche. “Noch keine Annäherung” habe es in München gegeben, so Kompatscher. Bayern sehe die Blockabfertigung nach wie vor kritisch. Doch es sei “zur Kenntnis genommen” worden, dass durch eine bessere Abstimmung und Vorab-Information vonseiten der österreichischen Behörden der Problematik “einiges an Konfliktpotenzial” genommen werden soll.

Seinerseits habe Deutschland zugesichert, den Bau der nördlichen Zulaufstrecken des Brennerbasistunnels vorantreiben zu wollen.

 

Grüne ungläubig

Der Konsens in den Grundsatzfragen – Verkehrsverminderung auf der Straße, Verlagerung auf die Schiene und Vermeidung von Umwegverkehr –, den der Landeshauptmann am Dienstag unterstreicht, ist den Grünen zu wenig.
“Die Bilanz des Verkehrsgipfels war durchwachsen und das schale Gefühl nach dem Treffen hängt auch damit zusammen, dass man den alten Rosenkranz ‘von der Straße auf die Schiene’ einfach nur ein Sätzchen weitergebetet hat. Dass die Rollende Landstraße ROLA ausgebaut werden soll, ist nun wirklich keine Revolution”, schreiben die Landtagsabgeordneten Brigitte Foppa, Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba in einer Presseaussendung. Doch auch dieses Versprechen sehen die Grünen mit gerunzelter Stirn. Schließlich sei die Anzahl der LKW-Züge zwischen 2007 und 2016 von 3.157 auf 1.121 geschrumpft. “Der bisherige Trend geht in die genau umgekehrte Richtung, als gestern in München (ein weiteres Mal) vorgebetet wurde. Da fällt es schwer, Glauben zu schenken.”