Wirtschaft | weiblicher Aspekt

Frauen in Genossenschaften

Vier Frauen aus vier unterschiedlichen Genossenschaften formen zusammen das Portrait einer motivierenden, inklusiven und gesellschaftlich verträglicheren Arbeitsweise.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Michela Parlavecchio, FabriatoFilm

Als Laie wird einem bei der Ergründung des Wesens von Genossenschaften eines sofort vor Augen geführt: Sämtliche Arten von Genossenschaften haben gemein, dass in ihnen der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zwar den Leib eines Unternehmens bildet, alle Menschen jedoch, die Teil von ihm sind, sein Herz ausmachen. Sicher, der Betrieb muss funktionieren, um am Leben zu bleiben, aber die Bedürfnisse der Menschen, die ihn als Mitglieder und Mitarbeitende am Leben erhalten, stehen auf der Relevanzliste an erster Stelle. Dies steigert Motivation und Verantwortlichkeit und bildet den Herzschlag einer Genossenschaft. Jenes Prinzip scheint einen Ansatz zu markieren, der für eine gesellschaftlich verträglichere bzw. menschlichere Wirtschaftsweise nötig ist. Eine Wirtschaftsweise, die kein egozentrisches Menschenbild in sich trägt und sich stets auf die Werte der Selbsthilfe, Selbstverantwortlichkeit, Solidarität, Demokratie, Gleichheit und Gerechtigkeit beruft, womit ein Bild von partizipativen und inklusiven Arbeitsumfeldern kreiert wird, welche Sensibilität für alle Mitglieder einer Gesellschaft vermuten lassen. Doch das geschieht nicht von selbst!

Da ist man oft als Feuerwehrfrau gefragt, die mit dem Feuerlöscher ran muss, wenn es brennt!

Jene Sensibilität findet augenscheinlich im weiblichen Aspekt Betonung, der sich im Arbeitsalltag von Frauen in Genossenschaften herauskristallisiert. Im Gespräch mit den hier zu Worte gebetenen Power-Frauen wird ersichtlich wie die besagten Werte in Persönlichkeiten mitgetragen und in handfeste Fähigkeiten umgesetzt werden. Marion Pallhuber von Grünes und Co., Michela Parlavecchio von Frabiatofilm, Nicole Hofer von der Ötzi Genossenschaft und Petra Baruffaldi von der Sozialgenossenschaft Oasis sprechen über ihre Rollen am Arbeitsplatz und den Mehrwert den sie zu ihren jeweiligen Genossenschaften beitragen.

Marion Pallhuber, Geschäftsführerin von Grünes und Co.
 

 

Bei der sozialgenossenschaftlichen Gärtnerei Grünes und Co. steht nicht nur die Pflanze, sondern der Mensch im Zentrum. Welche Rolle spielst du bei der Verfolgung dieses Ideals?

Marion Pallhuber: Als Geschäftsführerin erfülle ich mehrere Rollen. Ich bin Managerin, habe eine Vorbildfunktion, bin Vorgesetzte und zudem Mama, tja, das spielt auch mit rein. Sicher, oft ist es eine Herausforderung alles zu vereinbaren, aber man prägt als Mutter schlicht ein stärkeres Feingefühl und Verständnis aus, was im Umgang mit Menschen bzw. dabei auf Menschen einzugehen, eine große Hilfe ist. In meinem Alltag versuche ich die verschiedenen Rollen einfach zuzulassen, was aber nicht immer einfach ist. Was mich vorwiegend auszeichnet, ist, dass ich dabei kreativ sein muss und bin. Kreativität ist etwas, was mich auszeichnet, daher auch die Liebe zu meinem Beruf der Floristik und Gärtnerei. Auf dem Boden der Tatsachen, haben wir aber auch schlicht mit dem allgemein herrschenden Personalmangel zu kämpfen, was mich wiederum auch fordert die besagten Tätigkeiten auszuüben und zwischen den besagten Tätigkeiten auch ein Gleichgewicht zu halten. Gehe ich von mir aus, kann ich nur sagen, dass mir meine Sozialkompetenz und mein fachliches Wissen stets dabei von Vorteil waren, den Arbeitsprozess in der Gärtnerei zu organisieren, Aufgaben zu delegieren und gleichzeitig Verständnis für meine Mitarbeiter zu haben. Das Miteinbeziehen ist, glaube ich, sehr typisch weiblich, also Zuhören, Offenheit, Transparenz, Gemeinsamkeit. Ich lasse mich gern von meinen MitarbeiterInnen beraten und gehe weitestmöglich flexibel auf die Anregungen ein. Dazu benötige ich aber auch viel Zeit, die mir jedoch manchmal fehlt, wodurch ich es nicht schaffe, immer für alle da zu sein. Ich glaube als Frau in einer Führungsposition, ist Dominanz weniger wichtig, dafür aber eine gewisse Hartnäckigkeit, Selbstbewusstsein und Einfühlungsvermögen.

Was ist der Mehrwert, den du zu Grünes und Co. beiträgst?

Diesbezüglich würde ich gerne von mir als Frau sprechen. Denn als Frau ist man häufig prozessorientiert und dafür gilt es auch die Sichtweisen der MitarbeiterInnen miteinzubeziehen. Gelingt ihr dies, bin ich überzeugt, dass das sehr motivierend ist und ihr vice versa auch Wertschätzung entgegenbringt. Diese Wertschätzung erfahre ich und diesbezüglich sehe ich in meiner Art der Prozessorientierung den Mehrwert, den ich beitrage. Mit Prozessorientierung meine ich, wie ich bereits geschildert habe, die Vereinbarung der verschiedenen Rollen, die man zu bewältigen hat, sowie die Festigung und Ausbalancierung unserer beiden Grundpfeiler: des Sozialen und Betriebswirtschaftlichen. So ist der Alltag gestrickt!

Michela Parlavecchio, Mitbegründerin von Frabiatofilm

 

 

Come cooperativa di produzione e lavoro, Frabiatofilm si occupa di produzioni cinematografiche, corto- e lungometraggi e documentari. Puoi descrivere il tuo ruolo atttuale presso Frabiatofilm?

Michela Parlavecchio: È un momento molto delicato per la nostra cooperativa perché presto separeremo visivamente l’attività di produzione cinematografica dall’attività di comunicazione, così che ognuna possa avere un’identità chiara e forte. Rispetto al mio ruolo, se parliamo della parte di studio di comunicazione, ricopro quello di project and content manager ciò significa che mi occupo della gestione dei progetti, della programmazione e del contatto col cliente, partecipando anche alla fase di ideazione insieme ai miei colleghi.  Questo mi fa sentire responsabile dei contenuti che realizziamo e proponiamo. Rispetto all’attività cinematografica sono invece produttrice, si tratta di un lavoro molto complesso e vario. In breve è la figura che fa sì che il film si faccia, ha la responsabilità di ogni fase della realizzazione ed è garante della qualità.  Sono una persona che convive bene con le responsabilità, probabilmente ho imparato a farlo. Mi fido molto dei miei soci e questo mi permette di vivere serenamente il mio lavoro, senza creare ansie o manie di controllo. Mi sono sempre occupata anche della parte amministrativa e della sostenibilità dell’azienda, un ruolo importante che ho affrontato senza avere in partenza una formazione specifica, ma trovando la motivazione e gli strumenti spinta dalla necessità e dalla fiducia nel nostro progetto imprenditoriale.

Qual'è secondo te il valore aggiunto che porti a Frabiatofilm?

Nel tempo ho scoperto che mi piace organizzare. Proprio perché sono riuscita a coniugare l'organizzazione con la componente creativa. Direi che da questo punto di vista sono una persona tendenzialmente diplomatica; è vero che dico le cose quando bisogna dirle, ma sempre con i modi giusti e con rispetto nei confronti degli altri; questo risulta importante soprattutto in un momento in cui possono esserci delle piccole divergenze. Sento di avere la capacità di mediare. Imparando dalle mie esperienze, ho realizzato che bisogna buttarsi e seguire le proprie passioni e idee, ma bisogna anche riuscire a essere razionali ed avere una visione d'insieme. Ciò significa riuscire a staccarsi da sé stessi, dal tempo e dal luogo in cui si è, guardare le cose dall'alto e capire dove si può migliorare, dove si stia andando e perché.

 

Nicole Hofer, Team-Lead der Ötzi-Genossenschaft
 

 

Wie verstehst du deine Rolle bei der Ötzi Genossenschaft (gegründet vom SEV), deren Mission der Miteinbezug ihrer Mitglieder zur Gewinnung von und Versorgung mit 100% erneuerbaren Energien ist?

Nicole Hofer: Wir sind eine Genossenschaft und kein riesiges Unternehmen, das heißt wir sind nicht umsatzorientiert und dementsprechend klein aufgestellt und deshalb denke ich, dass meine Rolle darin besteht Flexibilität an den Tag zu legen, um da anzupacken und einzuspringen, wo gerade Bedarf besteht. Ich bin sicher mehr in strategische Aufgaben eingebunden, habe aber auch operative Aufgaben zu erfüllen. Dazu engagiere ich mich gerne für die EU-Projekte, die mir eine europäische Sichtweise lehren und es uns ermöglichen mit europäischen PartnerInnen zu netzwerken. Flexibilität ist dabei großgeschrieben: haben wir es nun als Ötzi-Genossenschaft mit einer Energiekrise zu tun, können wir das nicht ignorieren und mit dem Geschäft normal weitermachen. Wir müssen uns anpassen, Strategien finden und das kann von heute auf morgen der Fall sein. Da ist man oft als Feuerwehrfrau gefragt, die mit dem Feuerlöscher ran muss, wenn es brennt. Das kann auch bedeuten alles stehen und liegen lassen zu müssen und die eigenen Prioritäten den Erfordernissen der Situation unterzuordnen. Wir arbeiten eben nicht mit KundInnen, sondern mit Mitgliedern, das ist eine andere Art von Verbindung. Angesichts von Problematiken oder bei der Ausfeilung neuer Strategien kommt mir oft vor, dass in der Kommunikation das Ziel vor Augen verloren wird. Hier finde ich, dass der weiblichen Subjektivität zugrunde liegt, das größere Ziel im Auge zu behalten. Auch ich finde mich oftmals in der Situation wieder, das Gespräch wieder in die richtigen Bahnen zu führen. Ich weiß nicht, ob Fokus der richtige Begriff dafür ist, aber es geht darum das Ganze im Blick zu behalten.

Welchen Mehrwehrt erhält die Ötzi Genossenschaft durch dich?

Durch meinen Charakter, aber auch in meinen Hobbys und Leidenschaften, ist es mir stets möglich soziale Aspekte zu betonen sowie einen Blick für Klima- und Nachhaltigkeitsproblematik zu wahren. Ich bin stark engagiert in Klimaschutzgruppen und das bringe ich natürlich auch in die Arbeit mit ein. Diesbezüglich würde ich sagen, dass die Ausrichtung von Ötzi durch meinen persönlichen Charakter geprägt ist. Dies wäre aber natürlich ohne Unterstützung der Chefetage nicht möglich. Ich bin glücklich, dass ich meine Interessen konstruktiv in der Ausrichtung unserer Genossenschaft umsetzen kann und mich als ganze Person in meinen Arbeitsalltag einbringen kann.

 

Petra Baruffaldi, Vizepräsidentin und Leiterin des Sozialbereichs bei Oasis

 

 

La cooperativa sociale Oasis si occupa di offrire percorsi di inserimento lavorativo a persone che presentano un disagio. Che ruolo rivesti in questa missione?

Petra Baruffaldi: La mia attività principale come referente dell'area sociale, il primo di aprile festeggerò i vent'anni in cooperativa in tale posizione, è quella di seguire progetti di inserimento lavorativo, il che significa anche che mi occupo dei colloqui conoscitivi iniziali con le persone che lavoreranno in cooperativa. Insieme alla direttrice sono tra le persone con più esperienza in cooperativa e quindi credo di essere un punto di riferimento per tante persone. Allo stesso tempo mi sono sempre resa disponibile nei più diversi ambiti. Non mi sono mai chiusa nel mio ufficio e adesso sono felice di sostenere con la mia esperienza le persone che hanno domande o bisogno del mio aiuto. Il mio ruolo di vicepresidente è soprattutto di natura amministrativa. Partecipo alla ricerca di strategie di sviluppo e di gestione della cooperativa.

Qual è il valore aggiunto che la cooperativa trae dal tuo lavoro?

Uno dei lati del mio carattere, che danno un valore aggiunto alla nostra cooperativa, è la mia empatia. Riesco ad ascoltare le persone e spesso interpreto le situazioni in modo corretto, mi immedesimo pienamente nella situazione e percepisco come questa andrà a svilupparsi. Sicuramente è un vantaggio aver a che fare con le persone, avere un continuo rapporto con loro e riuscire a capirle, conoscerle, ovviamente ascoltandole e quindi trovare una soluzione per la loro vita, perché l'obiettivo è quello di passare dal disagio alla normalità. Questo è ciò che rende una cooperativa “sociale”, così come lo è la nostra. In sintesi, questo significa avere la capacità e l'empatia di capire la persona che si ha di fronte e trovare il modo giusto per aiutarla.

 

Potenzial für eine zukunftsträchtige Arbeitswelt

 

Die Frauen, welche hier zu Worte kamen, ließen ersichtlich werden, dass im weiblichen Aspekt Fähigkeiten und Charakteristika, wie Empathie, Verantwortlichkeit, Flexibilität oder Anpassungsfähigkeit sichtbar verhaftet sind. Darüber hinaus finden sie konstant praktische Anwendung, wenn es darum geht Strukturen zu erhalten oder in einem Unternehmen Kräfte aller Art zu mobilisieren und zugunsten der Erreichung eines gemeinsamen Ziels miteinzubeziehen. Die Motivation und das Verantwortungsgefühl, welche dabei entstehen geraten wirtschaftlich betrachtet häufig in den Hintergrund oder schweben als schlichte Marketingparolen im luftleeren Raum. Anhand des Beispiels von Genossenschaften treten sie jedoch in angemessener Weise als jene essenziellen Gesellschaftseigenschaften im Arbeitsalltag an die Oberfläche. Allerdings sind damit erst die Weichen gestellt, denn Studien, wie der Bericht des Internationalen Genossenschaftsbundes für das Jahr 2020 ergab, dass in befragten Genossenschaften weltweit lediglich 35 % der Vorstandsposten und 26 % der CEO-Positionen mit Frauen besetzt sind. Dies bezeugt leider, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in Führungspositionen auch im Kontext von Genossenschaften erhalten bleiben. Der Genossenschaftsverband Coopbund Südtirol hat sich dem Kampf gegen die sogenannte "Leaky Pipeline", womit die Abnahme des Frauenanteils bei aufsteigender Karriereleiter bezeichnet wird, verschrieben. So werden Inititativen und Wege gesucht, um Frauen zu ermutigen, in den Genossenschaften, in denen sie arbeiten, wichtige Positionen oder Aufgaben zu übernehmen.

 

Ein Beitrag von David Orrú