Wirtschaft | Voucher

Schlag ins Gesicht der Demokratie

Zuerst haben die Regierung und das Parlament die Voucher abgeschafft, wenige Wochen später wurden sie de facto wieder eingeführt.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Fabio Petrini

Die Absicht war klar. Man musste erstens das von der CGIL initiiert Referendum verhindern, dessen Ergebnis die strategische Linie der Regierung Renzi als gescheitert hätte hinstellen können, zweitens wollte sich die Regierung die Möglichkeit eines neuerlichen gesetzlichen Eingriffes offen halten. Dieser wäre im Falle einer Abschaffung durch ein Referendum für mehrere Jahre nicht mehr möglich gewesen.

Das neue Gesetz sieht für Familien eine eigene Reglung vor, die den Gebrauch der Gutscheine abgrenzt und die auch klarer formuliert ist. Die Notwendigkeit einer Vereinfachung für die Familien ist auch nachvollziehbar. Dies auch weil die Lohngutscheine ursprünglich nur für Familien gedacht waren. Allerdings hätte man diesbezüglich mit den Sozialpartnern reden können, um einige Aspekte zu deren Handhabung besser abzuklären. 

Obwohl diese Lohngutscheine ursprünglich nur für Familien gedacht waren, gibt man nun wiederum den Betrieben die Möglichkeit, auf diese Entlohnungsform zurückzugreifen, allerdings mit niedrigeren Obergrenzen (insgesamt 5.000 Euro pro Jahr) und nur für Betriebe bis zu 5 Fixangestellten. Eine genauere Definition der Gelegenheitsarbeit, so wie bei den Familien, gibt es im Gesetz nicht. Die Anmeldung auf einer eigenen Plattform des NISF/INPS muss vor Arbeitsbeginn erfolgen. Der Betrieb hat dann allerdings 3 Tage Zeit, den Bediensteten wegen Nichterscheinens abzumelden. Damit öffnet man ein neuerliches Schlupfloch für eine unseriöse Handhabung.

Man hat also den Namen geändert, er heißt nun „Contratto PrestO“, die Substanz und die Philosophie, die dahintersteht, ist aber die Gleiche geblieben. Auch kann man wohl kaum von einem Vertrag reden, wenn die Berührungspunkte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei einer Plattform liegen, die von einem Dritten betreut wird. Gespräche mit den Sozialpartnern gab es hierzu übrigens auch keine.

Von einem „Schlag ins Gesicht für die Demokratie“ zu reden, ist sicherlich gerechtfertigt. Man hat, mehr oder weniger bewusst, ein Referendum ausgehebelt und den Bürgern die Möglichkeit genommen, ihre Meinung kundzutun. Dabei ist diese Materie in der Verfassung in klar geregelt. Ein Rekurs bei den zuständigen Gerichtshöfen ist unabdingbar und ist in Vorbereitung. Es geht somit, unabhängig von der neuen Regelung zu den Lohngutscheinen, um die Verteidigung eines Instruments, das es den Bürgern ermöglicht, sich über vom Parlament verabschiedete Gesetze zu äußern. Unser Appell an die Bürger geht also insbesondere in diese Richtung. Wird gegen diese Vorgangsweise nicht protestiert, wird es in Zukunft leichter sein, ein Referendum einfach zu umgehen. Daher unser Aufruf an alle Bürger, sich an der Petition an den Staatspräsidenten in seiner Rolle als Garant der Verfassung und an der Kundgebung vom 17. Juni in Rom zu beteiligen.