Wirtschaft | Interview

„Schade, dass wir weniger werden“

Jungbäuerin Sandra Pineider liebt ihre Arbeit auf dem Hof. Wäre sie für einen Tag Politikerin, würde sie für einen fairen Milchpreis sorgen.
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Foto: Sandra Pineider

Sandra Pineider ist nicht auf einem Hof, sondern in Innichen aufgewachsen. Seit einigen Jahren bewirtschaftet sie gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Tschurtschenthaler den Prünsterhof in Sexten. Für ihre Vorbildfunktion erhielt das Paar am 6. März bei der Mitgliederversammlung der Bauernjugend den Raiffeisen-Jungbergbauernpreis mit einem Preisgeld von 10.000 Euro.

Der Hof liegt auf über 1.600 Metern Meereshöhe. Die Flächen sind steil und rund 1,5 Hektar von 6,3 Hektar der Wiesen können nur mit der Hand gemäht werden. In dem 2017 neu errichteten Laufstall finden acht Kühe und sechs Jungrinder der Rasse Fleckvieh Platz. Die Heumilch wird in die Käserei Sexten geliefert, der Transport erfolgt mit dem eigenen Auto. 2020 sanierte die junge Familie das Wohnhaus und ließ einen Rohbau für drei Ferienwohnungen errichten.

Salto.bz: Wie war es für Sie auf einen Bauernhof zu ziehen?

Sandra Pineider: Ich habe bereits in meiner Jugend in einem Reitstall in Sexten mit Pferden gearbeitet, was mir immer gut gefallen hat. Deswegen war ich froh, zu einem Bauernhof zu kommen, bei dem Tierhaltung wichtig ist und ich mit Vieh arbeiten kann.

 

Deswegen war ich froh, zu einem Bauernhof zu kommen, bei dem Tierhaltung wichtig ist und ich mit Vieh arbeiten kann.

 

War es am Anfang auch eine Umstellung?

Ja, klar. Der Hof ist weit oben auf dem Berg und im Winter müssen bei Schneeverhältnissen auf die Autoreifen Ketten angebracht werden. Das war ich davor natürlich nicht gewohnt.

 

 

Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?

Das hängt sehr von der Jahreszeit ab. Halbtags arbeite ich immer vormittags als Kassiererin bei dem Lift der 3 Zinnen AG. Am Nachmittag kommt im Sommer die Heuarbeit dazu. Wenn das Heu zu machen ist, ist man fast jeden Tag auf dem Feld und das Vieh ist draußen. Den Stall macht Andreas mithilfe seiner Mutter.

Was gefällt Ihnen an der Arbeit auf dem Hof?

Eigentlich alles. Schon alleine die Arbeit mit dem Vieh bereitet mir Freude, es ist aber auch schön draußen in der Natur zu sein. Als Kassiererin sitze ich den halben Tag, am Nachmittag habe ich dann mit der Bewegung einen Ausgleich.

 

 

Vor welchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehen die Südtiroler Bergbauern aus Ihrer Sicht?

Jetzt ist gerade eine schwierige Zeit, weil alles mehr kostet. Das Futter für die Kühe, der Benzin für das Auto, um die Milch zur Sennerei zu bringen und auch der Strom, um die Kühe zu melken. Deshalb wird es sicher eine harte Zeit für uns Bauern werden.

Ist die Unterstützung der Bergbauern während der Corona-Pandemie ausreichend?

Es wird ihnen schon geholfen. Mit Corona ist es natürlich schwieriger geworden und deshalb ist mehr Unterstützung notwendig. Ansonsten werden es wahrscheinlich auch viele lassen, weil es sich nicht mehr auszahlt, bei gleichbleibenden Milchpreisen den Hof zu betreiben.

 

Ansonsten werden es wahrscheinlich auch viele lassen, weil es sich nicht mehr auszahlt, bei gleichbleibenden Milchpreisen den Hof zu betreiben.

 

Teilen Sie die Einschätzung, dass immer weniger Menschen als Bauern arbeiten?

Ja, die Zahl geht zurück und das ist schade.

Wären Sie für einen Tag Landesrätin für Landwirtschaft, was würden Sie in die Wege leiten?

Eine schwierige Frage (lacht). Ich würde mich um gerechte Preise bei der Milch kümmern. Denn ich denke, die Menschen würden im Geschäft auch mehr für eine Milch bezahlen, die vor Ort hergestellt wurde.

 

 

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Dietmar Nußbaumer Mi., 09.03.2022 - 20:37

Es ist interessant, dass kleine Molkereigenossenschaften besser auszahlen als große. Leider wird der Verkaufspreis wohl auch von Lidl und Co. bestimmt. Wenn dann über Subventionen gemeckert wird, so sind die evtl. deswegen notwendig, weil der Verkaufspreis oft hart an der Grenze zur Rentabilität pendelt. Die Subventionen landen daher indirekt wieder bei Lidl und Co. (und der Steuerzahler darf das Ersparte indirekt wieder den Bauern zahlen; die EU will aber anscheinend nichts dagegen machen, der Lidl verdient ordentlich und ein paar andere wohl auch).
Auch den Bauern wäre geholfen, wenn sie sich nicht als Almosenempfänger fühlen müssten, das kratzt am eigenen Selbstverständnis. Faire Preise wären daher wünschenswert, nicht nur in Südtirol.

Mi., 09.03.2022 - 20:37 Permalink
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Johannes Engl Mi., 09.03.2022 - 22:30

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

Es ist doch immer wieder das gleiche Lied: viele Kunden wären bereit, 10 ct mehr zu bezahlen für 1 lt. Milch, wenn garantiert wäre, dass die 10 ct. direkt an die Bauern weiter gereicht werden. Aber durch irgend welche komischen Aufschlagskalkulationen, werden dann aus 10 ct. für den Bauern dann 50 ct. oder mehr am Ladentisch, weil noch viele andere (durch die Aufschläge in % auf den Einkaufspreis) mitverdienen wollen.
Das ist eigentlich ein absurdes System.
Ich plädiere für eine transparente Kalkulation auf der Bergmilch-Verpackung. Daneben dieselbe Milch um 10 ct. teurer mit dem Titel: Für diese Milch bekommt der Bauer den gerechten Preis. Ein Experiment wäre es wert.
Andere machen es vor: https://lamarcadelconsumatore.it/

Mi., 09.03.2022 - 22:30 Permalink