Politik | Schutzmasken

„Verantwortungsloses Verhalten“

Die Oppositionsparteien im Landtag wollen im Landtag eine Klärung der Masken-Affäre. Zudem fordert man politische und personelle Konsequenzen.
Landtag
Foto: Othmar Seehauser
Es ist ein Zufall, der kaum ungünstiger ausfallen hätte können.
Bereits vergangene Woche war vom Landtag für Dienstagvormittag eine Art Anhörung angesagt worden. Dabei sollten die Landtagsabgeordneten per Videokonferenz zusammen mit Gesundheitslandesrat Thomas Widmann in einer Anhörung erörtern, wie man die Südtiroler Bevölkerung für das Tragen von Mundschutz und Masken sensibilisieren kann.
Spätestens seit Montag ist klar, dass in dieser Sitzung aber auch ein weit brisanteres Thema zur Sprache kommen wird. Die von Salto.bz enthüllte Affäre um die mangelhaften chinesisch-südtirolerischen Atemschutzmasken.
 

Die Anfragen

 
Denn die Südtiroler Opposition hat umgehend auf das Bekanntwerden dieses Skandals reagiert. Und zwar geschlossen. Die Freiheitlichen, die Südtiroler Freiheit, Alto Adige nel cuore, die Südtiroler Grünen, Team K und Movimento 5 Stelle haben schriftliche Landtagsanfragen dazu eingebracht.
In den Anfragen wird nicht nur nach den Details gefragt, sondern auch nach der politischen Verantwortung diese Affäre.
 
 
So wollen die Freiheitlichen um Obmann und Landtagsabgeordneten Andreas Leiter Reber etwa erfahren, „wann Gesundheitslandesrat Thomas Widmann erstmals über die praktischen Mängel der angekauften Atemschutzmasken in Kenntnis gesetzt wurde?“
Die Südtiroler Grünen, die gleich zwei Anfragen eingebracht haben, wollen ebenfalls wissen: „Wann genau und mit welchem Schreiben wurden der Landeshauptmann und der zuständige Landesrat über diesen Fall informiert?
Noch deutlicher wird Sven Knoll. „Dieses verantwortungslose Verhalten muss nicht nur politische Konsequenzen, sondern auch strafrechtliche Untersuchungen nach sich ziehen“, meint der Kopf der Südtiroler Freiheit.
 
Wer hat in der Angelegenheit der mangelhaften Masken geschwiegen“, fragt sich Diego Nicolini (M5S). Und das Team um Paul Köllensperger stellt in einer ausführlichen Anfrage unter anderem die Frage: “Wieso wurde die Bestellung trotz der evidenten Produktmängel (die bereits in Wien entdeckt worden sind) und daher fehlender CE-Zertifizierung nicht storniert und die bezahlten Gelder zurückgefordert?“
 

Die Masken-Verteilung

 
Inzwischen ist auch klar, dass die Atemschutzmasken von dem chinesischen Unternehmen „TuTwo Outdoor Ldt“ beschafft und hergestellt werden. Es handelt sich um einen Lizenzpartner der Oberalp Group. Lizenzpartner arbeiten normalerweise für einen Lizenzgeber, der eine geschützte Marke dafür zur Verfügung stellt. In diesem Fall ist es so, dass das Unternehmen in Xiamen, das eigentlich Sportbekleidung für Salewa & Co herstellt, seine Produktion kurzeitig auf Schutzkleidung umgestellt hat.
 
 
Unser Lizenznehmer in China, also unser Partner, der dort die Salewa Stores betreibt, hat uns bereits vor Wochen aus Eigeninitiative Schutzmasken geschickt, als er hörte, wie die Entwicklung in Italien voranschritt“, erklärte Firmenchef Heiner Oberrauch vorvergangene Woche in einem Interview dem Magazin Bergwelten. Oberrauch:  „So haben wir im Namen der Landesregierung vier verschiedene Produktionsstätten mit der Produktion beauftragt“.
Gleichzeitig hat der größte Südtiroler Sportartikelhersteller im Auftrag des Südtiroler Sanitätsbetriebes die Verteilung der Masken übernommen. Dafür hat die Oberalp AG – laut eigener Aussendung, „die eigene Logistik auf Mehrschichtbetrieb ausgerichtet.
Seit dieser Woche bekommen auch Südtirols Unternehmen diese Masken kostenlos. Der Landtagsabgeordnete Alessandro Urzí weist jetzt in einer Landtagsanfrage darauf hin, dass die Verteilung per Kurier erfolge. Die Kosten: 6, 40 Euro.
Davon 0,50 Euro für das Paket und 1,5 Euro als „Logistikbeitrag“ für die Firma Oberalp. Der Abgeordnete von „Alto Adige nel cuore“ will in einer Landtagsanfrage erfahren, warum die Verteilung der Masken - wie ursprünglich angekündigt - nicht über den Südtiroler Zivilschutz erfolgt, sondern das Oberrauch-Unternehmen pro Versand zwei Euro erhält.
 

Gestoppte Verteilung

 
Dass das Sprichwort „Andere Länder, andere Sitten“ aber selbst innerhalb Tirol gilt, zeigt ein Blick über den Brenner.
 
 
Während der Südtiroler Gesundheitslandesrat Thomas Widmann trotz eindeutig anderslautender Expertengutachten der Meinung ist, dass die Masken „100prozentig sicher sind“, sieht man das in Nordtirol anscheinend anders.
Auch das Land Tirol hat über 100.000 Schutzmasken der Südtiroler Lieferung erhalten. Nachdem dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort als Ministerin die Tiroler ÖVP-Politikerin Margarethe Schramböck vorsteht und ihr Ministerium am 27. März das negative Prüfergebnis der deutschen DEKRA erhielt, reagierte man umgehend.
Am Tag nach der ersten Austeilung der Masken wurde die Verteilung gestoppt“, erklärte die Tiroler Landesregierung auf Anfrage von Rai Südtirol. Bereits ausgelieferte Masken seien „nach Möglichkeit zurückgeholt und durch neue ersetzt“ worden. „Zudem wurden alle Stellen, die diese Masken bereits erhalten hatten, auch schriftlich informiert, dass die Masken nur im niederschwelligen Bereich verwendet werden sollen. Die Krankenhäuser wurden telefonisch informiert“, heißt es in der Stellungnahme aus dem Innsbrucker Landhaus.