Gesellschaft | Famiglie Arcobaleno

Familien: So bunt wie der Regenbogen

Regenbogenfamilien durchleben wie alle Familien Höhen und Tiefen. Das Einzige, was sie wirklich von anderen Familien unterscheidet, sind ihre fehlenden Rechte.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Foto: (c) WikiCommons, Guillaume Paumier, CC-BY.

 „Alles Gute zum Muttertag!“ Simon überreicht stolz die zwei selbstgebastelten Glückwunschkarten: eine für Mama Kathrin, eine für Mami Anna. Der 5-Jährige hat zwei Mütter und ist damit eines von Tausenden Kindern (Tendenz stark steigend), die in Italien in Regenbogenfamilien aufwachsen: Familien, in denen mindestens ein Elternteil sich als lesbisch, schwul, bi, trans, inter oder queer identifizieren.

Familien mit gleichgeschlechtlichen Eltern gab es wohl schon immer, lange Zeit waren sie aber nahezu unsichtbar. Heute sind sie ein Familienmodell neben vielen anderen. Und doch begegnet ihnen immer noch das alte Vorurteil: Ein Kind brauche Mutter und Vater, um „gesund“ aufzuwachsen. Zahlreiche Studien widerlegen das. Kinder und Jugendliche aus Regenbogenfamilien unterscheiden sich in ihrer Entwicklung nur wenig von Kindern und Jugendlichen, die in anderen Familienformen aufwachsen.

“Siamo famiglie come tutte le altre con i pregi e i difetti di ogni nucleo familiare, le stesse gioie e le stesse difficoltà. L’unica cosa che ci differenzia è la mancanza di diritti“, so Alessia Crocini, Präsidentin von Famiglie Arcobaleno, einem Verein, der sich seit 2005 italienweit gegen die Diskriminierung und für die Rechte von Regenbogenfamilien einsetzt und, als Mitglied der Allianz für Familie, auch für Anliegen anderer Familien aktiv wird. Laut italienischem Gesetz haben gleichgeschlechtliche Paare nämlich kein Recht auf Elternschaft oder Adoption. Um ihren Kinderwunsch zu verwirklichen, reisen viele daher ins Ausland, um eine künstliche Befruchtung durchzuführen. Weiters wird nur das biologische Elternteil rechtlich anerkannt. Daran hat sich auch mit der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 76/2016 nichts geändert, mit dem die Lebenspartnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren eingeführt wurde.

 

 

Und so wird Muttertag bei Simon zwar so wie in zig anderen Südtiroler Familien gefeiert, mit Kuchen, Blumen, Gedichten, einem Ausflug. Getrübt wird die Feierstimmung an diesem Tag aber doch etwas: „Im Alltagsleben werde ich von allen als Simons Mama wahrgenommen, egal ob im Kindergarten, bei der Kinderärztin, bei der Arbeit“, erzählt Kathrin, Simons nicht-biologische Mutter. „Aber wenn meiner Frau Anna, die mit Simon schwanger war, etwas zustoßen würde, würde ich rein rechtlich gesehen wie eine fremde Person behandelt. Wenn wir uns trennen würden, hätte ich keinerlei Rechte.“ Um Simon vor solchen Situationen so gut wie möglich abzusichern, hat sich die Familie schon vor der Geburt an eine Notarin und einen Rechtsanwalt gewandt. „Andere Babies bekommen vor ihrer Geburt Kuscheltier und Strampelanzug – Simon hatte schon seinen eigenen Anwalt“, lacht Kathrin.

Die inadäquate Gesetzeslage führt also dazu, dass Simon auf dem Papier nur eine Mutter hat, die zwei Väter seiner Freundin Chiara hingegen beide in die Geburtsurkunde eingetragen wurden – nur weil sie in einer anderen Südtiroler Gemeinde leben. Und Andrea und Gabriel wurden von ihrer nicht-biologischen Mutter mit Stiefkindadoption adoptiert. Um allen Kindern und deren Eltern die gleiche Rechte zu garantieren, ist die zentrale Forderung von Famiglie Arcobaleno daher eine Reform des Familienrechts: Das nicht-biologische Elternteil soll dem biologischen von Geburt des Kindes an gleichgestellt werden, künstliche Befruchtung sowie Adoptionen soll auch gleichgeschlechtlichen Paaren offenstehen, und Leihmutterschaft soll geregelt, nicht verboten, werden.

Wenngleich Recht, Politik und Religion oft nicht auf der Seite von Regenbogenfamilien stehen, so wird der Umgang mit dem Thema immer selbstverständlicher: Je mehr Kinder mit zwei Mamas oder Papas zur Welt kommen, desto mehr Kindergärten, Schulen, Hebammen, Ärzt*innen, Gemeindebeamt*innen kommen in Kontakt mit neuen Familienformen. Schon jetzt ist die Reaktion auf Regenbogenfamilien oft sehr positiv. So meinte etwa eine von Simons Kindergartenfreundinnen: „Zwei Mamas haben, das wär‘ doch cool!“

Und so schließen wir uns Simon an, der mit strahlendem Gesicht seine Muttertagskarten überreicht: „Alles Gute zum Muttertag, Mamas!“

 

Von Famiglie Arcobaleno – Regenbogenfamilien Sektion Trentino-Südtirol