Politik | Rom

Der Graue in der Grauzone

Die Regierung ficht das “Wolfsgesetz” vor dem Verfassungsgericht an. In Südtirol war der Schritt erwartet worden – weil die Kompetenzfrage ungeklärt ist.
Wolf
Foto: Wolfalps

In Südtirol hat wohl jeder damit gerechnet: der Landesrat, der Verfasser und Verfassungsrechtler. Nun ist es eingetreten: Die Regierung ficht das Südtiroler “Wolfsgesetz” vor dem Verfassungsgericht an.

Umweltminister Sergio Costa hatte sofort nach der Verabschiedung im Landtag Anfang Juli angekündigt, dass er das Gesetz, das den Landeshauptmann ermächtigt, in bestimmten Fällen Wolf und Bär per Dekret zum Abschuss freizugeben, anfechten wird. “Non si spara a lupi e orsi”, meinte Costa.

 

Keine Wahl?

60 Tage waren für die Anfechtung nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Region Zeit. Am gestrigen Donnerstag dann die Bestätigung. “È un atto necessario e dovuto”, erklärt Costa die Entscheidung der Regierung, vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Gemeinsam mit dem Südtiroler “Wolfsgesetz” wird auch jenes, das analog vom Trentiner Landtag genehmigt wurde, angefochten. Er habe die beiden Autonomen Provinzen aufgefordert, die Gesetze abzuändern, “aber das ist nicht geschehen und somit hatten wir keine Wahl”, meint der Umweltminister. Er sieht einen Zuständigkeitskonflikt, bezeichnet die Gesetze als “verfassungswidrig”: “Le potestà di deroga ai divieti sulla fauna selvatica spettano allo Stato e non possono essere demandate agli enti locali.”

 

Kein Spielraum?

Laut Costa gibt es für Südtirol und das Trentino demnach keine keine autonomen Spielräume für den Abschuss der geschützten Tierarten Wolf und Bär.
“Der Zuständigkeitskonflikt ist begründet und kann nur vom Verfassungsgerichtshof gelöst werden”, hatte Ex-Senator und Verfassungsrechtler Francesco Palermo im Juli zu salto.bz gesagt.
Gerade in Sachen Umwelt, für die Südtirol keine primäre Gesetzgebungsbefugnis hat, sei es schwierig, so Palermo, eigene Landesgesetz zu erlassen, die von der staatlichen Gesetzgebung abweichen: “Wenn die Kompetenzfrage nicht im Vorfeld gelöst wird, ist es gerade in diesem Bereich nicht einfach.”

Dessen war sich auch der Verfasser des “Wolfsgesetzes”, SVP-Senator Meinhard Durnwalder, bewusst. Seiner Auffassung nach setze das Gesetz allerdings “eine EU-Richtlinie in einem Bereich um, in das Land die primäre Gesetzgebungsbefugnis besitzt: die Berglandwirtschaft”.
Doch dass der Gang vor den Verfassungsgerichtshof unvermeidlich war, wusste Durnwalder ebenso wie Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler, der meint: “Wir werden uns entsprechend zu verteidigen wissen.”

 

Kein Problem?

“Grundsätzlich finde ich das nicht so problematisch”, kommentiert Palermo die Tatsache, dass nun die Verfassungsrichter am Zug sind. Schließlich sei der höchste Gerichtshof “primär dafür da”, juridische Klarheit zu schaffen. “Politisch wird das sicherlich anders gesehen.”

Er soll recht behalten. Die Anfechtung des “Wolfsgesetzes” sei “ein weiterer Beweis dafür, dass Rom keinerlei Verständnis für die Anliegen und besonderen Bedürfnisse unseres Landes hat”, reagiert die Süd-Tiroler Freiheit auf die Nachricht.

Zugleich mit der Entscheidung, vor den Verfassungsgericht zu ziehen, kündigt Minister Costa auch an, am nationalen Wolfsmanagementplan arbeiten und ihn in Kürze der Staat-Regionenkonferenz vorlegen zu wollen. Dort war die Verabschiedung eines Managementplanes bislang stets gescheitert. Wenn eine Strategie hinter dem “Wolfsgesetz” war, auf staatlicher Ebene “etwas Bewegung in die Diskussion” zu bringen, wie es Senator Durnwalder im Juli ausdrückte, dann dürfte diese wohl aufgegangen sein.