salto.music | Meteo Beach Bar

Die wilde Jagd nach 1972

Gestern hat in der „Meteo Beach Bar” in Meran das Konzertprogramm für diesen Sommer begonnen. Wir waren da, um uns die Berliner Band Die wilde Jagd anzusehen.
Spielte das Cello bei Bedarf auch ziemlich „noisig”: Lih Qun Wong steuerte bei etlichen Songs auch ihre Stimme bei.
Foto: rhd / salto.music
Spielte das Cello bei Bedarf auch ziemlich „noisig”: Lih Qun Wong steuerte bei etlichen Songs auch ihre Stimme bei.
Spielte das Cello bei Bedarf auch ziemlich „noisig”: Lih Qun Wong steuerte bei etlichen Songs auch ihre Stimme bei. Foto: rhd / salto.music
 

Wir waren skeptisch aber offen, als uns gestern auf den Weg zur „Meteo Beach Bar” gemacht hatten. Der Grund: Die aus Berlin angereiste Band Die wilde Jagd führt in der Beschreibung ihrer Musik, völlig unverfroren erschien uns, den Begriff Krautrock an.Geht das überhaupt? Und: Wie soll das 2023 funktionieren?

Krautrock ist streng genommen keine musikalische Stilrichtung, sondern versucht jene Musik zusammenzufassen, die Zeit zwischen 1967 (das Ende der Beat- und Rock'n'Roll-Ära) und 1975 (dem Beginn von Punk und Post-Punk) in Deutschland gemacht wurde. Das heißt, die Musik, mit der sich die deutschen Musiker und Musikerinnen freigeschwommen haben. Deutsche Texte, bisweilen ausufernde Experimentierfreudigkeit, wild, laut, politisch engagiert (oder auch nicht), auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen, nicht nur in akustischer Hinsicht. Es war praktisch der Versuch einer Nachkriegsgeneration die Welt für sich zu freizuschaufeln. Die Bands, Musiker und Musikerinnen unterschieden sich in der musikalischen Ausrichtung mitunter sehr und reichten vom Ambient (Popol Vuh) über reiner Elektronik (Kraftwerk oder Klaus Schulze) bis hin zu punkigen, linken Band-Kommunen wie Amon Düül II.

Bei aller Diversität, verbindet diese Bands aber dennoch der Umstand, dass sie sich – wie die Künstler der Romantik – selbst auf die Suche nach ihrer Musik machen wollten, ob die nun in Indien liegen mochte, in den Vereinigten Staaten oder in einer noch zu entdeckenden (Innen-)Welt.

Konnte es sein, es es 2023 möglich war, diesen Zauber der Suche auf die Bühne zu bringen? Der Name Die wilde Jagd ist jedenfalls schon ein klarer Hinweis dafür, dass die Möglichkeit zumindest besteht.

 
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Waren in der Tat in der Lage, Krautrock ins Jahr 2023 zu bringen: Die wilde Jagd bei ihrem gestrigen Auftritt in der „Meteo Beach Bar” in Meran. Foto: rhd / salto.music
 

Es dauerte keine zwei Songs um zu verstehen, dass Die wilde Jagd mit ihrer Stilbezeichnung tatsächlich richtig lagen: Die Band ließ sich Zeit, die Songs entwickelten sich und klang trotz des Einsatzes von viel Elektronik nie überladen. Die Melodien waren einfach, nachvollziehbar, der Sound immer wieder dronig und die Improvisierten Teile hielten sich angenehm in Grenzen, also kein langen Soli von niemandem auf der Bühne. 

Und sieht man von der zweiten, etwas angezogenen Zugabe ab, die eine ironische Interpretation eines Techno-Tracks hätte sein können, war die Musik stets breit angelegt und im wesentlich ruhig. Die – sofern verständlich – deutschen Texte waren, wenn schon inspirierend und nicht mit irgendwelchen Botschaften irgendwelcher Art aufgeladen.

 
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Obwohl die Elektronik eine wesentliche Rolle in der Musik von Die wilde Jagd spielte, blieb alles transparent und nachvollziehbar: Sebastian Lee Philipp spielte abwechselnd Synthesizer, Gitarre und diverse Effekte. Foto: rhd / salto.music
 

Während des gesamten Sets kam zu keiner Sekunde das Gefühl von „Retro” auf, so wie es bei Psychedelic-Bands gerne der Fall ist. Das mag damit zu tun haben, dass die elektronischen Sounds gut gewählt waren, dass die Bass-Loops mit großer Selbstverständlichkeit mitliefen und für das eine oder andere Stück wichtig waren, aber nicht die Überhand nahmen. Sebastian Lee Philipp, Gitarrist, Sänger und Keyboarder der Band, setzte beides so ein, dass es absolut Sinn machte und, gemeinsam mit dem auf das Wesentliche reduzierte Schlagzeugspiel von Ran Levari und dem Cello von Lih Qun Wong, als Ganzes wahrgenommen werden konnte. Es war, als würden nicht die einzelnen Songs zählen, sondern das gesamte Konzert als solches.

Die wilde Jagd ist es tatsächlich gelungen Krautrock absolut überzeugend ins Jahr 2023 zu holen.

 
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Reduziert, weitläufig und bisweilen durchaus wuchtig: Die wilde Jagd präsentierte ein schlüssiges, etwas mehr als eine Stunde dauerndes, kurzweiliges Set. Foto: rhd / salto.music
 

Die Band hatte keine Eile, strahlte Ruhe aus und dennoch floss ihr etwas mehr als eine Stunde dauerndes Konzert dahin wie eine kurzweilige, entspannte Zugfahrt.

Die „Meteo Beach Bar” hat sich einmal mehr als eine extrem passende Location für derartige Bands erwiesen. Das Publikum war divers wie die vorhin erwähnten Musikrichtungen des Krautrock und holte die Band sogar für zwei Zugaben zurück auf die Bühne.

Als Nebeneffekt hat sich bei uns zudem einmal mehr die Überzeugung bestärkt, dass das subjektiv „Neue” genau bei Konzerten wie jenen in der „Meteo Beach Bar” zu finden ist.

Wir haben diesen Gig inspiriert, gestärkt und sehr zufrieden verlassen.

 
Die wild Jagd, live Meteo Beach Bar Meran
Eignet sich perfekt für kleine und ganz besondere Konzerte: Die „Meteo Beach Bar” in Meran ist mittlerweile ein fester Bezugspunkt für jene geworden, die neue, aktuelle und gut gewählte Musik genießen wollen. Foto: rhd / salto.music
 

Coming Soon to „Meteo Beach Bar”

 
Noch einmal zusammengefasst: Das Programm für das diesjährige „Mavai Festival”, das bei freiem Eintritt besucht werden kann.
Es ist angelaufen: Das Programm für das diesjährige „Mavai Festival”, das bei freiem Eintritt besucht werden kann. Grafik: Meteo Beach Bar