Politik | Bildung

Vettorato flirtet mit Opposition

Während die SVP mehrsprachige Schulen weiterhin ablehnt, zeigt sich Landesrat Giuliano Vettorato von der Lega offener: Ein Projekt in Meran könnte der erste Schritt sein.
Giuliano Vettorato
Foto: Asp
Während sich die SVP bei der Forderung mehrsprachiger Schulen weiterhin zurückhaltend gibt, zeigt ihr Koalitionspartner Lega bei einem Herzensthema der Grünen vorsichtige Zustimmung. Landesrat Giuliano Vettorato von der Lega, Landeshauptmannstellvertreter und zuständig für italienische Bildung und Kultur, sagt: „Ich bin positiv gestimmt, man muss die Situation aber aus linguistischer, pädagogischer und kultureller Hinsicht bewerten. Ich denke, dass die drei Kulturen in Südtirol geschützt und aufrechterhalten werden sollen.“
Aufregung hatte im Vorfeld die Meldung gesorgt, dass in der Meraner Einrichtung in der Schießstandstraße ab dem Schuljahr 2022/23 eine deutschsprachige und zwei italienischsprachige Kindergartenabteilungen gemeinsam untergebracht sind. Die Kindergartenabteilungen der beiden Sprachgruppen arbeiten zusammen und die Räumlichkeiten sind keiner Sprachgruppe vorbehalten. Im Interview mit der Tageszeitung „Alto Adige“ betonten die Mitarbeiterinnen: „Wir werden in Südtirol Vorreiter sein, denn das ist der richtige Weg in eine wirklich inklusive Zukunft, die auf einer echten Integration der beiden Sprachgruppen beruht.“
 

Die Anfrage

 
Die Süd-Tiroler Freiheit stellte daraufhin eine schriftliche Anfrage an den Landtag, um zu erfahren, wie die für Bildung zuständigen Landesräte Giuliano Vettorato (Lega) und Philipp Achammer (SVP) zu dem Projekt stehen. Da der Versuch erst vergangenem Herbst gestartet ist, würden noch keine „dezidierten Ergebnisse“ vorliegen, so die Beantwortung der Anfrage vonseiten Achammer. „Die Planung der Nutzung von Räumen und Aktivitäten erfolgt wöchentlich und berücksichtigt die Bedürfnisse der einzelnen Gruppen“, steht weiter.  
Auf die Frage der Landtagsabgeordneten Sven Knoll und Myriam Atz-Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit), was Achammer und Vettorato unter „inklusiver Zukunft“ verstehen, folgt die Antwort: „Inklusive Zukunft heißt für uns in einer vielfältigen Gesellschaft zu leben. Der Ansatz geht weit über die reine Betrachtung der Sprache hinaus.“
 
 
Die Kindergartengruppen in der Meraner Schießstandstraße werden von italienisch- und deutschsprachigen Mitarbeiter:innen betreut. „Es gilt, die spezifischen Entwicklungsprofile, Bedürfnisse und Kompetenzen der Kinder wahrzunehmen und zu nutzen. Kinder werden dazu ermutigt, Neugierde auf Sprachen zu entwickeln. So passiert es auch beim NOI/WIR-Projekt. Kinder sind geborene Lerner. Sie schaffen es, in sprachliche Handlungsformen hineinzuwachsen und betrachten die Sprachaneignung nicht als Aufgabe oder Pflicht“, so die Antwort von Landesrat Achammer.
Das Projekt in Meran sei laut Vettorato ein erster Schritt, um zu prüfen, ob gemischte Klassen Sinn machen könnten. Dabei würden auch territoriale Gegebenheiten eine Rolle spielen. „Es macht einen Unterschied, ob das Projekt in Meran stattfindet, wo rund die Hälfte deutsch und rund die Hälfte italienisch sprechen, oder in anderen Gebieten“, so Vettorato.
Außerdem sei für die Entwicklung der Mehrsprachigkeit nicht nur die Schule verantwortlich, sondern auch die Gesellschaft: „In der Schule lernt man die Grammatik einer Sprache. Der Mut, sich in einer anderen Sprache auszudrücken, entsteht aber im alltäglichen Leben.“ Innerhalb der Koalition seien mehrsprachige Schulen aber bisher kein Diskussionsthema.
Vor mittlerweile fünf Jahren hatte die Grüne Landtagsfraktion einen Gesetzesentwurf zu mehrsprachigen Schulen eingebracht. Er war 2018 von der Regierungsmehrheit aus PD und SVP abgelehnt worden. Neben den Grünen setzt sich auch das Team K für mehr Mehrsprachigkeit im Südtiroler Bildungssystem ein. Kürzlich wurde ihr Beschlussantrag für zweisprachige Kindergartengruppen als Zusatzangebot im Meraner Gemeinderat angenommen. Die dafür zuständige Arbeitsgruppe muss noch aufgestellt werden.
 
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Dietmar Nußbaumer Mo., 09.01.2023 - 19:04

Bevor man das über alle drüberstülpt, sollte an Projektklassen überprüft werden, ob das etwas bringt. In der Grundschule wurde auch, wie in Deutschland und wahrscheinlich auch Österreich, Schreiben durch Lesen (oder so ähnlich) eingeführt, mit dem Ergebnis, dass die Schreibfertigkeit der Schülerinnen und Schüler darunter gelitten hat. Inzwischen ist man davon wieder abgegangen (auch in den genannten Ländern).

Mo., 09.01.2023 - 19:04 Permalink
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Am Pere Di., 10.01.2023 - 10:04

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass durch den neuen Schmusekurs der SVP mit den Rechtsparteien Italiens eine Verwässerung der deutschen Kultur einhergehen wird.

Di., 10.01.2023 - 10:04 Permalink