Gesellschaft | Geschlechterpolitik

"Gefährliche Vorurteile schüren"

Die Initiativgruppe Frauenmarsch.Donneinmarcia schreibt ein Briefchen an Giuliano Vettorato und wendet sich energisch gegen seinen Auftritt am Freitag in Bozen.
Giuliano Vettorato
Foto: Asp
Lieber Giuliano Vettorato, lieber Landeshauptmann-Stellvertreter der Autonomen Provinz Bozen und lieber Landesrat, klar befinden wir uns im Wahlkampfmodus, sich ins Schaufenster zu stellen und in Position zu bringen gehört dazu. Aber was für ein eigenartiges Spiel mit Rollenklischees treiben Sie denn, wenn Sie sich an der berüchtigten No-Choice-Kampagne von Pro Vita & Famiglia beteiligen, indem Sie an der öffentlichen Debatte vom 10.2. in Bozen teilnehmen, mit dem Titel "Wird es künftig noch möglich sein, Mama und Papa zu sagen? Bozen gegen eine Genderpolitik"?
Werden wir noch von Gleichstellung und Diversität reden?
Acht (ausschließlich!) männliche Teilnehmer betreten die Bühne und werden von einem ebenfalls männlichen Moderator begleitet, der ein Vertreter der homophoben und abtreibungsfeindlichen Bewegung ist. Unter den Teilnehmern ist nicht ein einziger (von 9!) Experte für Eltern- oder Geschlechterpolitik, sondern nur Vertreter reaktionärer und fundamentalistischer Ideologien, die ein patriarchalisches Gesellschafts- und Familienmodell schützen wollen - ein Modell, das Frauen* ausgrenzt, ihren Handlungsspielraum einschränkt und die gesamte LGBTQI+-Gemeinschaft ausschließt und diskriminiert.
 
 
Wir sind entsetzt, dass ein Vertreter der Institutionen, der Vizepräsident der Provinz, nicht nur zustimmt, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen und auf diese Weise mithilft, gefährliche homophobe Vorurteile zu schüren, sondern dass er damit auch in Kauf nimmt, dieses hohe Amt zu instrumentalisieren. Wir stellen fest, dass Sie bereit sind, für eine reaktionäre Minderheit zu sprechen, anstatt, kraft Ihres Auftrags, die gesamte Bürger:innenschaft zu vertreten, und sehen darin einen besorgniserregenden Machtmissbrauch.
Wir sind entsetzt, dass ein Vertreter der Institutionen, der Vizepräsident der Provinz, nicht nur zustimmt, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen und auf diese Weise mithilft, gefährliche homophobe Vorurteile zu schüren, sondern dass er damit auch in Kauf nimmt, dieses hohe Amt zu instrumentalisieren.
Darüber hinaus stellen wir fest, dass Sie so dem Ruf der von Ihnen vertretenen Institution schaden, dass Sie unserem Gebiet in ethischer Hinsicht und auch in Bezug auf das Image schweren Schaden zufügen und nicht zuletzt, dass Ihre Teilnahme im Widerspruch zum offiziellen Willen der Autonomen Provinz Bozen steht, die sich 2019 dem RE.A.DY-Netzwerk angeschlossen hat. Ah, Sie wussten es nicht? Es handelt sich um das italienische Netzwerk von Regionen, autonomen Provinzen und Gemeinden, die sich aktiv einsetzen für die Verhinderung, Bekämpfung und Überwindung von Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität. Im Vordergrund steht dabei der Schutz der Menschenrechte von LGBTQI+-Personen, der übrigens in der Verfassung, im EU-Recht und im internationalen Recht verankert ist.
 
 
Am kommenden Dienstag (14.02. um 17 Uhr) findet in Meran der Flashmob "One Billion Rising" statt. Er richtet sich genau gegen diese Art von diskriminierender und Gewalt reproduzierender Kultur. Diesmal werden wir damit auch diesen unseren Unmut zum Ausdruck bringen.
Die Gesellschaft verändert und entwickelt sich, sie sucht nach gerechteren und faireren Formen des Zusammenlebens, auch in Südtirol: Wir wollen lernen, was Gleichstellung und Diversität bedeutet! Ja, Veränderungen können Angst einflößen ... aber noch mehr Angst flößen Menschen ein, die keinen Respekt vor anderen haben. Es ist höchst an der Zeit, dass wir nach transversalen Standpunkten suchen, die das Gemeinwohl aller im Auge haben. Und, lieber Giuliano Vettorato, lassen Sie uns die Regeln der Demokratie respektieren, die wir uns selbst gegeben haben.
 
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Lollo Rosso Do., 09.02.2023 - 20:16

Leben denn die geladenen Redner alle in traditionellen Vater-Mutter-Kind-Gefügen, das würde mich interessieren, ansonsten ist ihre Teilnahme scheinheilig.

Do., 09.02.2023 - 20:16 Permalink
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Josef Fulterer Fr., 10.02.2023 - 06:44

Antwort auf von Maximi Richard

Es ist schon bemerkenswert wie manche Politiker in Führungspositionen, aber auch die nur auf Befehl der Partei Hand-aufhaltenden + Stuhl-wärmenden Hinterbänkler, zur Höchstform mit unglaublichen Kopf-Meinungs-Verdrehungen auflaufen, um für weit entfernten Wahlen auch noch die letzte Stimme der aller-spießigsten Bürger einzusammeln.

Fr., 10.02.2023 - 06:44 Permalink