Politik | makaber

“Schule macht Frei”

Ein Lega-Gemeinderat in der Toskana vergleicht die Schulpolitik der Regierung mit dem KZ Auschwitz. Die Proteste dagegen kommen auch aus der Gedenkstätte in Polen.
Auschwitz-Birkenau
Foto: Pixabay

Um politische Gegner zu kritisieren, sind viele Mittel recht. Claudio Ticci aber hat ein besonders makabres Motiv gewählt, um gegen die möglichen Maßnahmen der römischen Regierung für die Rückkehr in die Schule im Herbst zu wettern. Der Lega-Gemeinderat von Borgo San Lorenzo bei Florenz hat am Sonntag eine Grafik auf Facebook gepostet, das den Eingang zum Konzentrationslager Auschwitz zeigt und die Aufschrift “Arbeit macht frei” mit “Die Schule erzieht zur Freiheit” ersetzt. Darüber ist ein Schriftfeld eingefügt, in dem steht “Schule macht Frei – La scuola Libera”.

 

Unter dem Facebook-Post fordern zahlreiche User den Rücktritt des Lega-Gemeinderats. Der Bürgermeister von Borgo San Lorenzo, Paolo Omoboni (PD) verurteilt die Aktion: “Das Foto kommentiert sich von alleine. Man kann einer Partei, einer Idee, einem Gesetz kritisch gegenüber stehen, aber diese Bilder verwenden ist inakzeptabel, insbesondere wenn derjenige, der sie verwendet ein Gemeinderat ist, der in jener demokratischen Institution sitzt, die den Bürgern am nächsten ist.”

Mehrere Stunden vergehen bis Ticci sich am Montag Nachmittag für das “unangemessene Foto” entschuldigt: Mi sento di chiedere scusa, per una foto, inopportuna, a corredo di un post che ho condiviso e lo faccio per coloro che si sono sentiti offesi per quella foto; per quello che rappresenta.”

Doch die Grafik entfernt er nicht von seinem Facebook-Profil. Der Vorfall hat über Florenz hinaus für große Empörung gesorgt. Der Mailänder PD-Kammerabgeordnete Emanuele Fiano, dessen Vater als Jude nach Auschwitz deportiert wurde und als einziger seiner Familie das KZ überlebt hat, schreibt auf Facebook: “Das ist ein Gemeinderat der Lega (…), der die Schule, wie sie diese Regierung denkt, mit dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau vergleicht, wo ca. 1,2 Millionen Personen vergast und dann verbrannt wurden, deren einzige Schuld es war, geboren worden zu sein: Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Menschen mit Behinderung, Oppositionelle, Kriegsgefangene… Wie kann ein gesunder Geist das mit der Schule vergleichen? Wie kann es sich eine Partei leisten, von so jemandem vertreten zu werden?

In Polen, wo das ehemalige KZ heute als Gedenkstätte fungiert, melden sich die Betreiber derselben auf Twitter zu Wort: “Schändlich. Es ist schmerzhaft für die Erinnerung an Auschwitz und seine Opfer, dieses Symbol instrumentalisiert und missbraucht zu sehen. ‘Arbeit macht frei’ war eine zynische Illusion, die die SS den Gefangenen des Lagers Auschwitz gab. Diese Worte wurden zu einer der Ikonen des menschlichen Hasses.”