Gesellschaft | Demagogie

Gansers Rückkehr

Acht Monate nach seinem Rausschmiss kehrte Daniele Ganser mit seinem Vortrag „Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?“ nach Innsbruck zurück. Dieses Mal ohne Proteste.
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Foto: Salto.bz
Verschwörungstheoretiker, Corona- und Holocaust-Leugner sowie Antisemit – wer nach Daniele Ganser im Internet sucht, muss zur Erkenntnis kommen, dass er es mit einem Volksverhetzer der übelsten Sorte zu tun hat. Verwiesen sei an dieser Stelle auf den Bericht „Auf Verschwörungs-Kur“, in welchem ausführlich auf diesbezügliche Berichte Bezug genommen wird. Und Ganser selbst? Dieser weist die Vorwürfe entschieden zurück und spricht von Diffamierung.
Seit Februar tourt der Publizist, Historiker und selbst ernannte Friedensforscher mit seinem Vortrag „Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?“ durch Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die ersten Termine waren noch begleitet von Protesten und Aufrufen, die Veranstaltungen zu verhindern. So hat der Grüne Bürgermeister von Innsbruck, Georg Willi, im Jänner den Auftritt Gansers im Kongress-Zentrum (CMI) durch eine Weisung an dessen Geschäftsführer Christian Mayerhofer untersagt. Die Ausweichveranstaltung fand am 26. Jänner in Seefeld statt. Das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen hat den Auftritt Gansers in der Dortmunder Westfalenhalle (27. März) nach dessen Klage zugelassen und sich in seiner Entscheidung auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen, Nürnberg (10. Mai) hat sich dieser Entscheidung angeschlossen. Als „schmerzhafte“ Werbung bezeichnete Ganser die Diskussionen und die Proteste, die seine Auftritte begleiten und für ausverkaufte Veranstaltungen und volle Säle sorgen. Auch im Vorfeld zu seinem Auftritt in Meran am 6. September gab es Kritik von Seiten der Meraner Grünen, die von der Stadtregierung zwar nicht verlangten, ein Auftrittsverbot auszusprechen, aber eine scharfe Abgrenzung von dessen Positionen – dem ist die Stadtregierung nachgekommen. Die Negativ-Publicity jedenfalls scheint ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben: Auch die Veranstaltung im Meraner Kurhaus war ausverkauft.
 
 
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Daniele Ganser beim Bücher signieren und im Kontakt mit seinen Fans. (Foto: Salto.bz)
 
 
Zwei Tage später fand der Vortrag in der Tiroler Landeshauptstadt statt – acht Monate nach dem Rausschmiss in Innsbruck hatte Peter Schutte, Organisator der Veranstaltungsreihe, einen erneuten Versuch gestartet. Dieses Mal durfte Ganser ohne Probleme im Kongresszentrum sprechen, wie Schutte bei seiner Begrüßungsrede mit Genugtuung feststellte und erklärte: „Es gibt auch Menschen, die sagen: Erlaubt euch kein Urteil, bevor Ihr es nicht selbst gehört habt! Schon gar nicht sollte jemand darüber bestimmen dürfen, was seine Wähler hören dürfen.“ Einen Seitenhieb auf den Innsbrucker Bürgermeister konnte sich auch Ganser nicht verkneifen, der unter Applaus die Bühne des beinahe vollbesetzten Saals betrat. Wer sich einen Fach-Vortrag erwartet hatte, wurde enttäuscht. Mit humoristischen Pointen unterlegt präsentierte Ganser seine Version zum Ukraine-Konflikt. Die Versuche, seine Auftritte zu verbieten, führte Ganser auf seine Position – Deutschland sollte keine Waffen an die Ukraine liefern und die Schweiz und Österreich sollten ihre Neutralität nicht aufgeben – zurück. Damit widerspreche er der Politik des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, seines österreichischen Amtskollegen Karl Nehammer und jener des Schweizer Außenministers Ignazio Cassis. Wie ein Schiedsrichter in einem Fußballspiel verteilte Ganser rote Karten an die führenden Politiker und die erste gleich an den russischen Staatschef Wladimir Putin. Damit stellte er klar, dass er die Invasion Russlands in die Ukraine verurteilt. Da er die USA in einem erheblichen Maße mitverantwortlich für den Kriegs-Ausbruch macht, wird ihm von seinen Kritikern Anti-Amerikanismus und das Bedienen Putin‘scher Narrative vorgeworfen. Rote Karten gingen an die amerikanischen Präsidenten George Bush junior und senior, Bill Clinton, Barack Obama und Joe Biden, deren Militäreinsätze er auf die gleiche Stufe wie den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine stellte. Ganser berief sich in diesem Zusammenhang auf das UNO-Gewaltverbot, das für alle gelte.
 
 

Ein geistiger Brandstifter?

 
Dafür, dass er in der öffentlichen Wahrnehmung als gefährlicher Demagoge gilt, der mit seinen Vorträgen quasi geistige Brandstiftung betreibt und seine Zuhörer in ihren Ansichten zu Verschwörungs-Theorien bestärkt, war erstaunlich oft von Friedensverhandlungen als Lösung des Konfliktes die Rede. Zu den bereits aufgezählten Vorwürfen gegen Ganser kann man deshalb wohl auch eine gehörige Portion Naivität dazurechnen. Friedensverhandlungen mit Putin? Einem Mann, der angeblich nicht davor zurückschreckte in bester KGB-Manier unliebsame Gegner mit radioaktiv verseuchtem Polonium-210 umzubringen –  auf fremden Staatsgebiet wohlgemerkt, mit der Angst von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel vor großen Hunden spielte und nicht zuletzt für Kriegs-Verbrechen wie dem Massaker von Butscha verantwortlich gemacht wird.
Wie die Fraktions-Chefin der deutschen Linken, Sahra Wagenknecht, vertritt aber auch Ganser die These, dass eine friedliche Lösung auf dem Verhandlungswege möglich sei. Er ruft dazu auf, sich von der Diktion „NATO gut, Russland und China böse“ zu verabschieden und sich nicht nur über die Mainstream-Medien zu informieren, sondern sich alternative Quellen zu suchen. Stellen seine Theorien eine Gefahr für die Demokratie dar? Wirken sie „zersetzend“? Soll oder muss man sie sogar verbieten? Oder sind die Bürger mündig genug, sich selbst ein Urteil zu bilden? Eines sollte inzwischen aber klar sein: Je vehementer versucht wird, Gansers Auftritte zu verbieten, desto größer die Publicity und umso voller die Säle. Das hat wohl auch Innsbrucks Bürgermeister Willi erkannt und dieses Mal von einem Verbot abgesehen.

 

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Stereo Typ Sa., 09.09.2023 - 13:24

Ist das jetzt ein Schüleraufsatz, oder was?
"Verschwörungstheoretiker, Corona- und Holocaust-Leugner sowie Antisemit – wer nach Daniele Ganser im Internet sucht, muss zur Erkenntnis kommen, dass er es mit einem Volksverhetzer der übelsten Sorte zu tun hat." - aha. Das sind jetzt also die neuen Recherchemethoden von Journalisten. Eine Person googeln und wiedergeben, was das Internet dazu sagt. Hat sich die Autorin mit diesen Angaben auseinandergesetzt. Stimmt das denn, was sie im Internet gefunden hat? Kommt sie zu den gleichen Schlüssen?
"Selbst ernannter Friedensforscher" - ja welcher Friedensforscher ist denn von anderen dazu ernannt worden? Gelten nur die Thesen der Vertreter der universitären Institute? Darf sich niemand anderer dazu eine Meinung bilden?
"Stellen seine Theorien eine Gefahr für die Demokratie dar? Wirken sie „zersetzend“? Soll/muss man sie verbieten?" - meine Güte, das nennt man ganz einfach Meinungsfreiheit, ein Grundrecht, möchte man meinen. Was darf denn noch gesagt werden, und was nicht? Wer entscheidet darüber: die Regierung, Universitäten, Verfassungsschützer, Journalisten? Deshalb gibt es doch die Meinungsfreiheit, sie ist unabhängig und frei, solange Menschen dadurch nicht zu Schaden kommen.
Ich möchte gar nicht weitermachen, aber der Artikel ist eine Ansammlung vorgefertigter Meinungen. Es ist inzwischen gang und gäbe, solche Artikel zu schreiben: null Risiko, die Mehrheit ist damit einverstanden. Kritischer Journalismus, den ich mir wünschen würde, ist das aber keiner.

Sa., 09.09.2023 - 13:24 Permalink
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Peter Gasser Sa., 09.09.2023 - 14:38

Antwort auf von Stereo Typ

Zitat: die Schwierigkeit mit solchen manipulativen Tricksereien im Text ist, meine ich, dass man halt genau hinsehen muss (Zitat):
“ja welcher Friedensforscher ist denn von anderen dazu ernannt worden? Gelten nur die Thesen der Vertreter der universitären Institute? Darf sich niemand anderer dazu eine Meinung bilden”?
Sie setzen das Ergebnis von “Forschung” (Fakten) hier wieder mit “Meinung” gleich - kennen Sie den Unterschied nicht, oder verwischen Sie diesen derart offensichtlich mit Absicht?
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“gesagt werden” darf alles und “Meinung” kann jeder nach seinem Belieben haben. Aber “Gesagtes” und “Gemeintes” ist qualtativ zu unterscheiden von Wissen, Fakten.
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Wenn ich über Krebs im Internet recherchiere und Bücher darüber lese, wäre ich nach Ihrer Definition “Krebsforscher”:
‘ja welcher Krebsforscher ist denn von anderen dazu ernannt worden? Gelten nur die Thesen der Vertreter der universitären Institute? Darf sich niemand anderer dazu eine Meinung bilden?” - so Ihre Verteidigung meines Anspruches als “Krebsforscher”.
Irre, gell?

Sa., 09.09.2023 - 14:38 Permalink
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Salto User
Manfred Gasser Sa., 09.09.2023 - 13:38

Auch ich wünsche mir Friedensverhandlungen, auch ich wünsche mir Frieden. Die Frage ist, welchen Preis Russland und die Ukraine bereit sind, oder bereit sein müssten, dafür zu zahlen. Verzichtet die Ukraine auf Staatsgebiet, erkennt Russland die komplette Souveränität der (Rest) Ukraine an, sind beide Staaten bereit, die begangenen Kriegsverbrechen aufzuarbeiten, und die Beschuldigten an den IStGH auszuliefern? Auf all diese Fragen würde ich mir von einem "Friedensforscher" Antworten, oder zumindest Anregungen erwarten. Mit roten Karten verteilen unterhält er zwar sein Publikum, aber das war's dann auch schon, ziemlich schwach für einen Historiker und "Friedensforscher", und seine "Menschheitsfamilie".

Sa., 09.09.2023 - 13:38 Permalink
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Am Pere Sa., 09.09.2023 - 21:57

Antwort auf von Elisabeth Garber

Quotenkiller? Auf Salto schreiben immer dieselben Personen und das auch immer nur dasselbe. Aber wehe, wenn einer eine andere Meinung und/oder Fakten hat - dann kommt‘s gleich „ad personam“.
Besser als andere zu sein, heißt noch lange nicht gut zu sein.

Sa., 09.09.2023 - 21:57 Permalink
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Leonhard Clara Sa., 09.09.2023 - 14:07

Dieser Kommentar wurde entfernt. Bitte Hinweise des Salto-Community-Managements beachten. Extremismus hat auf Salto keinen Platz!

Über weitere Maßnahmen wird beraten.

- Salto-Community-Management

Sa., 09.09.2023 - 14:07 Permalink
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Luis Spath Sa., 09.09.2023 - 21:08

Ganser, ein Corona- und Holocaust-Leugner sowie Antisemit?
Hätte eine Bitte an die Autorin dieses Artikels: Ich versuche nämlich schon seit einiger Zeit Belege für diese Aussagen zu finden; möchte auch verstehen, ab welchem Punkt man in diese Kategorie gelangt und wer das konkret dekretieren darf. Bin dankbar für jeglichen Hinweis.

Sa., 09.09.2023 - 21:08 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Tarshito
Martin Tarshito Do., 14.09.2023 - 22:31

Antwort auf von Luis Spath

Tja Herr Spath; Sie hätten das hier im Link 'Auf Verschworungs-Kur' verlinkte Interview mit einer Demonstrantin frühzeitig ( jetzt ist er leider ins Archiv gewandert) und aufmerksam lesen müssen.

Dort befindet sich ein bezeichnender Hinweis ('Beleg'), nach dem Sie fragen:

Ganser habe von einem globalen/ weltweiten Wahnsinn gesprochen (weshalb er für Journalisteninnen wie L M Gasser und A Tötsch verständlicherweise als Corona-Leugner zu gelten hat) sowie davon, dass es auch schon einen lokalen Wahnsinn gegeben habe (weshalb er als Holocaust Verharmloser und damit als Antisemit zu gelten hat, ist doch selbstverständlich!).
Zudem war die Demonstrantin, auf die sich L M Gasser und respektive A Tötsch an dieser Stelle berufen (ohne es selbst auszusprechen), der Meinung, dass es Antisemitismus auch ohne Verschwörungstheorien gäbe aber keine Verschwörungserzählung ohne Antisemitismus. Und da Ganser immer wieder darauf hinweist, dass es bei 9/11 zwei Flugzeuge gab und drei eingestürzte Gebäude, wobei zu letzterem nur ein Sender berichtet habe, allerdings bereits 20 Minuten vor dem tatsächlichen Einsturz, hat er als Verschwörungstheoretiker zu gelten. Und dabei hat Ganser als Historiker nach eigener Aussage nur das Problem, dass ein Ereignis zuerst stattfinden muss, bevor man darüber weiß und berichtet. Wenn es aber umgekehrt abläuft, stellt er sich als Historiker natürlich Fragen.

Und somit ist er laut Meinung der Demonstrantin, auf die sich L M Gassers Artikel beruft, automatisch ein Antisemit.
Alles klar? Logisch, oder?!

Do., 14.09.2023 - 22:31 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Paul Pedevilla alias Verwunderlich
Peter Paul Ped… So., 10.09.2023 - 07:46

ist eigentlich recht einfach! der eine ist der böse, hergeholt von wo auch immer! die eine ist die gute aufkärerin und hat genauso hergeholt, von wo auch immer! das eine ist genauso krass, wie das andere! ich weiß nicht, was ich glauben soll! journalismus müsste doch etwas anderes sein, wenigstens so was wie, dass man einen lockeren unterschied heraus verstehen kann.. was hier wirklich nicht gegeben ist!

So., 10.09.2023 - 07:46 Permalink
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Profil für Benutzer Dietmar Nußbaumer
Dietmar Nußbaumer So., 10.09.2023 - 21:28

Die Zeit ist auch nur eine Zeitung. Wesentlich interessanter fand ich das Buch von David Precht zur und über die vierte Gewalt. Seitdem hört man vom Precht nicht mehr viel - auch komisch. Diese Art von Journalismus hat schon arg viel mit betreutem Denken zu tun - wem nützt es?

So., 10.09.2023 - 21:28 Permalink
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser So., 10.09.2023 - 22:31

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

Zitat im Eröffnungsbild des Artikels: “Herzlich willkommen! Schön, dass Sie hier sind. Die USA und der Ukrainekrieg”:
Zitat dazu letzter Satz Kommentar: “Diese Art von (Populismus) hat schon arg viel mit betreutem Denken zu tun - wem nützt es?”:
es “nützt” der Brieftasche Gansers, dafür “betreut” er den ganzen Saal voller Fans.
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(es müsste natürlich heißen: RUSSLAND und der Ukrainekrieg, aber die Manipulation muss schon in der Ankündigung beginnen).

So., 10.09.2023 - 22:31 Permalink
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Profil für Benutzer Martin Tarshito
Martin Tarshito Do., 14.09.2023 - 22:07

Nach Ihrer Verschwörungserzählung von den "sagenhaft reichen Milchbauern" liefert die Salto Politautorin Ihre nächste Verschwörungstheorie ab: "Volksverhetzer der übelsten Sorte. Verwiesen sei an dieser Stelle auf den Bericht ,Auf Verschwörungs-Kur', in welchem ausführlich auf diesbezügliche Berichte Bezug genommen wird."

Meiner Erinnerung nach berichtete die ex Salto Chefredakteurin Gasser nur über die Meinungsäußerungen einer demonstrierenden Dame, die sie ohne jede Erklärung übernahm und plakativ wiedergab. So wie Frau Astrid an dieser Stelle.

Nachdem die besagte Demonstrantin in einem Interview mehrfach von Verschwörungstheorie und angeblichen Antisemitismus schwadroniert und behauptet hatte, dass es Antisemitismus auch ohne Verschwörungserzählung gäbe aber keine Verschwörungstheorie ohne Antisemitismus, fehlte immer noch eine konkrete Begründung dieser abstrakt absurden Anschuldigungen.

Erst als der/die Interviewer/in in eine Frage einflechtete, Ganser habe von einem globalen Wahnsinn gesprochen und ebenso von einem lokalen Wahnsinn, kam der Beweggrund für die Anfeindungen gegenüber Ganser zu Tage.

Er hätte den Holocaust verharmlost und sei deshalb ein Antisemit.

Weder würde ich diese Meinung mit einem "Bericht" verwechseln wie die Autorin Astrid an dieser Stelle, noch würde ich in diesem Kontext von "ausführlich" schwadronieren.

Für mich zeigt die Autorin in diesem Artikel einen vergleichbaren Arbeitsansatz wie in ihrem Meisterwerk mit Titel "Sagenhaft reiche Milchbauern".

Do., 14.09.2023 - 22:07 Permalink