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Alles wie immer

Am 8. Spieltag der Serie-B kam mit Fabio Cannavaro, Trainer von Benevento, ein Weltmeister nach Bozen. Ein hart umkämpftes Spiel endete für den FC Südtirol etwas glücklich 1:1. Eine Kurzanalyse!
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Foto: Fc Südtirol

Fabio Cannavaro hatte erst vor kurzem die Mannschaft von Benevento übernommen und konnte bei seinem Debüt vor einer Woche einen Rückstand gegen Ascoli aufholen. Auch bei seinem Auswärtsdebüt im Bozner Drusus-Stadion sollte es wiederum nicht mehr als zu einem Punkt reichen. In einem wenig ansehnlichen, hart umkämpften Spiel trennten sich der FC Südtirol und Benevento mit 1:1.  Die Tore - jeweils durch Standardsituationen - waren dabei bezeichnend für den Spielverlauf.

 

Alles wie immer

 

Trainer Bisoli ließ seine Mannschaft in der inzwischen gewohnten 4-4-2-Grundformation auflaufen: Vor Poluzzi im Tor spielten in der 4er-Abwehrkette  Berra, Zaro, Masiello und De Col, das Mittelfeld bildeten D'Orazio, Nicolussi Caviglia, Tait und Crociata, das Duo im Angriff bildeten wiederum Mazzocchi und  Odogwu. Benevento setzte auf eine 3-5-2-Grundordnung, die in der Defensive oft zu einem 5-4-1 wurde.

Wie gewohnt war auch die Ausrichtung des FC Südtirol: Im (tiefen) Mittelfeldpressing wurden in erster Linie die zentralen Mittelfeldspieler Beneventos von den beiden Stürmern Odogwu und Mazzocchi zugestellt. Es gab zwar zu Beginn auch einige Versuche, den Gegner frühzeitig im Aufbauspiel zu stören, diese wurden dann aber sehr schnell eingestellt, um wieder kompakter zu verteidigen. Der Plan war derselbe, wie in den Spielen zuvor: Nach Ballgewinnen schnell die beiden Angreifer anspielen und so zu Abschlüssen kommen. Vor allem Raphael Odogwu galt es, in Szene zu setzen, mit seiner überragenden Physis konnte er stets zwei, oft auch drei, gegnerische Abwehrspieler binden und für Gefahr sorgen.

 

 

Das Spiel mit dem Ball

 

Um Spiele zu gewinnen, muss man Tore schießen. Um Tore zu schießen, muss man zumindest vorübergehend in Ballbesitz sein. Südtirol überließ über weite Strecken des Spiels der gegnerischen Mannschaft den Ball. Und wieso auch nicht? Diese Herangehensweise hatte sich bisher doch auch bewährt. Und ja: Benevento gelang es nicht, bsonders viel aus den hohen Ballbesitzanteilen zu machen. Es war dementsprechend auch folgerichtig, dass ein Freistoß die 0:1 Führung der Gäste besorgte: In der 40. Minuten verwertete Christian Pastina eine Flanke von Ciano. Südtirol hatte nun ein Problem: In Ermangelung eines Planes B spielten die Weiß-Roten weiter wie bisher: Kompaktheit herstellen und auf Fehler des Gegners warten. Die Wechsel zur Halbzeitepause (Mirko Carretta kam für Giovanni Crociata und Daniele Casiraghi ersetzte Tommaso D'Orazio) änderten daran auch nicht viel. Benevento zog sich angesichts der Führung weiter in die eigene Hälfte zurück und versuchte das 1:0 über die Zeit zu retten. Südtirol musste etwas ändern, wusste aber nicht wie. Immer wieder waren es die Innenverteidiger der Gastgeber, die mit hohen Vertikalpässen versuchten, Odogwu zu erreichen. Nun ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein hoher Pass beim Mitspieler ankommt, viermal so niedriger wie bei einem Flachpass. Die Wahrscheinlichkeit dürfte dann noch einmal sinken, wenn technisch limitierte Spieler solche Pässe versuchen. Benevento hat diesen Effekt also noch einmal verstärkt, indem primär Andrea Masiello mit dem Ball am Fuß "freigelassen" wurde - er sollte aus Sicht von Benevento diese schwierigen Pässe spielen. Und selbst, wenn einmal Nicolussi-Caviglia, der wohl technisch beste Spieler im weiß-roten Trikot, in die Aufbauphase des Spiels eingebunden werden konnte, versandeten die Angriffsbemühungen trotz seiner erfolgreichen Pässe aufgrund der mangelhaften Anschlussaktionen seiner Mitspieler.

 

Die Wende?

 

In der 70. Minute brachte Trainer Bisoli Marco Pompetti für Kapitän Fabian Tait und Südtirol formierte sich nun öfters in einer 4-3-3-ähnlichen Aufstellung. Angesichts der drohenden Niederlage wurde jetzt wieder höher gepresst - das war aber nur selten erfolgreich, auch, weil die entsprechende Abstimmung dafür nicht gegeben war. Einige Möglichkeiten zum Ausgleich für den FCS gab es durchaus, diese waren aber entweder eher Zufallsprodukte (wie bei der missglückten Flanke von Carretta, die zum Torschuss wurde) oder Abschlüsse nach Standardsituationen (wie von Berra und Zardo). Benevento versuchte so oft wie möglich, Zeit von der Uhr zu nehmen, viele kleinere Fouls sorgten zudem für viele Unterbrechnungen. Schließlich konnte Giovanni Zaro (84. Minute) nach einer kurz ausgeführten Ecke die heimischen Fans doch noch erlösen. Wenige Minuten später hätte Pompetti (89. Minute) sogar noch den Siegestreffer erzielen können - nach einer starken Einzelaktion von Odogwu rauschte er aber an dessen Hereingabe knapp vorbei.

 

 

Für den FC Südtirol bliebt es am Ende ein glücklicher, aber umso wichtiger, Punktgewinn. Die Abhängigkeit von Raphael Odogwu ist aber auf lange Sicht ebenso problematisch, wie die unterentwickelte Kreativität in der Spielanlage. Trainer Bisoli fand keine geeigneten Mittel, um die Wende herbeizuführen, die Mannschaft wollte zwar, konnte aber nicht so recht. Wenn der FCS das Spiel gestalten muss, wenn er agieren statt reagieren muss, ist diese Mannschaft momentan überfordert.