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Der Gutachter

Der Bologneser Rechtsprofessor Giuseppe Caia soll klären, ob der Landtag eine Untersuchungskommission zur Sparkasse einrichten darf. Ist er aber wirklich unabhängig?
Caia, Giuseppe
Foto: salto
Er ist ein Mann für alle Fälle.
Giuseppe Caia in Bozen geboren und in der Südtiroler Landeshauptstadt auch zur Schule gegangen, hat nach seinem Jurastudium in Bologna eine steile Karriere gemacht. Der heute 63jährige Jurist ist Ordinarius an der juridischen Fakultät in Bologna. Sein Spezialgebiet ist das Verwaltungsrecht. So ist Caia auch Direktor der renommierten „Scuola di Specializzazione in Studi sull'Amministrazione Pubblica“ (SPISA) in Bologna.
Giuseppe Caia war Mitglied von rund einem Dutzend Kommissionen, die der Ministerrat oder das Parlament zu verschiedensten Themen eingesetzt hat. Zudem hat der damalige Premier Mario Monti den Bologneser Verwaltungsrechtler 2012 als Vertreter des Staates in die Zwölfer- und Sechserkommission entsandt.
Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist Giuseppe Caia, jener Mann, der immer dann gefragt ist, wenn es darum geht die Kastanien aus dem Feuer zu holen.
1984 veröffentlichte Caia ein Buch mit dem Titel „Stato e autonomie locali nella gestione dell'energia“, mit einem eigenen Kapitel zur Südtiroler Energiepolitik. Deshalb wurde der Bologneser Verwaltungsrechtler am Höhepunkt des SEL-Skandals 2012 von der Landesregierung zum Sonderbeauftragten für die Energiepolitik des Landes gemacht.
Giuseppe Caias Aufgabe: Einen Ausweg aus dem Schlamassel zu finden. Was ihm auch gelungen ist. Denn Caias Gutachten rettet nicht nur die SEL AG vor dem Verlust aller Konzessionen, sondern war auch die Basis für die Fusion der Landesenergiegesellschaft mit der Etschwerke AG. Die Geburtsstunde der heutige Alperia AG.
Auch als es im vergangenen Jahr um eine andere politisch brisante Frage ging, war der Bologneser Ordinarius wiederum gefragt. Das Monti-Dekret Nr. 174/2012 sah einschneidende Kürzungen für Regionalräte und Landtage vor. Diese wurden auch in Südtirol umgesetzt. Dabei tauchte eine Streitfrage auf: Müssen damit auch die Gehälter der Mitglieder der Landesregierung gekürzt werden? Der damalige Landtagspräsident Thomas Widmann gab bei Giuseppe Caia ein Gutachten dazu in Auftrag.
 

Bizzos Entscheidung

 
Auch jetzt ist Giuseppe Caia wieder gefragt. Obwohl Roberto Bizzo sich offiziell noch bedeckt hält, hat der Landtagspräsident den Bologneser Verwaltungsrechtler mit eine aktuellen brisanten politischen Frage befasst.
Caia soll die Frage beantworten, ob der Landtag - wie von 13 Landtagsabgeordneten gefordert - eine Untersuchungskommission zu den Millionenverlusten der Südtiroler Sparkasse und zur Zukunft des Südtiroler Bankenwesens einsetzen kann oder nicht. Der Landtagspräsident hat nach gesicherten Informationen von salto.bz diese Woche den offiziellen Auftrag an Caia erteilt.

 
Es ist eine Entscheidung, die unwillkürlich zu einer neuen, kontroversen Diskussion führen wird. Denn Giuseppe Caia ist nicht nur Verwaltungsrechtler, sondern seit vielen Jahren in der Welt der italienischen Sparkassen zu Hause. 2008 scheiterte der Jurist beim Versuch in den Verwaltungsrat der Fondazione Cassa di Risparmio in Bologna gewählt zu werden. Caia war dann von 2011 bis 2016 Mitglied des Stiftungsrates der Fondazione Cassa di Risparmio in Bologna. Auch heute sitzt er noch als Mitglied in dieser Sparkassen-Stiftung.
Allein daraus ist ein gewissen Nahverhältnis zur Südtiroler Sparkasse gegeben.
Dazu kommt durch Caias Einsatz als Sonderbeauftragter der Landesregierung in Sachen Energie ein persönliche, berufliches Nahverhältnis zum langjährigen Stiftungspräsidenten und amtierenden Sparkassenpräsidenten Gerhard Brandstätter.
Die Lösung aus der SEL-Affäre wurde in zwei Schritten durchgeführt. Caias Gutachten lieferte die juridischen Wurzeln für die Rettung der SEL-Konzessionen. Danach verhandelten der Bozner Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager und der Rechtsanwalt Gerhard Brandstätter im Auftrag der Landesregierung die Fusion von SEL AG und Etschwerke AG.
Dabei arbeitete man eng mit Giuseppe Caia zusammen. Es kam zu Treffen, Aussprachen und gemeinsamen Arbeitspapieren.
Gerhard Brandstätter macht aber keinen Hehl daraus, dass er die Untersuchungskommission des Landtages als Affront empfindet. Der Sparkassenpräsident spricht öffentlich von einem „danno erariale“.
Ob Giuseppe Caia damit in dieser Frage wirklich als unabhängiger Gutachter auftreten kann? Diese Frage wird man stellen müssen.
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alfred frei Do., 09.11.2017 - 15:54

Ein Gutachten über die Untersuchungskommission direkt bei RA Brandstätter einholen wäre sicher schneller, billiger, zielführender gewesen. Oder nicht ?

Do., 09.11.2017 - 15:54 Permalink