Umwelt | Naturschutz

Dem Endziel entgegen

Geht es nach dem Willen von einigen Umweltschutzvereinen und der Gemeinde Brixen, soll einer der letzten Auwälder des Eisacktales für immer verschwinden.
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Der Brixner Gemeinderat hat in einer Abstammung mehrheitlich für die Zerstörung des Auwaldes gestimmt. Egon Gitzl von den Freiheitlichen hat einen Beschlussantrag gegen die Rodung des Waldes eingebracht und wurde von seinem Parteikollegen und der Grünen Bürgerliste unterstützt. Die meisten Räte der Bischofstadt stimmten für die restlose Zerstörung des letzten großen Auwaldes am Eisack im Eisacktal und damit auch für eine Landnutzungsänderung.

„Ich möchte aber betonen, dass sich derzeit die Landnutzungsänderungen lokal und global viel negativer auf die Biodiversität auswirken, als der Klimawandel….Der beste Schutz ist eindeutig der Erhalt oder im Notfall die Restaurierung“, sagte Frau Prof. Ulrike Tappeiner, Präsidentin der Freien Universität Bozen und Professorin für Ökologie an der Uni Innsbruck, im Interview zur biologischen Vielfalt im alpinen Raum und in Südtirol in der Wochenzeitschrift Zett vom 29.09.2019 und Landnutzungsänderungen, wie die Umwandlung von Wald, sind eine der Hauptgefährdungsursachen für die Biodiversität und der Schutz und Erhalt der letzten Auwaldreste müsste oberste Maxime sein.

Auwälder sind bekanntlich in Südtirol in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten immer weiter verloren gegangen. Im Etschtal bedeckten1820 noch 1332 ha den Talboden und im Jahr 2000 waren es nur mehr 234 ha und diese Flächen sind vor allem im Oberen Vinschgau erhalten geblieben (z.B. Schludernser Au mit über 125 ha, Eyrser Au 46 ha). Im Etschtal zwischen Naturns und Salurn gibt es nur sehr kleine Auwaldreste wie auch im Brixner Talbecken. Der ca 2 Hektar große Auwald in der Industriezone ist einer der ganz großen im Eisacktal.

Auwälder “sind Überreste wertvollster Naturlebensräume mit einer bedrohten, aber sehr vielfältigen Flora und Fauna,” ist ein Satz, der sich in Landesgesetzen zu Auwäldern findet.

Gegen die Rodung des Hambacher Forsts in Deutschland gingen viele Menschen auf die Straße und gegen die Rodung von Wäldern und die Zerstörung der Natur setzten sich überall auf der Welt Menschen ein. Auf der UN- Klimakonferenz im Dezember 2019 sagte Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen:

„Der Krieg gegen die Natur muss beendet werden.“

 

Im Fall des Angriffskrieges auf den Auwald in Brixen hat sich das Artenschutzzentrum mit dem WWF, Legambiente und Umweltgruppe Olang dem Aufruf von Franz Pattis zum Erhalt des Waldes angeschlossen.

Demgegnüber sind der Dachverband für Natur und Umweltschutz, Umweltgruppe Eisacktal Hyla und die Arbeitsgemeinschaft für Vogelschutz- und Vogelkunde schon seit längerer Zeit mit Ausgleichsmaßnahmen beschäftigt. Diese Ausgleischsmaßnahmen sollen den Weg für die Rodung und Umwidmung des Auwaldes ebnen.

Nach der Presseaussendung der UG Eisacktal titeln Medien: „Beklagter Verlust wird langfristig keiner sein”, Tageszeitung „Dolomiten“ vom 7/8.12.2019 und „Endziel erreicht“ in der Tageszeitung am selben Wochenende. Das Endziel der totalen Vernichtung des letzten Auwaldrestes ist für einige Umweltschützer beschlossene Sache. Sie verhandeln schon lange im leisen Hinterzimmer und keine Info dringt nach außen. So sind die Umweltschützer nicht bereit, die Vogeldaten dem Artenschutzzentrum zukommen zu lassen. Als sollten die Vogelarten sang- und klanglos für immer verstummen und keiner sollte wissen, welche Vögel dort bei einer Erhebung erfasst wurden. 

In der Presseaussendung der Umweltschutzgruppe Eisacktal ist mancher Unsinn geschrieben:“Auch wenn es noch offiziell als Auwald eingetragen ist, handelt es sich allerdings fachlich gesehen nicht mehr um das Ökosystem Auwald als solches, welches sich durch regelmäßige Überschwemmungen und einen hohen Grundwasserspiegel entlang eines Flusses auszeichnet, sondern leider um einen trockengefallenen Rest dieses ursprünglichen Auwaldes.” 

Das ist fachlich ein totaler Unsinn, was der Vorsitzende der Umweltgruppe Hyla Andreas Hilpold selber sicher auch weiß. Die Einstufung eines Waldes als Auwald erfolgt aufgrund seiner Vegetation und der pflanzensoziologischen Zuordnung zu einer Gesellschaft (allgemein siehe Wikipedia- Auwald ist Pflanzengesellschaft) und in der Checkliste der Lebensräume Südtirols folgen Auwälder ebenfalls den Vegetationstypen (Syntaxa). Auwälder werden nicht danach eingetragen, wie oft ein Wald überschwemmt wird, sondern nur welche Vegetation er aufweist.

Das “Endziel” einiger Umweltschutzvereine ist die Rodung des letzten Auwaldes und dafür die Neuanlage eines Feuchtgebietes bei der Millander Au. Die Natur und die Biodiversität profitieren zwar sicher nicht vom Zubebetonieren der letzten Auwaldreste, sondern nur vom Erhalt der noch vorhandener Lebensräume und dem Schutz der Ökosysteme vor weiterer Beeinträchtigung, aber einige Umweltschtuzvereine planen lieber neue Biotope als gegen den “Krieg gegen die Natur” einzutreten.

Vergoldeter Laubfrosch

In der Tageszeitung Dolomiten vom 3.12.2019 stand “Mehr Platz für Laubfrosch und Progress” in der Überschrift. In der Millander Au, welche nicht weit entfernt vom Auwald liegt, gibt es noch ein Laubfroschmännchen, für das es offensichtlich noch mehr Platz braucht. In einem Teich der Millander Au hatten vor Jahren noch zig Frösche Platz. Die Population des Laubfrosches hat aber konstant über die Jahre abgenommen und für das letzte Laubfroschmännchen soll eine Fläche von über einen Hektar neu als Lebensraum gebaut werden. Braucht ein Laubfroschmännchen nicht eher ein Laubfroschweibchen, damit sich die Art erhalten kann? Offensichtlich braucht das Männchen weniger ein Weibchen als vielmehr noch ein neues großes Feuchtgebiet. Ob die in den Ausgleich mit eingebundenen Umweltschutzvereine nicht wissen, dass es zum Arterhalt eine minimale Anzahl von Individuen einer Art bracht, damit eine Art erhalten werden kann? Ist es nicht bekannt, dass es mindestens ein Männchen und ein Weibchen von einer Art braucht, damit sie sich vermehren können? Vielleicht ist aber auch die Klonung des Frosches geplant, wer weiss schon, was da alles geplant wird. Für den kleinen Froschkönig der Umweltgruppe Hyla Eisacktal (Hyla ist die wissenschafltliche Bezeichnung des Laubfrosches) gibt es ein neues großes Biotop.

Konkrete Arbeit gegen die Nachtigall und die Biodiversität

Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, die Umweltgruppe Hyla und die Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz sind für das Zubetonieren des Auwaldes und dafür die Vergrößerung der Millander Au.

„In der konkreten politischen Arbeit ist wenig von den großspurigen Ankündigungen zu spüren...In Brixen wird die Umwandlung von 16,5ha Wald in Landwirtschaftsgebiet diskutiert.” schrieb der Dachverband für Natur- und Umweltschutz in einer Presseaussendung und der Auwald in Brixen wurde dabei nicht erwähnt.

Für die Biodiversität ist der Auwald aber bedeutend, er ist z.B. auch Brutgebiet der Nachtigall. Über die Nachtigall schreibt die Arbeitsgemeinschaft für Vogelschutz und Vogelkunde: “Der Bestand ist in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch zurückgegangen, durch weitere Verluste an Auwaldflächen, Entfernung von uferbegleitenden Gehölzen und des strauchreichen Unterholzes in den Laubwäldern.”

Die Zerstörung des letzten großen Auwaldes bedeutet nicht nur für die Nachtigall, die im Auwald brütet, den Verlust ihres Lebensraums, sondern es sind sicherlich auch andere Tiergruppen betroffen, man denke nur an Fledermäuse. Fledermausquartiere werden oft erst entdeckt, wenn ein Baum gefällt wird, wie 1993 in Meran. Das einzige bekannte Winterquartier des Großen Abendseglers, welches im Zuge der Erfassung der Fledermausfauna Südtirols im Jahr 1993 bekannt wurde, wurde beim Fällen einer  großen Pappel in Meran  gefunden,  35 Fledermäuse hatten dort ihr Quartier . Das Winterquartier der Fledermäuse wurde durch die Holzfällarbeiten zerstört.

Andreas Hilpold, der Vorsitzende der Umweltgruppe Hyla wäre einer, der es gewohnt ist, ganz genau die vorhanden Arten zu erfassen. Vögel, Spinnen, Schmetterlinge, Pflanzen, Lebensräume usw. hat er in der oberen Glurnser Au genau untersucht. Für Brixens Auwald hat die Umweltgruppe Eisacktal 2018 nur Erhebungen zu den Vögeln präsentiert und damals war sie noch strikt gegen jede Rodung und für die Unterschutzstellung. Inzwischen ist das jedoch anders.

Was im Auwald in Brixen tatsächlich alles an Schmetterlingen, Käfern, Fledermäusen usw. vorkommt, ist nicht untersucht und für die drei Umweltschutzvereine ist der Auwald verhandelbar. Wo bleibt der Schutz der Lebensräume? Wo bleibt der Erhalt der Biodiversität? Wann fängt man an, den Krieg gegen die Natur zu beenden?

Traurig aber wahr, Umweltgruppen verhandeln lieber mit der Progress und der Gemeinde über einen Ausgleich, als für den Erhalt eines der letzten Auwälder des Eisacktales einzutreten.

Ausgleich ist kein Ersatz

Ein neu angelegtes Feuchtgebiet bei der Millander Au oder andere Ausgleichsmaßnahmen können einen bestehenden Auwald niemals ersetzten. Der Brixner Auwald ist der Rest einer einst ausgedehnten Aulandschaft und entwickelte sich über Jahrhunderte zu dem, was er heute ist. Er brauchte viel Zeit, um seine heutige Form zu bekommen. Den Faktor Zeit und den Wert eines alten naturnahen Waldes kann man niemals ersetzten. Ein naturnaher oder natürlicher Wald kann auch nicht hergestellt werden. Zuallerst müssen vorhandene Lebensräume geschützt werden. Viele Tierarten und auch Pilzarten brauchen einen Wald mit alten Laubbäumen und einen naturnahen Wald, wie es der Auwald ist. Natur kann nicht von Menschenhand gemacht werden, Natur entsteht und muss zuallerest geschützt werden.

So wie man eine 2000 Jahre alte Urlärche in Ulten nicht fällen darf, auch wenn sie noch so alt und kränklich ist, so kann man auch den alten Auwald nicht sterben lassen. Die Urlärchen können niemals durch die Pflanzung junger Lärchen ersetzt werden und ebensowenig kann der Auwaldrest durch die Anlage eines neuen Feuchtgebietes ersetzt werden.

Deshalb ein klares Nein zur Rodung des Auwaldes in Brixen!