Wirtschaft | Breitband

Gestörte Verbindung

Die gegenseitigen Anschuldigungen zwischen Brennercom und dem Land gehen weiter. Zu Schaden kommen dabei auch Südtirols Internetnutzer.

Schlagabtausch zwischen Athesia-Direktor Michl Ebner und Landesrätin Waltraud Deeg. „Die Brennercom wurde seit Wochen von der zuständigen Landesrätin ignoriert“, beschwerte sich Ebner am Freitag in einem Interview mit der Südtiroler Tageszeitung. Ob beim Projekt der ST Fibernet GmbH, die künftig als Tochtergesellschaft des Energiekolosses aus SEL und Etschwerken das Südtiroler Breitbandnetz ausbauen und betreiben soll, oder dem Projekt Südtirol Digital 2020: Die Brennercom-Führung sei weder zur Vorstellung dieser Vorhaben eingeladen noch dazu befragt worden. Äußerst verwundert über solche Anschuldigungen zeigt sich die kritisierte Landesrätin: „Wir gehen in Sachen Breitband seit jeher den Weg des Dialogs und haben alle IT-Unternehmen vor Ort in zahlreichen Treffen und Open-Space-Veranstaltungen mit einbezogen“, beteuert Waltraud Deeg. Auch Brennercom-Geschäftsführer Karl Manfredi habe persönlich an mehreren dieser Treffen teilgenommen.

Allerdings hat die Landesrätin ebenfalls einiges an die Adresse der Brennercom zu melden. Auch unabhängig von der Enteignung der dortigen Landesbeteiligung oder – wie es Michl Ebner bezeichnen würde – des „Verfalls von Gesetz wegen“ bezeichnet Waltraud Deeg das Verhältnis zum wichtigsten heimischen Telekommunikationsunternehmen als gestört. Allem voran, weil die Landesrätin seit vergangenen Februar vergeblich schriftlich und mündlich versucht hat, wichtige Informationen für die Planung des landesweiten Breitbandnetz-Ausbaus von der Brennercom zu bekommen. „Doch obwohl wir diese Informationen dringend bräuchten, hat mir Herr Manfredi auch mündlich mitgeteilt, dass sie diese lieber nicht herausgeben möchten“, sagt Deeg.

Teure Letzte Meile

Eine dieser brennenden Fragen betrifft die so genannte Letzte Meile, also den letzten Abschnitt der Leitungen bis zum Verbraucher. Bis heute stellt diese noch einen wesentlichen Hemmschuh für das Ziel dar,  innerhalb 2020 schnelle Internet-Zugänge für 85 Prozent der Haushalte zur Verfügung zu stellen. Denn auch wenn die Glasfasernetze in immer mehr Gemeinden reichen – auf der Letzten Meile dominiert immer noch die Kupferleitung, die das Tempo der Datenübertragung wieder dämpft. Seit Jahresbeginn haen Deeg und ihre Mannschaft nun bereichsübergreifend und unter enger Einbeziehung des Gemeindeverbandes daran gearbeitet, ein Konzept für ein landesweites, leistungsfähiges und einheitliches Breitbandnetz auszuarbeiten. 600 Millionen Euro kostet es allein, auch das letzte Stück der Leitungen im ganzen Land auf Glasfaser umzustellen. Zuständig dafür sind die Gemeinden, die bei diesem gewaltigen finanziellen Aufwand allerdings mit Geldern aus dem Rotationsfonds oder europäischen Förderungen rechnen können. Doch mit der Verlegung der Glasfasern allein ist es nicht getan. Zum Leben erweckt werden sie erst von einem Provider, der die Kabel belichtet und die entsprechenden Dienstleistungen wie Telefonie, Internet oder Streaming bereitstellt.

Vormachtstellung der Brennercom

Und genau in diesem Bereich hat Brennercom laut Deeg bislang eine  absolute Vormachtstellung. Bis auf Gemeinden wie Bruneck oder Brixen, wo auch die Stadtwerke diese technisch komplexen Leistungen anbieten, ist das Südtiroler Telekommunikationsunternehmen vielfach der einzige Anbieter. Genau das geht der Landesrätin für Verwaltung gegen den Strich. Einerseits, weil die Finanzierbarkeit des Glasfaserausbaus für die Gemeinden steigt, wenn sie anschließend für die Wartung und Pflege der Netze von mehreren Anbietern statt nur von der Brennercom Konzessionsgebühren verlangen können. „Außerdem ist es für möglichst gute Dienste wichtig, dass die Unternehmen mehrere Anbieter zur Auswahl haben, dass es Konkurrenz gibt“, sagt sie.

Bislang ist in der Landesverwaltung jedoch nicht einmal klar, wie viele dieser Letzten Meilen-Stücke von jenem Unternehmen bespielt werden, an dem das Land noch bis 19. Juni eine 42,35-Prozent-Beteiligung hielt. Dabei wiederholt Waltraud Deeg seit Monaten, wie wichtig eine gemeinsame Strategie und ein abgestimmte Vorgehen aller Player in diesem Bereich ist, um Südtirol durch schnellere Verbindungen an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen zu lassen.  „Die BürgerInnen sprechen mich tagtäglich darauf an, wann sie endlich schnellere Datenverbindungen bekommen“, sagt sie. „Doch dafür müssen alle an einem Strang ziehen." Wie es derzeit aussieht, stehen die Chancen dafür zumindest bei einem der wichtigsten Player jedoch äußerst schlecht.