Gesellschaft | Gleichstellung der Frau

Simone Wasserer: "Geht doch Fußball spielen"

Alles beim Alten beim Equal Pay Day? 77,2 Prozent der Männer arbeiten weniger als 10 Stunden in der Woche im Haushalt mit, 33,5 Prozent beteiligen sich überhaupt nicht an der Hausarbeit. Wasserer: "Jede Entscheidung eines Mannes ist toll, eine Frau wird sofort kritisiert."

Simone Wasserer, Südtirols erste Gleichstellungsrätin, hat ihre Zeit abgeleistet. Für das Amt, das sie nun fünf Jahr inne hatte, bewirbt sie sich nicht mehr. "Der Job verlangt viel Begeisterung und Kreativität, es sind keine schönen Geschichten, die in meinem Büro erzählt wurden", sagt Wasserer gegenüber dem Wochenmagazin FF. An die Grenzen sei sie immer wieder gestoßen, an ihre, an die der Politik, still war sie nie, "ich sage, was ich denke." Und so bringt sie es nochmal, abschließend auf den Tisch: "Es gibt kein eigenes Budget für die Gleichstellungsrätin, keine personelle Unterstützung. Obwohl ich das von Beginn an eingefordert habe, ist nichts pasiert. Ich bin sozusagen ein One-woman-Unternehmen."

Wenn Frauen nerven
Spiegelt Wasserer mit ihrer Position etwas wider, was sich - nicht nur in Südtirols Gesellschaft, durchzieht? Männer verdienen auf allen Ebenen besser als Frauen, 17 Prozent mehr sind es in der Privatwirtschaft für die männlichen Angestellten. Männer werden bei Gehaltsverhandlungen stärker wahrgenommen, stehen zu dem was sie wollen, sind in Führungspositionen öfter anzutreffen. Und werden ernster genommen, kriegen das, was sie wollen. Wasserer bekam es nicht. Nicht das Budget, nicht die Unterstützung. Was ihr entgegenschwappte, war alles andere als Anerkennung: "Wenn ich zu Sitzungen kam, entfuhr oft ein genervtes Stöhnen: 'Hilfe, was will die jetzt hier!'

"Wenn ich zu Sitzungen kam, entfuhr oft ein genervtes Stöhnen: 'Hilfe, was will die jetzt hier!'

Wenn Männer punkten
Das ist lästig, das schmerzt, das ist ungerecht. Denn, so die Gleichstellungsrätin, egal, was Männer machen, ob als Hausmann, ob in Teilzeit oder rund um die Uhr im Job anzutreffen, sie sind immer "toll." Frauen hingegen sind sich oft selbst im Weg, "sind mit sich selbst viel zu kritisch und nehmen alles viel zu persönlich. Sie sind viel zu emotional, ihnen fehlt der distanzierte Blick", ist die zweifache Mutter überzeugt. Und ihren Töchtern wünscht sie manchmal: "Geht doch Fußballspielen."

Thomas Sattelberger war von 2007 bis 2012 Personalvorstand der Deutschen Telekom. Im Stern sagt er:

Es ist arrogant und ungerecht zu sagen, Frauen haben Brüche in ihren Lebensläufen und deshalb verdienen sie zu Recht weniger. Das beschreibt zwar den Status quo treffend. Aber wie kann das eigentlich sein? Wir bezahlen doch nicht nach Sitzfleisch, sondern nach Leistung und Fähigkeiten. Auszeiten und Teilzeit dürfen in modernen Vergütungsphilosophien keine Rolle spielen. Das würde sich kein Mann gefallen lassen.

Simone Wasserer weiß. "Besonders um Frauen ist es in dieser Krisenzeit schlimm bestellt, Arbeitslosigkeit ist ein großes Thema." Und sie will sagen: Politik, mach was, Wirtschaft, hilf mit, traut euch, verändert euch, Frauen und Männer. Denn, die Pusterer Juristin weiß auch: "Nur mit den Männern können wir das Frauenproblem lösen."

Gemeinsam also, um eine „Vereinbarkeit von Familie und Beruf” weiter voranzutreiben. Ganz im Sinne des Equal Pay Day 2014, denn ohne Vereinbarkeit, keine Gleichstellung. Weder finanziell, noch gesellschaftlich. Und schon gar nicht emotional.