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Bauerngärten

Die Arunda-Ausgabe Nr. 21 von 1987 beschäftigt sich mit den Bauerngärten in Tirol und im Trentino.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Im Vorwort schreibt Hans Wielander, dass damit die ARUNDA einen schon lange gehegten Wunsch verwirklicht hat, nämlich das alte Tirol mit Trentino als Einheit zu sehen. Eine Einheit, die nicht gewaltsam ist und nichts Gewaltsames heraufbeschwört. Der Gartenbau ist friedlich, kennt keine Grenzen und verbindet.

Neben der beeindruckenden Bebilderung hat Martha Canestrini viel Lehrreiches in diese Arunda-Ausgabe eingeflochten. Ich möchte für die salto-Leser den poetischen Teil des Beitrages herauslösen und wiedergeben.

„ Der Frühling ist die gefährlichste Zeit im Garten: da schlagen die Bäume aus und der Salat schießt“.

Im hohen Mittelalter finden wir in jeder Burg einen Burggarten. Er ist ein Nutzgarten mit Gemüsepflanzen, Gewürzen und  vor allem  Arzneipflanzen.   Die Frauen  sind es,  die sich dieser Gärten annehmen.   Sie haben in  Klöstern  die gärtnerische Ausbildung genossen und geben ihr Wissen ihren Töchtern und Mägden weiter. Von dieser Zeit an wird die Gartenpflege  Aufgabe der Frauen.  Auch heute ist es die Bäuerin,  die ihren Ehrgeiz und Stolz in die  Pflege des Hausgartens setzt:  je schöner der Hausgarten, desto tüchtiger die Hausfrau.  Innerhalb und  außerhalb  der Stadtmauern  werden im Mittelalter ebenfalls Gärten angelegt.   Am 22. April 1363 verbietet der Stadtrat von Bozen die Haltung von Schweineställen vor den Haupttüren der Hauptgasse: an ihrer Stelle solle man Nutzgärten anlegen.

Reiche Leute haben natürlich größere Gärten. Im Jahre 1584 beschweren sich die Augsburger, dass die Fuggerschen Gärten zu viel Platz beanspruchen und damit den Bürgern zu wenig Platz für ihr Gemüse lassen. Es kommt auch vor, dass die Bürger kleine Pforten durch die Stadtmauer brechen, um bequemer zu ihrem Besitz außerhalb der Stadtmauer zu gelangen. Aus Sicherheitsgründen, so will es die Stadtverwaltung, wird das aber strengstens untersagt.

Die große Epoche der Gärten ist die Renaissance: die Menschheit entdeckt die ewigen Werte der Natur, regelt diese, unterstützt sie und formt die Natur nach Maßstäben der Harmonie und der klassischen Schönheit. Die Renaissancegärten werden Orte der Erholung in der Schönheit, Orte der Naturbeobachtung und der Bewunderung des menschlichen Erfindungsgeistes. Die Pflanzungen werden durch die Intelligenz des Menschen gefördert und gezähmt. Die Barockära bezwingt dann die Natur. Palast und Garten werden eine Einheit, der Garten wird ein Aufenthaltsraum im Freien, die Beete wiederholen draußen die Ornamente der Teppiche. Man erreicht mit gestutzten Bäumen grüne lebende Wände. Der Garten wird zur Verlängerung des Prunksaales. Der Geist des Absolutismus herrscht auch über die Pflanzenwelt. Hinter diesen gestutzten Bäumen wittern später die Romantiker jedoch sofort gestutzte Freiheit:

                                                   Es pflegen wohl die reichen Leut

auch Wald zu machen gern,

da pflanzen dann die Läng und Breit

die klug und weisen Herrn

in einer langen Reihe hin

gar künstlich Baum und Strauch

und meinen dann in ihrem Sinn

sie hätten' s wirklich auch.

Doch kommt der Gärtner lobesam,

den sie zu han geruh'n,

und schneidet mir der Schere dann

wie Schneidermeister tun.

Jedoch ihr Wald ist Schneiderscherz,

trägt nur der Schere Spur

und nicht das volle große Herz

von Mutterleib Natur.

 

Auf einer Schützenscheibe von 1774 ist von ehelicher Tüchtigkeit zu lesen:

Nun nimm den Garten hin!

Doch halte auch dein Wort:

begieß bei trockner Zeit

den echten Lilienort

und bring aus diesem mir

-du weißt was wir beschlossen-

zum Grundzins alle Jahr

ein Lilie oder Rosen.

 

Theodor Storm zitiert ein Inserat:

Die verehrlichen Jungen,

welche heuer meine Äpfel und Birnen zu stehlen gedenken,

ersuche ich höflichst, bei diesem Vergnügen

womöglich insoweit sich zu beschränken,

dass sie daneben auf den Beeten

mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.

 

Es naht der Herbst

 

Noch einmal lasst, ihr edlen Rosen,

verströmen euren süßen Duft

und träumt vor meiner Mutter Fenster

in sommerlicher Abendluft.

 

Es naht nun hinter seinem Nebel

der Herbst schon wieder unserm Land.

Die Astern schwelgen zum Willkommen

noch einmal fern am Gartenrand.

 

Das ist die Zeit, uns zu besinnen

auf alles, was das Jahr uns gab.

Der Winter wird uns stiller finden,

wenn uns berührt sein Zauberstab.

 

Dann werden Mutters Rosen warten

bis Frühlingswinde auferstehn.

Schenk uns ein ruhiges Verweilen,

dass wir den Sinn des Seins verstehn.

 

Hans Bahr