Politik | Grillos Debakel

Der Scherbenhaufen der fünf Sterne

Grillos Bewegung erleidet bei den Gemeindewahlen eine schwere Niederlage. Die alte Rechts-Links-Dialektik kehrt zurück.
o-beppe-grillo-facebook.jpg
Foto: upi

Die Fünfsterne-Bewegung hat bei den Gemeindewahlen am Sonntag eine schwere Niederlage erlitten. In allen großen Städten scheiterten Grillos Kandidaten und verfehlten den Einzug in die Stichwahl deutlich. Die Cinque Stelle verloren in den vier Regional- und fast allen Provinzhauptstädten massiv - so in Genua, Palermo, Padua, Verona, L'Aquila, Parma, Lecce, Taranto, Alessandria, Monza, Cuneo und Catanzaro.  Bei den Wahlen, bei denen fast 40 Prozent der Wähler zuhause blieben, zeigte sich eine Rückkehr zur traditionellen Dialektik zwischen Rechts- und Linksbündnis. In Grillos Heimatstadt Genua musste sich sein Kandidat Luca Pirondini mit 18 Prozent der Stimmen begnügen. In Palermo kam Ugo Forello nicht über 16 Prozent hinaus.

In Parma, wo der von Grillo gefeuerte Bürgermeister Federico Pizzarotti vorne liegt, wurde dessen M5S-Rivale Daniele Ghirardoni mit 3,2 Prozent geradezu deklassiert.

Auch in L'Aquila und Padua mussten sich Grillos Bewerber mit 5 Prozent der Stimmen begnügen. 

Das bipolare Rechts-Links-System, das Italiens politisches Leben über Jahrzehnte dominiert hatte, kehrt bei diese Wahlen zurück - angereichert durch eine Rekordzahl von 2900 Bürgerlisten. Die Rechtsallianz gibt ein kräftiges Lebenszeichen und schneidet dort gut ab, wo sie geschlossen antritt - mit Lega und Fratelli d'Italia. Das Ergebnis in Genua und La Spezia stärkt dem ligurischen Präsidenten Giovanni Toti den Rücken im Kampf und die Berlusconi-Nachfolge. Der Unternehmer Marco Bucci hat gute Chancen, in zwei Wochen die Stichwahl in in Genua zu gewinnen, die jahrzehntelange Vorherrschaft der Linken zu beenden und ihr eine symbolträchtige Niederlage zuzufügen. Renzis Partito Democratico ist dort erfolgreich, wo er mit unabhängigen Kandidaten und Bürgerlisten antritt - wie in Palermo, wo  der amtierende Bürgermeister Leoluca Orlando im ersten Anlauf bestätigt wurde. Alle anderen müssen  in die Stichwahlen, in denen die Lega besonders in Verona und Padua ein gewichtiges Wort mitreden wird. In Verona treffen am 25. Juni die Kandidaten des Rechtsbündnisses und der Liste des scheidenden Bürgermeiters Flavio Tosi aufeinander. Zum Königsmacher wird damit der PD, der sicher für Tosi entscheidet. Ganz ähnlich ist die Lage in Belluno.

Die massive Niederlage der Fünfsterne-Bewegung wird den internen Konflikt zwischen Fundamentalisten und Pragmatikern weiter anheizen. Der orthodoxe Flügel um Taverna und Lombardi hatte bereits das gescheiterte Bündnis für ein neues  Wahlrecht scharf kritisiert. "Dobbiamo curare di piú il lavoro sul territorio. I nostri sidaci si sentono abbandonati", so Roberta Lombardi.  Zur Niederlage beigetragen haben sicher auch die schwache Leistung der römischen Bürgermeisterin Virginia Raggi und die Probleme ihrer Kollegin Chiara Appendino, die in Turin nach der jüngsten Massenpanik zu einer Umbildung ihrer Mannschaft und zu einem Entschuldigungsschreiben an die Bürger der Stadt gezwungen war. Ins Visier der Fundamentalisten gerät zunehmend der ehrgeizige Pragmatiker Luigi Di Maio und seine Stategie. Doch auch Grillo selbst, der im Wahlkampf einen Sieg seiner Bewegung prognostiziert hatte, steht vor einem Scherbenhaufen. Abgestraft wurde die Bewegung nicht zuletzt wegen ihres Versuchs der Kooperation mit den verhassten traditionellen Parteien, die puritanische Wähler  als Todsünde der Bewegung bewerten.

Geradezu skandalös die schleppende Auszählung der Stimmen: in L'Aquila war acht Stunden nach Schliessung der Wahllokale erst in Viertel der Stimmzettel ausgezählt, in Catanzaro 17 von 90 Wahlsitzen.