Gesellschaft | Sexuelle Bildung

Pornografiekompetenz

Ein Beitrag zu gelingender sexueller und digitaler Bildung
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Plakat Pornografiekompetenz
Foto: Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark
  • Der Dachverband netz | Offene Jugendarbeit organisierte im Jänner den ersten Genderfachkreis in diesem Jahr. Genderfachkreise sind Vernetzungstreffen, die Jugendarbeiter*innen die Möglichkeit der Vernetzung und Reflexion in Bezug auf gendersensible Jugendarbeit bieten. Der Genderfachkreis beschäftigte sich mit dem Thema der Pornografiekompetenz und wurde von Jakob Sauseng (Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark) gestaltet. Jakob führte die 32 Teilnehmenden durch den Vormittag, gab Einblicke in die sexuelle Bildung und das Pornografiekompetenz-Modell von Nicola Döring, stieß einen Perspektivenwechsel an und stellte praktische Methoden vor, wie mit Jugendlichen das Thema Pornografie behandelt werden kann. 

    Jugendliche verbringen einen Teil ihres Lebens in der digitalen Welt: Daher ist es nicht überraschend, dass einige von ihnen - absichtlich oder unfreiwillig - pornografische Inhalte sehen. Für manche ist das Schauen von Pornos ein normaler Teil ihrer Sexualität, andere sind von dem Gesehenen irritiert oder verunsichert. Immerhin spiegeln Pornos eine Form von Sexualität wider, die meist losgekoppelt ist von Themen wie Beziehung, Gleichstellung, Verhütung oder Konsens. Dadurch können Erwartungen entstehen, die Druck ausüben, und einige Jugendliche könnten sich möglicherweise fragen, ob sie ihre Sexualität ebenfalls in dieser Weise leben müssen. Mit anderen Worten: Ist das alles "normal" und/oder "echt"?

    Jakob unterstrich zu Beginn die Wichtigkeit offen und ehrlich mit Jugendlichen darüber zu sprechen, worauf sie im Laufe ihres Erwachsenwerdens im Internet stoßen könnten und wie sie das Gesehene und die darin kommunizierten Normen und Skripte hinterfragen können. Über das Konzept der Pornografiekompetenz können Jugendliche darin bestärkt werden, einen selbst- und sozialverantwortlichen Umgang mit medialer Sexualisierung und Pornografisierung zu entwickeln.

     

  • Foto: Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark
  • Zunächst erklärte Jakob, dass das Konzept der Pornografiekompetenz im Kontext der sexuellen Bildung verortet ist und schuf die Basis der Veranstaltung, indem der Begriff der sexuellen Bildung und dessen Kernprinzipien, Ziele und Grenzen genauer behandelt wurden. Nach der ersten Begriffsverortung hatten die Teilnehmenden in Kleingruppen die Möglichkeit in Bezug auf Sexualität und Pornografie in Reflexion zu gehen und konnten beispielsweise besprechen, mit wem sie das erste Mal über Pornografie gesprochen und welche Gefühle sie damit verbunden haben.

    Jakob lud nach dem Reflexionsmoment dazu ein, einen Perspektivenwechsel einzunehmen. Anstatt zu fragen: „Was macht Pornografie mit Jugendlichen?“ kann die Perspektive „Was machen Jugendliche mit Pornografie?“ eingenommen und untersucht werden, auf welche Fähigkeiten und Kompetenzen Heranwachsende bei der Nutzung von Medien und Pornografie zurückgreifen können - oder eben (noch) nicht. In diesem Zuge wurde das Pornografiekompetenz-Modell von Nicola Döring detaillierter erläutert. Das Ziel des Modells, das aus fünf Komponenten und drei Ebenen besteht, ist, die Nutzungs-, Bewertungs- und Handlungskompetenzen von Jugendlichen zum Thema Pornografie zu stärken. 

  • Das Plakat zielt darauf ab, Jugendliche in ihrer Pornografie-Kompetenz zu stärken. Foto: Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark
  • Die Praxisnähe wurde deutlich, als erklärt wurde, wie der Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark, bei dem Jakob tätig ist, versucht, das Theoriemodell umzusetzen. Gemeinsam mit der Künstlerin Andrea Z. Scharf wurde ein Plakat entwickelt, das im Sinne der Pornografie-Kompetenz Jugendliche dabei unterstützen sollen, sich kritisch mit Pornografie auseinanderzusetzen. Es soll die Neugier der Jugendlichen wecken und die Möglichkeit bieten, niederschwellig mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Jugendarbeiter*innen können das Plakat aber auch aktiv in ihre Arbeit mit Jugendlichen einbeziehen. Ein dazu entwickeltes Begleitheft soll das Vorgehen unterstützen und bietet neben grundsätzlichen Überlegungen zur Gestaltung von sexueller Bildung auch didaktische Handlungsvorschläge und Methoden. 

    Die Plakate wurden nach dem Genderfachkreis gemeinsam mit dem Begleitheft per Post an die Teilnehmenden verschickt. Des Weiteren stellte Jakob ein entstandenes Padlet vor, das Anlaufstellen für Jugendliche auflistet und Vertiefungsmöglichkeiten wie z.B. Kurzvideos zum Thema Sexualität sowie Reflexionsfragen beinhaltet. Für Eltern wurde der Gesprächsleitfaden „Wie spreche ich mit meinem Kind über Pornografie“ entwickelt.

    Alle vorgestellten Materialien stehen auf der Homepage Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark frei zum Download zur Verfügung.