Gesellschaft | Bozen

Mehr als ein warmes Essen

Seit 15 Jahren versorgt der Vinzibus Bedürftige mit einer warmen Mahlzeit. Die Zahl der “Gäste”, wie die Menschen, die an den Verdiplatz kommen, gennant werden, steigt.
Vinzibus
Foto: Südtiroler Vinzenzgemeinschaft

Wie alles angefangen hat, daran erinnert sich Christine Fulterer Nitz noch gut. Es war an einem Dienstag Mitte März 2003. Zum ersten Mal öffnete der Vinzibus an jenem Abend seine Türen. Damals stand das Fahrzeug noch im Bahnhofspark von Bozen – kein gewöhnliches Fahrzeug. Für viele Menschen war der Vinzibus ein Anker, ein Lichtblick in dunklen Tagen. Und ist es bis heute.

 

“Tankstelle der Wärme”

Bereits in den 1990er Jahren brachte Josef Plankensteiner die Idee des Vinzibus nach Südtirol. Als ehemaliger Zentralratspräsident der Südtiroler Vinzenzgemeinschaft ließ sich Plankensteiner von einem österreichischen Pfarrer inspirieren: In Graz versorgte Wolfgang Pucher seit 1991 Bedürftige mit Lebensmittelspenden – nur eines der vielen Engagements des “Grazer Armenpfarrers”, wie Pucher genannt wird.
Josef Plankensteiner war überzeugt: Auch in Bozen ist eine Einrichtung wie der Grazer “Vinzibus” notwendig. Denn Armut und schwierige Lebenslagen gibt es auch im reichen Südtirol.
Und so kam es, dass am 11. März 2003 der Vinzibus in Bozen erstmals Fahrt aufnahm. Anfangs waren es eine Handvoll Freiwillige, die einmal in der Woche Brote und Tee an rund 30 bedürftige Menschen verteilten.

Heute ist die Mann- und Frauschaft des Vinzibus gewachsen – auch weil die Not 15 Jahre später nicht weniger geworden ist. Insgesamt 43 Freiwillige machen sich inzwischen jeden Dienstag-, Donnerstag- und Sonntagabend auf zum Verdiplatz. Seit Dezember 2016 ist der Vinzibus dort in der früheren Tankstelle untergebracht. Die übrigen Wochentage werden von Freiwilligen des Vereins Volontarius abgedeckt – dadurch kann der Dienst an 365 Tagen im Jahr aufrecht erhalten bleiben.

 

Mehr Menschen für mehr Gäste

Bis zu hundert Menschen suchen den Vinzibus mittlerweile täglich auf. Für sie gibt es Tee, Suppe, Brot und Joghurt. Von Anfang an mit dabei war Christine Fulterer Nitz. Mit ihrer Tochter, an deren Schule 2003 für das neue Projekt geworben wurde, kam die Boznerin zum Vinzibus. Und blieb. Für ihren langjährigen Einsatz wurde Fulterer Nitz am Sonntag geehrt. Gemeinsam mit den Bedürftigen wurde der 15. Geburtstag des Vinzibus gefeiert. “Wir bieten Menschen auf niederschwelliger Basis Essen und ein offenes Ohr an”, erklärt Fulterer Nitz.

Koordiniert wird der Vinzibus von Paul Tschigg. Weit mehr als 100.000 Abendessen haben die Freiwilligen in den vergangenen 15 Jahren verteilt. “Allein im vergangenen Jahr waren es rund 13.000 Essen”, berichtet Tschigg. Wie sehr der Dienst gebraucht wird, zeigt sich an der steigenden Zahl an Menschen, die den Vinzibus aufsuchen: Obdachlose, Migranten, Einheimische. “Die Zahl der hilfsbedürftigen Einwanderer und Flüchtlinge nimmt zu”, heißt es von den Verantwortlichen, “genauso wie jene älterer, einsamer und mittelloser Menschen”.

Die Menschen, die den Vinzibus aufsuchen, werden respektvoll “Gäste” genannt. Nach wie vor sind viele junge Leute, Schüler, beim Vinzibus engagiert, belegen Brote, verteilen Essen und nehmen sich Zeit. Thomas Tschager koordiniert eine Gruppe des Franziskanergymnasiums. “Der Dienst ist deshalb so beliebt, weil er zeitlich überschaubar ist, weil sich Freunde treffen und die Tätigkeit den Freiwilligen selbst gut tut”, zählt Tschager auf. Schwierige Situationen mit den Gästen gebe es kaum.

Koordinator Paul Tschigg freut sich über die engagierten jungen und langjährigen freiwilligen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Viele von ihnen sind, wie Christine Fulterer Nitz, zehn und mehr Jahre dabei. “Ich kann mich nur bedanken”, meinte Tschigg bei der 15-Jahr-Feier am Sonntag. “Den Dienst über so viele Jahre auf rein freiwilliger Basis aufrecht zu erhalten, sei nur möglich, weil Zusammenhalt und Teamgeist groß sind und eine Reihe von Betrieben den Vinzibus mit Lebensmitteln unterstützen.” Die Tätigkeit finanziert sich ausschließlich aus Spenden, in den Vinzibus fließen keine öffentlichen Gelder.