Politik | Gemeindewahlen

Wahlkampf mit Carabinieri

Die Eppaner SVP hat sich einen unglaublichen Schnitzer geleistet. Sie wollte Wahlkampf mit zwei Ordnungshütern machen. Was vom Gesetz aber verboten ist.

Der Wahlkampf ist für Politiker eine besonders heiße Zeit. Da kann es schon mal passieren, dass der gesunde Menschenverstand auf der Strecke bleibt.
Nur so ist es erklärbar, was sich in der Überetscher Großgemeinde Eppan derzeit abspielt. „Es war ein Missverständnis“, will der Kommandant der Eppaner Gemeindepolizei Christian Carli den Vorfall nicht weiter kommentieren.

Die Bürgerversammlung

Wie fast überall im Land ist auch in Eppan das Thema Einbrüche und Sicherheit eine der Fragen, die der Bevölkerung unter den Nägeln brennt. In der Eppaner Großgemeinde gibt es seit Jahren eine äußerst gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen der lokalen Carabinieristation und der Gemeindepolizei. Seit längerem laufen zwischen der Gemeinde, dem Chef der Gemeindepolizei, Christian Carli und dem Kommandanten der Eppaner Carabinieristation Andreas Raffl Gespräche über eine Bürgerversammlung zum Thema Einbrüche. Die Ordnungshüter erklärten sich grundsätzlich bereit auf einer Bürgerversammlung als Referenten zum Thema aufzutreten.
Als vor wenigen Wochen dann die Einladungsschreiben zu zwei solchen Versammlungen eintrudelten – unterzeichnet vom jeweiligen Ortsvorsteher – sagten Carli und Raffl ohne große Bedenken zu.

Der SVP-Wahlkampf

Was die beiden Kommandanten aber nicht bedacht hatten: Inzwischen befindet sich Südtirol im Gemeindewahlkampf und in dieser Phase wird alles getan, was nützlich ist, um Stimmen auf die eigenen Parteimühlen zu lenken.
Bereits am 3. April erschien im Überetscher Gemeindeblatt (Auflage 5.000 Stück) eine Ankündigung der SVP-Girlan. Unter dem Titel „Girlan – Red´mit!“ heißt es:

„Einbruchserien in Girlan
Aus aktuellem Anlass organisiert die SVP Girlan am Mittwoch, 15. April, um 20 Uhr einen Informationsabend zum Thema „Öffentliche Sicherheit“ im ehemaligen Seniorenraum bei der Feuerwehrhalle. Dabei wird über Vorbeugemaßnahmen und rechtliche Hintergründe sowie über Nachbarschaftshilfe, WhatsApp-Gruppen und richtiges Verhalten bei Einbrüchen gesprochen.
Referenten sind Kommandant Major Christian Carli von der Eppaner Gemeindepolizei und Kommandant Feldwebel Andreas Raffl von der Carabinieristation Eppan.
Alle Girlanerinnen und Girlaner sind herzlich eingeladen!
Der Ortsausschuss“

Eine Woche später – am vergangenen Freitag - erschien diese Ankündigung im offiziellen Mitteilungsblatt der Gemeinden Eppan und Kaltern dann unverändert noch einmal. Im Gemeindeblatt findet sich zudem eine weitere Ankündigung der SVP-Ortsgruppe Eppan Berg einen Tag später. Dort wird an diesem Donnerstag über „die Kleinschule, Organisation Citybus, Fraktionsbildung, Gemeinderatswahlen 2015 und Abwehr von Einbrüchen“ debattiert. „Major Carli wird anwesend sein, um brennende Fragen zum Thema Sicherheit zu beantworten“, heißt es im mit dem Edelweiß garnierten Artikel.


Artikel im Gemeindeblatt: Reden auf SVP-Parteiveranstaltung

Das Gesetz

Genau damit kommt auf den Carabinieri-Kommandanten Andreas Raffl und genauso auf den Kommandanten der Eppaner Gemeindepolizei Christian Carli aber ein ärgeres Problem zu. Beide dürfen vom Gesetz her nicht auf einer solchen Parteiveranstaltung auftreten.
Die Carabinieri sind Angehörige des italienischen Militärs. Im Staatsgesetz 382 vom 11. Juli 1978 mit dem Titel „Norme di principio sulla disciplina militare“ wird in zwei Artikeln auch auf mögliche politische Aktivitäten von Militärangehörigen hingewiesen.
In Artikel 6 heißt es dazu:

Le Forze Armate debbono in ogni circostanza mantenersi al di fuori delle competizioni politiche.
Ai militari che si trovano nelle condizioni previste dal terzo comma dell' articolo 5 è fatto divieto di partecipare a riunioni e manifestazioni di partiti, associazioni e organizzazioni politiche, nonché di svolgere propaganda a favore o contro partiti, associazioni, organizzazioni politiche o candidati ad elezioni politiche ed amministrative.“

Im Klartext. Ein Carabinieri-Kommandant darf nicht in seiner Amtsfunktion auf einer SVP-Veranstaltung auftreten. Und schon gar nicht mitten im Wahlkampf.
Dasselbe gilt für den Kommandanten der Gemeindepolizei. Christian Carli ist öffentlicher Bediensteter und kann in seiner Funktion als Amtsperson ebenfalls nicht auf einer Parteiveranstaltung als Referent auftreten.

Die Absage

Als die beiden Kommandanten mitbekommen, dass aus der ursprünglichen überparteilichen Bürgerversammlung ohne ihr Wissen inzwischen SVP-Wahlveranstaltungen geworden sind, reagieren sie umgehend. „Wir werden zu den beiden Versammlungen nicht hingehen“, sagt Christian Carli. Demnach wird die SVP die Versammlungen ohne ihre Referenten abhalten müssen.
Dass man in der Eppaner SVP aber davon ausgeht, dass man Ordnungskräfte einfach so ohne weiters für Parteiveranstaltungen einspannen kann, sagt mehr über das politische Bewusstsein mancher Gemeindepolitiker aus, als es ihnen lieb sein dürfte.