Kultur | Salto Gespräch

Die Naturgewalt Saxophon

Ein Gespräch mit Helga Plankensteiner über Ihren kreativen Prozess, das Baritonsaxophon und Ihr neuestes Album „Barionda“, sowie (post)pandemische Herausforderungen.
Helga Plankensteiner
Foto: Andreas Marini

Man braucht Sie in Südtirol gar nicht mehr vorzustellen, ihr neues Album allerdings schon: „Barionda“ ist bei Jazzwerkstatt erschienen und auch bei Spotify hörbar. Das ist kein Review, nur eine persönliche Empfehlung.

Salto.bz: Frau Plankensteiner, warum genau ein Album fürs Baritonsaxophon? Welche sind seine Eigenheiten?

Helga Plankensteiner: Ich habe es ausgesucht, weil es eine solche Tiefe hat. Dieses Saxophon ist sehr warm, natürlich wenn man es übt, ansonsten ist kein Saxophon schön. Es geht sehr tief, deswegen ist ein Instrument, das ich sehr liebe. Es ist nie lästig, finde ich. Ich denke, man könnte auch nicht mit vier Sopransaxophonen so eine Gruppe bilden. Man kann natürlich schon, aber ich weiß nicht, wie lange man das aushält. Ich finde vier Baritonsaxophone ergeben einen sehr wohligen Klang.

Stand die Formation von Anfang an fest, oder wurde da experimentiert, etwa mit einem zusätzlichen Bass oder einem Schlagzeug weniger? Feinheiten.

Die Musiker die dabei waren haben natürlich anfangs gesagt, vielleicht könnte man etwas dazu nehmen. Ich war von Anfang an überzeugt von vier Baritonsaxophonen und einem Schlagzeug. Das Schlagzeug, weil es diesen Groove dann auch braucht, diese Hilfe. Es macht das ganze Projekt reicher, aber ich war mir sicher, dass vier Baritonsaxophone funktionieren. Ich muss dazu sagen, dass ich in Berlin vor einigen Jahren vier Basssaxophone - also nochmal tiefer - gesehen habe und überrascht war, wie gut das klang. Insofern war mir klar: Vier Baritonsaxophone müssen es sein. Das war vor Jahren, als Javier Girotto bei Lana meets Jazz für mich Sopran gespielt hat, da dachte ich mir wir könnten ihn einladen mit ihm so eine Gruppe zu bilden. Deswegen ist diese Gruppe entstanden.

Sie sagten vor Jahren, ist da nur die Pandemie dazwischen gekommen, oder gab es andere Faktoren, die das Projekt verzögert haben?

Das Album hätte effektiv ’20 gemacht werden sollen. Javier ist Argentinier, wohnt aber in Rom. Florian Bramböck war auch dabei, genau wie Giorgio Beberi und ich auch, von den Saxophonen. Es war aber in dieser Zeit unmöglich zu machen. Wir haben versucht es zu verschieben und haben das Projekt in dieser Zeit auch oft angedacht, es hat terminlich aber nie funktioniert. Wir hatten zweimal bereits Termine angesetzt und mussten auf ’21 verschieben, weil einfach unklar war, ob wir dürfen, können und einen Raum finden. Bramböck und Girotto konnten dann nicht mehr dabei sein, weil es Terminkonflikte gab. Rossano Emili und Massimiliano Milesi, der immer schon ausgeholfen hat, sind dafür dazu gekommen. Das war dann für mich die Besetzung, die mir auch ein sehr homogenes Gefühl gibt.

Auf Ihrer Website war auch zu lesen, das Barionda ein internationales Projekt sei, was bei italienischen Namen auch überrascht hat. Der internationale Charakter des Projekts…

…ist mittlerweile nicht mehr gegeben, da Javier und Florian derzeit nicht mehr dabei sind. Das muss ich vielleicht irgendwann ausbessern. Das sie nicht dabei sind heißt natürlich nicht, dass sie nicht dazu kommen, die Platte haben wir ohne sie gemacht. Was dazu kam ist zum ersten Schlagzeuger, Mauro Beggio,  noch ein zweiter, Zeno De Rossi, mit dem wir auch live spielen. Das gibt nochmal eine andere Kraft. Wenn die Organisatoren genug Geld haben, dann hoffe ich, dass sie mich mit beiden Schlagzeugern einladen. Wir haben letztes Jahr bei „Autumn in MeranO“ nach Franco D’Andrea gespielt und da war es ganz toll.

Der zweite Schlagzeuger war bei den Album-Aufnahmen schon dabei, warum spielte er nicht bei mehr Tracks?

Wir waren eine gut vorbereitete Gruppe und haben am ersten Tag schon sieben Songs aufgenommen und er konnte nur an einem Tag. Sobald er gekommen ist hatten wir effektiv nur mehr drei Songs übrig gehabt und die hat Zeno dann gemacht. Also: Zwei Stücke zu zweit und eines allein. Wenn wir dann live spielen, sind sie beide dabei.

 

 

Wie ist der Songwriting-Prozess, kollaborativ oder haben Sie das Sagen?

Ich bin da ganz gut im delegieren. Ich bin immer froh, wenn die anderen Musiker mitschreiben. Am Anfang  war es so, dass Florian (Bramböck) mir sehr viel geschrieben hat, weil er jemand ist, der sehr schnell schreiben kann und sofort etwas präsent hat, das er mir schicken kann. Ich tue mir da schwer und kopfe viel zu viel und überlege. Ein, nein zwei Arrangements habe ich dann sofort gemacht, und eines zusammen mit Michael (Lösch), ganz schnell. Anfangs hatten wir keine Eigenkompositionen, wir wollten das Bariton etwas präsentieren: Die wichtigen Stücke wie „Moanin’“ von Charles Mingus, in dem das Bariton einen sehr wichtigen Part hat, der anfängt und sich durch das ganze Lied durchzieht. Das eignet sich sehr gut. Dann sind neue Stücke dazu gekommen, wodurch wir ein gemischtes Programm haben. Jeder hat etwas geschrieben und jeder Baritonist hat ein Stück beigesteuert. Mit Ausnahme von einem Stück und einem weiteren das Michael arrangiert hat sind alle Stücke von Baritonisten. Jeder darf schreiben und bringt seine Story mit, das finde ich interessant.

Was macht Ihnen mehr Arbeit, einen Jazz-Standard neu zu arrangieren und ihm eine Eigenheit zu verpassen oder aus einer Idee einen neuen Song zu machen?

Für mich ist es so, dass ich mir mit dem Arrangieren schwerer tue, weil ich viel Respekt vor den Kompositionen habe. Es ist ja nicht meine also kann ich nicht alles damit machen. Auch vielleicht, weil ich das Arrangieren im klassischen Sinn am Konservatorium nie gelernt habe. Insofern muss ich mir das alles selber zurecht legen. Ich tue mir mit eigenen Kompositionen leichter. Da bin ich freier. In diesem Fall war es so, dass sich die Kompositionen von Mingus super eignen, da waren schon so viele Melodien und Linien da, dass es für mich ziemlich einfach war.

 

Es ehrt mich natürlich sehr, aber wenn solche Dinge passieren, dann nehme ich das nicht wirklich wahr.

 

Was macht es mit Ihnen als Person auf dem Cover von Jazz’n’more zu sein?

Ich hoffe, das ich mehr Konzerte bekomme und fühle mich auch sehr geehrt. Ich bin vor ein paar Wochen nach New York geflogen. Ich habe es erst erfahren, als der Verantwortliche der Zeitung gesagt hat, sie bräuchten ein gutes Foto von mir, die Fotos die ich bis dahin geschickt hatte seien zwar schön, aber nicht unbedingt das, was sie bräuchten. Da dachte ich erst, für ein Interview müsse das wohl reichen, bin aber dahinter gekommen, dass das Foto für das Cover sei. Mit dem Fotografen, dessen Foto ich ausgesucht habe war es eine Odyssee und kurz bevor ich mich in den Flieger gesetzt habe, konnte ich das Bild abschicken. Als ich dann in New York war, war ich glücklich, das aus dem Kopf zu haben. Es ehrt mich natürlich sehr, aber wenn solche Dinge passieren, dann nehme ich das nicht wirklich wahr. Es ist schon sehr wichtig, aber richtig bewusst war es mir erst als ich den Post gemacht habe und Reaktionen darauf erhalten habe. Ich hoffe natürlich, dass es hilft diese Gruppe zu verkaufen und mehr Konzerte spielen zu können.

Welche Punkte haben Sie in Ihrem Terminplan, auf die Sie sich in besonderer Weise freuen?

Auf der To-Do Liste ist natürlich „Barionda“ und mit sechs Personen ist es nicht so leicht, Konzerte zu organisieren, auch weil das Album etwas spät erschienen ist. Für den Herbst suche ich derzeit noch nach Konzerten für eine Italientour. Wir sind vom 7. bis zum 12. Juni in Deutschland unterwegs. Das nächste Projekt ist mit „Jelly Roll“ eine Platte die ich mit Stücken von Jelly Roll Morton aufgenommen habe, der von sich selbst sagte, dass er der Erfinder des Jazz sei. Wir haben bereits viel gespielt und spielen auch diesen Sommer, allerdings nicht so viel, weil die Musiker alle in hundert Projekten mitarbeiten. Es war heuer sehr schwer, weil alles offen ist und sehr vieles verschoben wurde. Dann gibt es noch ein Projekt mit Freunden „Plankton“ in dem wir versuchen Klassische Musik mit einem Jazz-Schlüssel zu transportieren.

Könnte man Jazzmusiker tendenziell als beruflich polyamor bezeichnen? Braucht es klare Absprachen wer wann und mit wem was macht?

Das ist heuer einfach so, die letzten beiden Jahre sind einfach verschoben worden. Die Organisatoren versuchen so viel wie möglich aufzunehmen, was in den letzten beiden Jahren verschoben wurde. Die meisten Musiker sind in zwei, drei Gruppen, aber der Tubist mit dem ich spiele, spielt sicher in zehn Gruppen, weil es sehr wenige Tubisten gibt, also muss er sich sehr viel offen lassen. Das Diskutieren über Termine geht so durch, weswegen das aktuelle ein sehr spezielles Jahr ist. Ich habe einen Zeitraum zwsichen 14. und 17. Juli, da hätte ich so oft spielen können und am Ende geht sich nur ein Konzert aus. Das war in den letzten Jahren nicht so, dieses Problem gibt es nur heuer.

Denken Sie dieses Problem verschleppt sich, oder wird es sich heuer lösen?

Ich hoffe das löst sich mit diesem Jahr. Ich hoffe es, weil dann kommen neue Probleme auf uns zu. Ich weiß nicht, wie es mit der Inflation ist, da kann es eher sein, dass alles teuer wird und man überall sparen muss. Ich hoffe, dass es vorbei ist, weil es auch einfach lästig ist.

 

 

Wann kommen Ihnen die meisten Ideen, ist das eher wenn Sie einen Moment Ruhe haben oder eher wenn Sie sowieso schon Töpfe auf dem Feuer haben?

Ja, meistens ist es so. Wenn ich Ruhe habe, versuche ich runter zu kommen. Ich organisiere mit „Lana meets Jazz“ (15. bis 20. Juni) ja auch noch ein Festival, deswegen gibt es immer so viele Sachen, an die ich denken muss. Um zu schreiben brauche ich Druck, auch wenn ich zeitgenössische (klassische) Musik schreibe. Ich bin immer spät dran. Immer. Ich wünsche mir wirklich, dass ich einfach aufstehen und eine Stunde schreiben könnte, was viele andere machen. Wenn ich weiß ich brauche etwas, dann bin ich immer spät. Ich muss aber auch sagen, dass während dem Lockdown das Stück „Baruonda“ geschrieben habe und das ging ganz schnell, da sind mir mit einem Mal ganz viele Ideen gekommen. Wenn man sich nur auf das Schreiben konzentrieren würde, wäre das vielleicht einfach etwas, was man jeden Tag macht, so wie ich jeden Tag übe. Beim Komponieren ist das eben nicht so, vielleicht auch einfach, weil die Zeit fehlt.

Wie unterscheidet sich Ihr Kompositionsprozess zwischen zeitgenössischer Musik und Jazz?

Das ist völlig anders. Im Jazz schreibe ich nur für mich und das sind eigentlich einfache Sachen. Die Schwierigkeit besteht darin das Zusammenspiel zu gestalten und aufbauend darauf zu improvisieren. Die Stücke sind einfach. Wenn ich hingegen schaue, was ich in der sogenannten „Klassischen“ Musik schreibe, dann könnte ich das nie spielen, das müsste ich alles vereinfachen, das ginge gar nicht. Das sind wirklich tolle Leute wie „Windkraft“, die schon einige Sachen mit mir gespielt haben und das toll machen. Da sitze ich dann auch mehr vor dem Computer, bei „Barionda“ spiele ich mir mit dem Bariton Passagen ein, bei klassischen Sachen sitze ich eher am Klavier und speise es gleich in den Computer ein. Weil ich manchmal auch nicht die Vorstellung habe, wie es dann klingt. Wenn ich es dann höre, habe ich eine Bestätigung. Oder auch nicht.

Ist Machbarkeit, ob man den Musikern eine Passage zumuten kann, für Sie beim Schreiben schon ein Thema?

Im klassischen Bereich sind es ja meistens Top-Musiker, die meine Stücke spielen und ich denke mir immer, ich darf ja nicht zu leicht schreiben. Dann schreibe ich und denke mir „das geht schon“ und spiele es auch mal nach, wenn es Instrumente wie die Klarinette sind, die ich selber spiele. Sobald ich das Stück dann zusammengefügt habe, nach einem Monat oder zwei, fange ich an zu zweifeln und komme drauf, dass es vielleicht doch nicht ganz leicht ist. Da muss man vielleicht Sachen wegnehmen. Manchmal ist es zu spät dafür und dann muss man eben mit den Konsequenzen leben. Das Komponieren in diesem Bereich ist auch learning by doing für mich und so muss ich manchmal Bußgeld zahlen. Würde ich nur komponieren und mich damit befasse, dann wird dieser Prozess auch weniger, aber es sind einfach andere technische Fähigkeiten, die mir da fehlen.

Wenn Sie von learning by doing sprechen, stellt sich die Frage, was sie gerne schon früher gewusst hätten?

Wenn ich darüber nachdenke, dann hätte ich gerne alles schon viel früher gemacht. Ich hätte gerne früher angefangen Saxophon zu spielen und nicht erst mit 20. Ich hätte gerne alles viel früher gemacht, aber es ist eben so: Die Zeit kommt, wann sie kommt. Ich bin eben eine Spätzünderin, aber es macht immer noch Spaß und so lange ich irgendwo meine Sache machen kann, mache ich weiter. Ich würde mir wünschen, dass ich die Dinge, die ich jetzt kann schon mit zwanzig, spätestens fünfundzwanzig gekonnt hätte, aber das war eben nicht so.

 

Das war genau, was ich gesucht hatte. Für mich war es der Mensch, nicht mal so sehr das Instrument selbst.

 

Vielleicht legitimiert sich, da Sie mit 20 zum Saxophon gekommen sind auch die Klischee-Frage, wie Sie zum Instrument gekommen sind?

Das erzähle ich gerne immer wieder. Ich habe in Innsbruck klassischen, also Opern-Gesang gemacht, für zwei Jahre und Klarinette, weil ich das mitgenommen hatte aus der Kapelle. Ich war eine ganz schlechte Klarinettistin und habe sie trotzdem dazu genommen. Ich habe das ein, zwei Jahre gemacht und habe irgendwann im Nebenzimmer einen Saxophonisten spielen gehört. Das war Florian Bramböck, der damals dort im klassischen Bereich unterrichtet hat. Das hat mich umgeworfen, wie er gespielt und geübt hat. Ich habe ihn dann kennen gelernt und dieser Mensch hat mich so begeistert mit seiner Art. Das war genau, was ich gesucht hatte. Für mich war es der Mensch, nicht mal so sehr das Instrument selbst. Die Art, wie er sich dort präsentiert hat, das hat mir imponiert. Ich habe dann gefragt, ob ich irgendwo bei ihm Unterricht nehmen könnte und bin sofort von der Klarinette weg zum Saxophon.

Für viele hat das Saxophon vom Klang mit der menschlichen Stimme zu tun. Nehmen Sie das auch so wahr und kann Saxophonspiel eine Art Sprechen oder Singen sein?

Ich glaube, dass alle Instrumente irgendwo mit der menschlichen Stimme zu tun haben. Die menschliche Stimme ist irgendwo auch das Urinstrument. Wenn man es schafft durch das Instrument so zu spielen, als wäre es die eigene Stimme, so wäre das natürlich ideal. Viele sagen, dass das Saxophon der menschlichen Stimme ähnle. Ich empfinde das auch manchmal so, manchmal auch nicht. Ich finde auch, dass etwa die Klarinette ein wunderschönes Instrument ist zum sogenannten „singen“. Wenn jemand im klassischen Bereich schön spielt, empfinde ich das so, im Jazz eher nicht so, da bin ich vielleicht auch etwas betriebsblind.

Hat das Zusammenspiel auf der Bühne dann für Sie etwas von Kommunikation, oder findet es mehr auf einer technischen Ebene statt?

Ich glaube, dass der Jazzbereich von dem lebt, weil es diese Kommunikation gibt und nicht alles ausgeschrieben ist. Es lässt sehr viel Freiraum für ein Gespräch, das in der Improvisation auf der Bühne stattfindet. Es gibt ja mittlerweile auch sehr viele Möglichkeiten etwa auf TikTok zu einem Song dazu zu spielen. Da merkt man dann, dass man sehr technisch spielt. Erst wenn man dann mit Menschen spielt hat man ein „Aha“. Wenn ich irgendetwas mache, dann reagiert der andere, außer man harmoniert nicht zusammen. Das ist ein Gespräch und macht den Jazz aus.

Glauben Sie, das ließe sich online replizieren, wenn Latenzzeiten kleiner werden, oder bleibt dieses Element der Bühne vorbehalten?

Das gibt es zum Teil schon, aber ich glaube trotzdem nicht. Ich hoffe nicht, weil das ein wenig so ist, wie mit all den Zoom-Meetings die wir hatten. Die haben geholfen und waren wichtig und praktisch. Trotzdem freuen sich alle wieder in ein normales Meeting zu gehen. Ich glaube das kann vielleicht wirklich irgendwann so statt finden, dass wenn man probt online etwas sein kann, das helfen kann. Mein Tubist kommt aus Livorno und muss zu den Proben her kommen. Wenn man das eines Tages digital machen kann, wäre das super, trotzdem glaube ich nicht, dass es das Menschliche ersetzt und die Energie, die dabei entsteht.

 

Ich bin oft unzufrieden und das ist auch okay so.

 

Wie oft sind Sie mit Ihren Auftritten zufrieden, wie oft unzufrieden?

Ich bin oft unzufrieden und das ist auch okay so. Es gibt manchmal auch Situationen in denen ich auf der Bühne bin und das Publikum wirklich zuhört. Irgendwann macht es dann Klick, wenns gut läuft. Es ist dann manchmal so, dass man gar nicht so gut spielt und manches besser machen würde, wenn man es aufnehmen würde, aber die Energie ist da. Das ist einfach etwas ganz Spezielles, bei dem man sich gehen lassen kann.

Wie war für Sie der Wiedereinstieg nach der Pandemie? Gab es da ein Herantasten oder war die Energie sofort wieder da?

Sie war sofort wieder da. Es waren vielleicht Unsicherheiten da, die sonst nicht da waren. Mittlerweile haben wir allerdings wieder viel gespielt. Diese eineinhalb Jahre, die habe ich nicht so empfunden, im Nachhinein. Ich glaube, auch das Publikum war bei den ersten Konzerten sofort wieder dabei und war ein super Publikum. Ich habe das an mir nicht so stark empfunden, merke aber bei den Konzerten, das etwa Amerikanische Musiker sofort Freude verspüren und viel spielen und auch dann, wenn sie vielleicht eine Pause gemacht hätten weiter spielen. Ich denke die Spielfreude ist einfach eine besonders große.

 

Ich wünsche mir, dass endlich dieser Krieg vorbei ist. Die Pandemie sowieso.

 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ganz ehrlich: Ich wünsche mir, dass endlich dieser Krieg vorbei ist. Die Pandemie sowieso. Mich belastet der Krieg sehr, weil ich mir denke, das kann eigentlich nicht sein, dass wir 2022 so etwas erleben müssen. Wir sind Intelligente Menschen, oder so sagt man. Ich zweifle wirklich manchmal daran und wünsche mir, dass das aufhört. Es beeinflusst doch auch die Grundstimmung. Musikalisch wünsche ich mir, dass ich noch lange, lange spielen kann und mit meinen Gruppen „Barionda“, „Jelly Roll“ und „Revensch“ noch tolle Konzerte bekomme. Das müssen auch nicht ganz viele sein. Weil ich finde, wenn ich ein richtig gutes Konzert hatte, dann kann auch länger nichts sein. Mir ist es wichtig, gute Konzerte zu haben, zu denen die Leute kommen, weil sie sich freuen, bei denen man das Gefühl hat irgendetwas bewirkt zu haben. Ich hoffe, dass auch noch neue Projekte kommen, dass ich die Kraft habe neue Projekte anzudenken und zu machen. Vor allem, das ich noch lange spielen kann.

Wir hoffen es auch. Danke!

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Giancarlo Riccio So., 15.05.2022 - 09:29

Una delle più belle interviste di questi ultimi tempi e non solo in campo jazz. Helga e il suo compagno Miki (pianista e tante altre cose) poi, sono di una bravura estraordinaria. Frequentarli è per me un privilegio e, sempre, anche una avventura.

So., 15.05.2022 - 09:29 Permalink