Umwelt | Langtaufers

Motor im Gemeinderat

Nach der Ablehnung der Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal kreiden die Promotoren einen Interessenkonflikt an. Vor der eigenen Haustür ist man damit großzügiger.
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Foto: Oberländer Wochenzeitung

Die Drohung steht seit vergangener Woche im Raum: Entweder die Landesregierung hebt ihren negativen Beschluss zur skitechnischen Verbindung Langtaufers-Kaunertal im Selbstschutzwege auf – oder die Oberländer Gletscherbahn AG wird beim Verwaltungsgericht Bozen Rekurs dagegen einlegen. Mit hohen Erfolgsaussichten, wie sich die Promotoren der umstrittenen länderübergreifenden Skiverbindung selbstbewusst geben. Immerhin unterstellt Geschäftsführer Paul Jakomet Arno Kompatscher und seinem Regierungsteam „schwerwiegende Rechtsmängel“ bei ihrer Entscheidung im Dezember. Unter Verweis auf einen ähnlich gelagerten Fall der Marinzen GmbH wird dabei unter anderem auf eine angebliche Doppelrolle von AVS-Präsident Georg Simeoni verwiesen, der einerseits an einer Eingabe gegen die Machbarkeitsstudie beteiligt gewesen sei, doch andererseits im Umweltbeirat sitze, auf dessen Gutachten die Entscheidung der Landesregierung nicht zuletzt beruht.

Ein Interessenskonflikt, der im Fall Langtaufers vorerst nur von der Oberländer Gletscherbahn AG angekreidet wurde. Sprich, gerichtlich müsste erst überprüft werden, ob auch in diesem Fall von einer unrechtmäßigen Zusammensetzung des Umweltbeirates die Rede sein kann. Interessant kann es derweil aber sein, gewisse Interessenslagen in Langtaufers selbst genauer unter die Lupe zu nehmen. Nicht nur eine Doppel- sondern gleich eine Mehrfachrolle nimmt dort zum Beispiel mit Josef Thöni einer der rührigsten Befürworter der Skiverbindung ein. Herr des Hotels Langtaufererhof, das erst unlängst bei der Evakuierungsaktion in Laugtaufers  in die Schlagzeilen geriet, und somit größte Hotelier im Dorf, HGV-Ortsobmann, Mitbegründer und Aktionär der Oberländer Gletscherbahn AG und ganz nebenbei Gemeindereferent in Graun, wo er unter anderem die politische Verantwortung für Tourismus, Verkehr, Handel oder Handwerk  trägt.

Ein schönes rundes Aktivitätenpaket, das sich durchaus sinnvoll ergänzt. Hotelier Thöni würde sein gerade erst neu ausgebautes Hotel zweifelsohne besser füllen, wenn seine Gäste sich auch auf dem Kaunertaler Gletscher tummeln und die Abfahrt vom Weißseejoch nach Langtaufers mit einem Einkehrschwung ins Hotel beenden könnten. Entsprechend ins Zeug legt sich der Aktionär der Oberländer Gletscherbahn AG dann auch in seiner Rolle als Gemeindereferent, wenn es darum geht, die anderen Gemeinderäte von der Sinnhaftigkeit des Projekts zu überzeugen. Wegen Befangenheit aus dem Raum gehen oder sich bei Abstimmungen zu enthalten, mag anderswo ein Mittel sein, um bei Entscheidungen über Angelegenheiten, in die man persönlich verwickelt ist, eine saubere Weste zu behalten. In Langtaufers legt man auf solche Formalitäten wenig Wert, beweisen die Protokolle der Gemeinderatssitzungen, in denen im August 2015 zuerst ein Grundsatzbeschluss für die Verbindung gefasst und dann Ende Mai 2016 die Machbarkeitsstudie der Oberländer Gletscherbahn genehmigt wurde. „Herr Thöni Josef spricht sich klar gegen eine Vertagung aus, weil durch diesen Beschluss die Gemeinde keine Nachteile, sondern nur Vorteile haben kann“, wurde da beispielsweise kurz nach der Berufung des neuen Referenten im Jahr 2015 protokolliert, als einige Gemeinderäte die Entscheidung für die Skiverbindung hinausschieben wollten. Ein Jahr später unterstrich Töni im Gemeinderat im Rahmen der Abstimmung über die Machbarkeitsstudie „die Bemühungen, die es gebraucht hat, dass eine so breite Unterstützung in der Bevölkerung für dieses neue Projekt zustande gekommen ist“ oder versicherte seine RatskollegInnen, das auch der Tourismusverein „der Studie positiv, ohne Befürchtungen, gegenübersteht“.

„Das ist bei uns überhaupt kein Problem."

Als „Motor des Projekts im Gemeinderat“ wird Thöni fast schon zärtlich in österreichischen Lokalmedien von Eugen Larcher dem Geschäftsführer der Kaunertaler Gletscherbahnen bezeichnet. Jenseits der Grenze scheint man aber nicht nur beim Hauptaktionär (67,35 Prozent) der Oberländer Gletscherbahn AG davon überzeugt, wie wertvoll der Gemeindepolitiker und Hotelier für die Umsetzung des jahrzehntelangen Traums ist. Wo auch immer über den Zusammenschluss berichtet wird, ist Josef Thöni auf den Fotos mit von der Partie; teils gar mit Bildungunterschriften wie „Projekthauptinitiator“. Eine Rolle, die sich laut Eigenverständnis des Hoteliers keineswegs mit seinen politischen Aktivitäten beißt. „Ich habe es mir als Gemeinderat zum Ziel gesetzt, dieses schöne Projekt voranzutreiben, bei dem ich natürlich schon lange dahinter bin“, sagt Josef Thöni auf Nachfrage von salto.bz. Die grenzüberschreitende Skiverbindung würde die ganze Region vorwärts bringen – „das brauche wir einfach im Vinschgau“, sagt Thöni.

Heben solch hehre Zeile also die Interessenskonflikte eines Gemeindepolitikers auf? „Das ist bei uns überhaupt kein Problem“, versichert Gemeindereferent Thöni. Er sei schließlich nur Aktionär der Oberländer Gletscherbahn AG. „Und auch beim Zusammenschluss Haideralm-Schöneben haben immer alle Aktionäre mitgestimmt“, so Josef Thöni. Als weit problematischer sieht er die Tatsache, dass „im selben Land an manchen Orten alles geht und an anderen gar nichts“, wie er die Ablehnung durch die Landesregierung noch einmal kritisiert. „Andere Projekte werden in Naturparken oder im Unesco-Naturerbe genehmigt und bei uns ist nichts geschützt, aber wir gehen dennoch leer aus.“ Doch das würden sich die Leute nicht mehr gefallen lassen, stellt der Gemeindepolitiker der Landespolitik noch einmal die Rute ins Fenster.

Ob dies reicht, um ein Einlenken zu bewirken und einen Rekurs gegen die Entscheidung zu verhindern? Die kommenden Wochen werden zeigen, welche Interessen sich am Ende durchsetzen – oder einander doch zu sehr im Weg stehen.