Politik | Eurokrise

Nullsummenspiel, warum nicht alle sparen können.

Die Darstellung in den deutschsprachigen Medien über das Verhalten der deutschen und griechischen Regierung war und ist so widersprüchlich, dass man sich die Augen reibt.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Teilweise fühlte ich mich in die 70er Jahre versetzt, als das westdeutsche Fernsehen Ausschnitte der aktuellen Kamera zeigten, um der westedeutschen Bevölkerung zu zeigen, wie die ostdeutsche durch einen Staatsfunk nicht richtig informiert sondern manipuliert wird.

Diesmal war die Übermacht in den deutschsprachigen Medien für die Haltung Deutschlands sehr groß, selbst in liberaleren Medien kamen Artikel, die für eine gegenseitige Hilfe warben, die Gründe erklären versuchten oder gar kritisch gegen den neoliberalen Ansatz waren, selten vor. Dafür kamen richtig populistische, hetzerische Artikel in vielen Medien, nicht nur in Bild vor. Weil die Ansichten so verschieden waren, habe ich von den anspruchsvolleren Medien erwartet, dass sie auf die Argumente der Gegenseite eingehen. Autoren, die für eine teilweise Tilgung der Schulden, sowie eine Hilfe zum struturellen Aufbau des Landes plädierten, wurden nicht argumentativ widerlegt, sondern diffamiert und für unglaubwürdig dargestellt. Kaum ein Professor (auch von der Uni BZ), der sich nicht für ein Grexit ausgesprochen hat und mich wunderte es, dass nur Griechen interviewt wurden, die was gegen Tsipras hatten oder Varoufakis unterstellten, er mache das alles nur, um hochdotierte Vorlesungen halten zu können.

Spätestens da war mein Wunsch die ökonomischen Hintergründe besser zu verstehen, nicht mehr zu bremsen. Auch die Diskussionen in salto.bz trugen dazu bei, sie waren nicht so gehässig, unterschieden sich nicht wesentlich von anderen Medien. Hilfe kam in Form eines Vortrags "Die Eurokrise - Warum versagt die Wissenschaft?" von Prof Heiner Flassbeck am 01.07.2015 an der FU Berlin im Rahmen des Kurses "Finanzkrisen und Geldsystem". Er dauert über eine Stunde, mit der Diskussion ganze 1:32, aber das war es mir wert.

Im 1. Drittel konnte ich leicht folgen, beim 2. musste ich schon ein paar mal pausieren und wikipedia konsultieren und die Konsequenzen gegen Ende geben mir noch immer zu denken. Der Vortrag fand am 1.07. statt. Bis heute ist viel passiert, aber überhaupt noch nichts gelöst.

Mein Kopf sagt mir er hat Recht, mein Gefühl möchte, dass er nicht Recht hat. Da Prof Heiner Flassbeck auf eine ordentliche Vita zurückblicken kann und nach wie vor publiziert und Klartext redet, besteht eine kleine Chance der Hoffnung. Ich kann inzwischen jedenfalls besser die Artikel über Eurokrise, Grexit, ... verstehen und einordnen.

 

Bild
Profil für Benutzer Michael Bockhorni
Michael Bockhorni Do., 16.07.2015 - 10:00

ja auch ich hatte in den letzten Wochen das Gefühl einer gleichgeschalteten Medienlandschaft, die immer die gleichen Phasen wiederholte und sich innerhalb einer Meldung widersprach. Lediglich Reportagen wie das Weltjournal oder Jauchs Sendungen hoben sich etwas wohltuender ab.

Do., 16.07.2015 - 10:00 Permalink