Politik | Wohnraum

Wo klemmt‘s beim Wohnbau?

Alle reden vom erschwinglichen Wohnen. Wo bleiben die Wohnungen?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Wir wollen hin zu einer anpassungsfähigen Gesellschaft, welche breit aufgestellt ist und mit kreativen Lösungen die Herausforderungen der Zukunft angeht.
Südtirol mit seinen sehr begrenzten besiedelbaren Flächen ist darauf angewiesen, seine Lebensgrundlagen möglichst konzentriert zu erwirtschaften. Das geht am ehesten mit KnowHow, Kreativität und Eigeninitiative.
Momentan haben wir das Problem, dass gut ausgebildete junge Leute eher im Ausland bleiben, als sich in der alten Heimat anzusiedeln. Ein Hauptargument ist immer wieder der Mangel an leistbarem Wohnraum und an Entfaltungsmöglichkeiten in einem urbanen Umfeld.
Innerstädtisches, kompaktes Wohnen und Arbeiten ist die nachhaltigste Siedlungsform. Gepaart mit hohem Freizeit- und Erholungswert entspricht sie auch der Wunschvorstellung vieler, besonders jüngerer Bürger.

Zu den überholten Bemessensgrundlagen für die Förderungen, der überbordenden Bürokratie, den zu renovierenden Wobi-Wohnungen, der absurden steuerlichen Begünstigung der touristischen Vermietung und der Eindämmung der Kaufpreise haben bereits berufenere als ich mehrmals Stellung bezogen und Vorschläge eingebracht.
Neben diesen „administrativen“ Problemen, gibt es halt noch die tatsächlich gebauten bzw. nicht gebauten Wohnungen.
Wir wissen, ist die Nachfrage höher als das Angebot, wird’s teuer.

Jetzt gibt’s in meinem Lieblingsärgernis, dem Landesgesetz für Raum und Landschaft, tatsächlich einige Punkte, welche die Schaffung von günstigem Wohnraum erschweren, wenn nicht verunmöglichen. Entgegen allem was unsere Landesregierung im Wahlkampf behauptet: Ihr habt das Gesetz in der letzten Legislatur umgeschrieben, genehmigt und in Kraft gesetzt!

Bislang wurden 60% der neu ausgewiesenen Bauflächen für den geförderten Wohnbau durch die Gemeinde einbehalten. Seit Juni 2023 darf vom Bauträger die gesamte Fläche bebaut werden, allerdings müssen vom Verkaufspreis der Wohnungen 30% des Werts des Gesamtgrundstücks abgezogen werden. Der Bauträger wird natürlich den zulässigen Maximalpreis verlangen, dann sind 30% Grundstückspreis schnell abgezogen.
Im historischen Ortskern kann die Gemeinde eine geringere Wohnnutzung als die allgemein für Wohnzonen geltenden 60% zulassen. Denkmalgeschützte Gebäude sind von der Regelung zur Wohnnutzung gänzlich ausgeschlossen. Bozens Altstadt wird so zum kompletten Einkaufszentrum mit angeschlossenem Bed&Breakfast.

Die Wohnungen für Ansässige (also konventionierte Wohnungen) dürfen außer von Ansässigen auch von Arbeitern mit Arbeitsvertrag und Studenten besetzt werden. Ist ja auch sinnvoll, aber es sind halt eh schon zu wenig Wohnungen auf dem Markt.
Wenn jemand kein Anrecht auf eine solche konventionierte Wohnung hat, weil sie z.B. als Ferienwohnung genutzt wird, dann werden beim ersten Mal 5.000€ Strafe fällig (sofern das überhaupt jemand kontrolliert), bei Wiederholung innerhalb von 5 Jahren 20.000€. Das ist natürlich viel Geld, wenn man sich aber die Preisunterschiede zwischen konventionierter oder frei handelbarer Wohnung ansieht, sind’s Peanuts. Außerdem spart man sich die Baukostenabgabe.
Durch einen Nebensatz in den Übergangsbestimmungen gelten im historischen Ortskern und denkmalgeschützen Gebäuden Eingriffe nur mehr dann als bauliche Umgestaltung (vulgo Umbau), wenn die Gebäudehülle exakt dieselbe bleibt. D.h. Ausbau Dachgeschoss mit Gaube kann man vergessen. Trotz positiver Einschätzung durchs Denkmalamt.

Dann gibt’s natürlich in den verschiedenen Bauordnungen der Gemeinden weitere Fallstricke. Z.B. Bozen:
Wohnräume dürfen nicht zu Lichthöfen schauen. Die Lauben bestehen aber hauptsächlich aus Lichthöfen, welche teilweise breiter sind als von Laubenfassade zu Laubenfassade gegenüber. Neue Wohnungen darf man dort nicht errichten.

Schaufenster im Erdgeschoss gelten nicht als Belichtungsfläche, d.h. Lofts in aufgelassenen Geschäften in Nebenstraßen sind als Wohnungen nicht zulässig.

Wird nur eine Wohneinheit im Gebäude neu geschaffen, ist diese nicht zu konventionieren. Mit Salamitaktik kann man so ein komplettes Bürohaus in Wohnungen umwandeln und am freien Markt verkaufen.
Und so weiter…

Wenn günstiger Wohnraum ein wirkliches Anliegen wäre, würde ein öffentliches Angebot an Mietwohnungen geschaffen, welches den Markt entspannt, das wäre die Aufgabe des Wohnbauinstituts.
Außerdem Anreize und Erleichterungen für Wiedergewinnung von ungenutzten Baueinheiten schaffen, auch wenn sie nicht zu 100% allen Anforderungen entsprechen, eventuell auch nicht für dauerhafte Besetzung, sondern z.B. für Studenten und Arbeiter, welche nicht ihr Leben dort verbringen wollen.
Einschränkung der touristischen Vermietung und schärfere Kontrollen der Nutzung der konventionierten Wohnungen. Das wäre Aufgabe der Gemeinden, die bekommen dafür aber weder Geld noch Personal bewilligt. Wieso?
Wohl weil sich’s so gut an diesem System verdient!

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Dietmar Nußbaumer Do., 14.09.2023 - 21:00

Die gesamte Landespolitik will dieses Problem nicht wirklich angehen (außer durch eine lächerlich GIS-Erhöhung, die für Einheimische sowieso eine Frechheit ist - una tantum hat der Monti anno dunnemal versprochen- denkste). Wie wird der Zweitwohnungskauf an Auswärtige von der Legislative verhindert?

Do., 14.09.2023 - 21:00 Permalink