Wirtschaft | Interview

„Aufgeben werden wir nicht“

Anita Perkmann, Generalsekretärin der Gewerkschaft für Transport und Verkehr FLT/CGIL über den Streik der SASA-Mitarbeiter.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Cgil-Agb

Die Transportgewerkschaften haben am 1. Juni einen staatsweiten Streik im öffentlichen Personen-Nahverkehr ausgerufen. Was sind die größten Problematiken für das SASA-Personal?

Anita Perkmann: Beim Streik geht es um die Erneuerung des nationalen Kollektivvertrags (KV). Dieser ist seit drei Jahren, seit 2017, verfallen und von Seiten der Arbeitgeber besteht keine Bereitschaft, diesen zu erneuern. In den letzten zwölf Jahren wurde der KV nur einmal verlängert. Wenn man bedenkt, dass eine Verlängerung drei Jahre dauert, fehlen den Arbeitern acht Jahre an Lohnerhöhung und somit jedem Arbeiter im Transportwesen zwischen 240 und 300 Euro netto.

Was sind die Forderungen der Gewerkschaften?

So schnell wie möglich den KV erneuern und einen territorialen Zusatzvertrag für Südtirol, beziehungsweise für die einzelnen Betriebe. Ein Busfahrer wird bei der SASA mit 1.250 Euro plus 100 Euro eingestellt. Das ist kein würdiges Gehalt, das der Verantwortung gerecht wird – und schon gar nicht für Südtirol.

Gibt es in Südtirol Unterschiede zum restlichen Italien?

Der große Unterschied zum restlichen Italien sind die extrem hohen Lebenserhaltungskosten, besonders das Wohnen ist extrem teuer. Eine Wohnungsmiete von 800 bis 1000 Euro sind mit diesen Gehältern Luxus.

Es ist bereits der dritte Streik in diesem Jahr. Warum ist es so schwer, den Forderungen nachzukommen?

Die Unternehmen und die Unternehmerverbände sträuben sich gegen eine Erneuerung. Dies ist allerdings nichts Neues, das kommt jedes Mal vor. Obwohl mit öffentlichen Geldern finanziert, haben sie nichts für die Arbeiter und deren Löhne übrig.

Nun hat sich doch etwas bewegt, nach dem dritten Streik.

Ja, das Transportministerium in Rom hat nach der Protestaktien versprochen, die Regie bei den Vertragsverhandlungen zu übernehmen. Das macht Hoffnung.

Hat Corona eine neue Arbeitskultur im Transportwesen geschaffen bzw. zu mehr Wertschätzung des Personals geführt?

Nein, die Arbeit der Transportmitarbeiter in dieser schwierigen Zeit an vorderster Front wurde als selbstverständlich hingenommen und nicht honoriert. 

Was bleibt noch zu tun für die Zukunft?

Das größte Problem sind die Arbeitsbedingungen und die niedrigen Löhne und Gehälter. Während erstere immer schlechter werden, bleiben die Erhöhungen aus. Es braucht unserer Meinung nach dringend Zusatzverträge, das heißt Betriebsabkommen. Besonders die SASA – ein In-house Betrieb mit Landesbeteiligung – benötigt dringend ein gutes Betriebsabkommen. Nur den Kollektivertrag eins zu eins anwenden ist zu wenig. Wir haben Turnuszulagen von 52 Cent und Sonntagszulagen von knapp 5 Euro, nur um einiges zu nennen.

Was stellen Sie sich konkret vor?

Ideal wäre ein territoriales Zusatzabkommen für alle Verkehrsbetriebe. Ein Vorschlag von Seiten der Gewerkschaften liegt vor. Durch die Ausschreibung der Dienste rückt dieses allerdings in weite Ferne und in naher Zukunft werden wir wohl nur davon träumen dürfen. Aber wenn es auch unmöglich scheint, aufgeben werden wir nicht.