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Knirscht es im Gebälk?

Nicht Corona, sondern ein Streit zwischen SVP und Lega habe zur Absage des Regionalrats geführt, vermuten Oppositionsvertreter. Es geht um die Autonomie und die Autobahn.
Kompatscher & Fugatti am 9. Oktober 2020
Foto: LPA/Othmar Seehauser

Wegen Corona gestoppt? Gleich mehrere Oppositionsvertreter glauben, dass hinter der Absage der für diese Woche anberaumten Regionalratssitzungen ein ganz anderer Grund steckt. Am Dienstag hatte Präsident Roberto Paccher (Lega) den Abgeordneten mitgeteilt, dass die Sitzungen auf telematischem Wege nachgeholt werden sollen. Auch, weil “sich einige Regionalratsabgeordnete in Quarantäne befinden”.

Auf der Sitzung der Fraktionssprecher, die am Mittwoch in Trient stattgefunden hat, erfuhren diese dann, ein Regionalratsabgeordneter positiv auf Corona getestet wurde und ein weiterer – beide aus dem Trentino – in häuslicher Isolation befindet. “Das sind die ‘Pandemie’-Zahlen hier im Regionalrat”, sagt ein Oppositioneller sarkastisch. “Der echte Grund für die Verschiebung der Sitzungen ist wohl, dass SVP und Lega streiten.”

Ulli Mair hat denselben Verdacht. Die Freiheitliche nimmt die jüngste Verschiebung zum Anlass, um wiederholt Kritik an der Institution Regionalrat zu üben. “Bereits im Mai wurde vom Präsidium ein Beschluss angekündigt, der es ermöglichen würde, Videokonferenzen abzuhalten. Doch bis zum heutigen Tage ist nichts passiert. Anstatt endlich die technischen Voraussetzungen zu schaffen oder einen entsprechend großen Saal für die Abhaltung einer Sitzung zu organisieren, werden stets neue Ausreden ins Feld geführt. Die jüngste Begründung weshalb die Sitzung des Regionalrates abgesagt wurde, sind zwei Abgeordnete, die sich in Quarantäne befinden. Die Wahrheit ist jedoch, dass es im Gebälk der Mehrheit aus Lega und SVP knirscht”, schreibt Mair in einer Aussendung.

 

Autonomie und Autobahn

 

Bei den Sitzungen diese Woche hätte sich der Regionalrat mit den Gutachten zu vier Verfassungsgesetzentwürfen befassen sollen, die die SVP-Senatoren 2018 eingereicht haben und mit denen die Autonomie ausgebaut werden soll. Der Südtiroler Landtag hat 2018 und 2019 vier positive Gutachten abgegeben, während sich der Landtag von Trient und der Regionalrat bisher nicht ausgesprochen haben. Im Juni dieses Jahres genehmigte der Regionalrat schließlich einen Beschlussantrag, der die Regionalregierung verpflichtet, “die Abgabe eines positiven Gutachtens” zu fördern. Eingereicht hatte den Antrag Gert Lanz, aber auch die Südtiroler und die Trentiner Lega setzten ihre Unterschrift darunter.

Doch offenbar “sind sich SVP und Lega weiterhin uneinig, was die Abstimmung zu den Gutachten zu den vier Verfassungsgesetzentwürfen zum Ausbau der Autonomie anbelangt”, meint Paul Köllensperger. Die Verstimmungen zwischen SVP und Lega seien “wohl der wahre Grund, warum die Sitzung diese Woche abgesagt wurde”, vermutet der Team-K-Parteichef. “Das könnte man noch als lästiges Parteischarmützel abtun”, fährt er fort, “äußerst bedenklich wird der SVP-Lega-Streit aber, wenn es um die Umwandlung der Autobahngesellschaft A22 in einen Inhouse-Betrieb geht”.

 

Riskiert Trient die Ausschreibung?

 

Schon seit Längerem zeichnet sich ab, dass die Region bzw. die beiden Autonomen Provinzen in Sachen A22-Konzession nicht mehr an einem Strang ziehen. Es geht um die Auszahlung der privaten Gesellschafter, die durchgeführt werden muss, damit die Konzession allein in die öffentliche Hand übergehen kann. Doch während sich Arno Kompatscher in Rom für ein Ende der ewigen Konzessions-Geschichte einsetze, rühre der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti keinen Finger, kritisiert etwa sein Vorgänger Ugo Rossi. “Sottotraccia, da mesi, i soci del sud, che hanno meno interessi a che la concessione vada alle Province autonome e alla Regione Trentino-Alto Adige, hanno trovato il sostegno di Fugatti. Il presidente della nostra provincia fa gli interessi dei veneti. Come? Dicendo apparentemente di sì a Kompatscher e al tempo stesso non facendo nulla nella direzione perseguita da anni dalla nostra Regione.”

“Lega-Chef Fugatti scheint das Vorhaben Inhouse-Gesellschaft zu torpedieren”, meint auch Köllensperger, “zum Schaden der Region und der beiden Provinzen. Eine Ausschreibung der Konzession mit ungewissem Ausgang wird immer wahrscheinlicher”.

Während die Suche nach einem neuen Konzessionär bzw. nach Einigkeit beim weiteren Vorgehen weiter läuft, hat das Parlament die A22-Konzession, die seit 2014 abgelaufen ist, ein weiteres Mal verlängert: bis 29. Dezember 2020.