Politik | Autonomiekonvent

Welchen Wind für die Autonomie?

Ab 18 Uhr diskutiert der Konvent der 33 über das Abschlussdokument. Längst nicht alle sind mit dessen Inhalt einverstanden.
Südtirol-Fahne
Foto: Südtirolfoto/Udo Bernhart

“Ich bitte um Verständnis, aber bevor das Dokument nicht offiziell präsentiert und diskutiert wurde, werde ich dazu nichts sagen.” Über seine Mitarbeiter lässt der Landeshauptmann am Donnerstag ausrichten: Er wird sich vor der Sitzung des Autonomiekonvents Freitag Abend nicht äußern. Dabei gäbe es genug zu sagen.
Die Arbeiten des Konvent gehen in die Endrunde. Eineinhalb Jahre lang wurde über die Zukunft der Autonomie diskutiert, Ideen für die Reform des Autonomiestatutes ausgearbeitet. Nun liegt ein Entwurf für das Enddokument vor – ausgearbeitet von den Juristen Esther Happacher, Renate von Guggenberg und Roberto Toniatti. Sie hatten den Auftrag erhalten, die verschiedenen Positionen der 33 Konventsmitglieder zu den einzelnen Makrothemen zusammenzufassen. Ab 18 Uhr werden sich die 33 mit dem Entwurf beschäftigen. Dieser sorgt für Zündstoff. Nicht nur wegen des Verweises auf die “christlichen Wurzeln des Landes”, der in die Präambel aufgenommen werden soll.

Was rein soll

Obwohl es im Konvent keinen breiten Konsens dazu gab, steht im Dokument, dass die Region Trentino-Südtirol abgeschafft werden sollte. Weiters ist im Entwurf die Abschaffung des Regierungskommissariats vorgesehen. Bereits im April 2014 hatte sich der Landtag mehrheitlich dafür ausgesprochen. Außerdem: ein eigener Verfassungsrichter für die Rechtssachen, die Südtirol betreffen (einige in Konvent haben sich sogar für einen eigenen Verfassungsgerichtshof in Südtirol ausgesprochen); von Trient unabhängige Gerichtsbehörden; primäre Gesetzgebungsbefugnisse in all jenen Bereichen, für die nicht ausschließlich der Staat zuständig ist; Aufwertung der ladinischen Sprachgruppe; Beibehaltung des ethnischen Proporz, der einsprachigen Schule und der Ansässigkeitsklausel, die besagt, dass das Wahlrecht nach vierjähriger Ansässigkeit ausgeübt werden darf. Das sind im Groben die Vorschläge, die Happacher, von Guggenberg und Toniatti auf 33 Seiten festgehalten haben.

Abschluss im Streit?

Das gesamte Dokument trägt stark die Handschrift von Luis Durnwalder, der die Arbeiten im Konvent immer wieder mit Themen und Vorschlägen dominiert hatte – mit Rückenwind der patriotischen Front. Positionen der Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertreter hingegen scheinen kaum vorhanden.
“Manca solo un riferimento esplicito all’autodeterminazione, per il resto la bozza del documento finale della Convenzione dei 33 pare il manifesto dei secessionisti sudtirolesi, kommentierte der Journalist Marco Angelucci zuletzt im Corriere dell’Alto Adige. Unisono berichten die italienischsprachigen Medien des Landes am Freitag von der Kritik, die von italienischsprachiger Seite an dem Entwurf der drei Juristen kommt.
Riccardo Dello Sbarba und Laura Polonioli haben angekündigt, einen Alternativvorschlag zu verfassen. Den Grünen Landtagsabgeordneten, der einer der aktivsten Mitglieder im Konvent war, stört vor allem, dass gewisse Themen, zu denen es – im Gegensatz zu einigen, die Happacher, von Guggenberg und Toniatti festgehalten haben – einen breiten Konsens gegeben habe, im Entwurf nicht berücksichtigt wurden. “Wie etwa mehr Demokratie und ein modernes Zusammenleben mit weniger ethnischen Fesseln”, so Dello Sbarba. “In Widerspruch mit den Grundprinzipien der Autonomie, die noch am Sonntag in Meran hochgelobt wurden” sind einige der Vorschläge im Abschlussdokument für Claudio Corrarati. Dass die Rolle des Staates derart ausgehöhlt werden soll sei “kurzsichtig”, schimpft Alessandro Urzì: “Chi ha redatto le conclusioni della Convenzione doveva avere il coraggio di usare la parola secessione dall’Italia perché il documento è ispirato non ad un patriottismo dell’Autonomia ma ad un provincialismo indipendentista.”
Auch Roberto Bizzo scheint nicht glücklich über den Entwurf zu sein. Er will ihn allerdings genau studieren bevor er Position bezieht.

Auch der Landeshauptmann schweigt – vorerst. Aber Arno Kompatscher wird auch nicht alleine entscheiden, welche Vorschläge schließlich in Rom vorgebracht werden. Das Abschlussdokuments des Konvents bildet bekanntlich “nur” die Grundlage zur Revision des Autonomiestatuts. Gemeinsam mit eventuellen Alternativvorschlägen und dem Endbericht aus dem Forum der 100. All diese Papiere werden am 22. September dem Landtag präsentiert. Über den konkreten Vorschlag zur Überarbeitung des Autonomiestatus, der dann nach Rom übermittelt wird, werden am Ende die Landtagsabgeordneten abstimmen.

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Patrick Dejaco Fr., 16.06.2017 - 22:35

Wieso "Abschluss im Streit?" Die heutige Sitzung hat gezeigt, dass ausnahmslos alle Konventmitglieder den Entwurf der Rechtserxpertinnen gelobt haben. Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen, dass nennt sich dann Demokratie, Pluralismus und nicht Streit. Es wäre schön, wenn unsere Medien endlich mal imstande wären, etwas differenzierter zu berichten. Ich empfehle unseren Journalisten, entweder mal den Konvent zu besuchen oder sich das Video auf der Konventseite anzuschauen und danach zu berichten, ob wir gestritten haben.

Fr., 16.06.2017 - 22:35 Permalink
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Patrick Dejaco Fr., 16.06.2017 - 22:38

Weiters empfehle ich die Sendung "Ansichtssache" im Rai Südtirol (auch als Podcast) anzuhören. Hier kommen Konventmitglieder zu Wort und berichten von ihren Erfahrungen im Konvent.

Fr., 16.06.2017 - 22:38 Permalink