Gesellschaft | Hofburggarten

Gestoppter Heller

Das Verwaltungsgericht hat den Auftrag an den Künstler André Heller als nicht rechtens befunden und annulliert. Das Ende eines umstrittenen Millionenprojekts?
Hofburggarten
Foto: Othmar Seehauser
Giandomenico Pittelli ist sichtlich zufrieden. „Es ist ein Sieg auf ganzer Linie“, sagt der Bozner Anwalt. Pittelli hat zusammen mit seinem Partner Ivan Bott am Bozner Verwaltungsgericht am Montag einen Rekurs für die Südtiroler Architektenkammer gewonnen. Es geht dabei um ein Verfahren, das Südtirolweit gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Sprengkraft besitzt.
Denn mit dem Urteil, das am Montag veröffentlicht wurde, wird ein umstrittenes Millionenprojekt gestoppt, um das es seit Jahren einen politischen Konflikt gibt: André Hellers Gestaltung des Brixner Hofburggartens.
Das Verwaltungsgericht hat jetzt die Beschlüsse und Maßnahmen annulliert, mit denen die Gemeinde Brixen den Wiener Multimediakünstler André Heller den Auftrag zur Gestaltung des Brixner Hofburggartens mit bewilligten Kosten von 1,2 Millionen Euro erteilt hat.
Es ist ein richterlicher Stopp, der den hochtrabenden Plänen der Brixner Stadtverwaltung einen ordentlichen Strich durch die Rechnung macht.
 

Die Vorgeschichte

 
Der Brixner Hofburggarten ist eine der schönsten Gartenanlagen im Alpenraum. Seit 1990 als öffentliches Grün eingetragen, hat die Gemeinde Brixen das Areal seit 2008 angemietet. Der Öffentlichkeit kam die Anlage aber kaum zugute. Denn in knapp zehn Jahren war der Garten nur 327 Tage geöffnet.
Auch auf Druck der Bevölkerung entschieden die Stadtverwalter 2012, eine Ausschreibung für eine Neugestaltung der Parkanlage zu machen. So wurde 2013 ein internationaler Planungswettbewerb zur Gestaltung des Brixner Hofburggartens durchgeführt, an dem sich 94 Bewerber aus dem In- und Ausland beteiligten. Als Sieger ging schließlich eine Meraner Bietergemeinschaft aus „Studio Freilich Landschaftsarchitektur“ und „Studio Höller&Klotzner Architekten“ hervor. Die Gewinner wurden von der Gemeinde Brixen mit der Ausarbeitung eines Vor- und Einreichprojektes beauftragt, das vom Stadtrat 2014/15 auch gutgeheißen wurde.
 
 
Doch dann erfolgte ein politischer Kurswechsel. 2016 ließ die SVP-PD-Koalition das Projekt der Wettbewerbssieger kurzerhand fallen. Plötzlich stand ein ganz anderes Projekt im Raum. Ein Garten, gestaltet vom Wiener Künstler André Heller, der bereits mehrere Schaugärten in Europa und Nordafrika angelegt hat. Der Hofburggarten sollte so zum Event werden, das der Domstadt zusätzliche touristische Attraktivität und Einnahmen bringt.
Doch dagegen formierte sich weit über Brixen hinaus ein breiter Widerstand. Nicht nur die Brixner Grünen und eine überparteiliche Initiativgruppe machten gegen diese Pläne mobil, auch honorige in- und ausländische Fachleute solidarisierten sich mit den Gegnern.
 

Vergabe & Rekurs


Die Brixner Gemeindeverwaltung wollte davon nichts hören. Es fanden mehrere Treffen mit André Heller statt, und der Künstler kam auch zum Lokalaugenschein in den Hofgarten nach Brixen. Dabei wurde man sich schnell handelseins.
Am 13. Mai 2020, mitten in der Zeit des ersten Lockdowns, fasste der Brixner Stadtrat einen Dringlichkeitsbeschluss, mit dem man dem Wiener Künstler André Heller den Auftrag zur Gestaltung des Brixner Hofburggartens im Kostenausmaß von 1,2 Millionen Euro erteilt. 
 
 
Mehrmals hatte die Südtiroler Architektenkammer bereits lange vorher sowohl in Gesprächen mit der Gemeinde Brixen als auch öffentlich darauf hingewiesen, dass diese Vorgangsweise der Brixner Stadtverwaltung gegen die Bestimmungen zur öffentlichen Auftragsvergabe verstoßen würde. Gehör fand die Standesvertretung in Brixen damit aber nicht.
Im Juni 2020 reichte die Architektenkammer deshalb über das Anwaltsbüro „Baur & Partner“ Rekurs beim Verwaltungsgericht gegen diese Direktvergabe an Heller ein. Als im Juli in der Gerstburg die Dringlichkeitsverhandlung stattfinden sollte, erklärten der Anwalt der Gemeinde Brixen, Nicola De Nigro, dass die Stadtverwaltung die Umsetzung des Vertrages mit Heller so lange ruhen lässt, bis dieser Rechtsstreit geklärt sei. Damit zogen die Rekurseinbringer den Dringlichkeitsantrag zurück. Am vergangenen Samstag ging schließlich vor dem Verwaltungsgericht die Hauptverhandlung über die Bühne.
Der Ausgang ist eine einzige Watschen für die Brixner Stadtherren und -damen.
 

Unkorrekte Gemeinde

 
Der Richtersenat Alda Dellantonio, Terenzio Del Gaudio, Margit Falk Ebner und als Urteilsverfasserin Edith Engl hat in allen Punkten den Rekurswerbern Recht gegeben und alle Verwaltungsmaßnahmen aufgehoben, mit denen der Stadtrat einer Gesellschaft von André Heller den Auftrag Hofburggarten erteilt hat.
„Die Vorgangsweise der Gemeinde war nicht korrekt“, kommen die Richter zu einem eindeutigen Urteil. Demnach hat die Stadtverwaltung sowohl inhaltlich wie auch formal rechtswidrig gehandelt.
 
 
Die Argumentation der Stadtverwaltung: Man habe keinen Planungs- oder Dienstleistungsauftrag vergeben, sondern eine sogenannte „unersetzliche Dienstleistung“ für eine künstlerische Gestaltung direkt zugeschlagen. Für solche unersetzlichen Leistungen habe der Gesetzgeber aber ausnahmsweise die Wettbewerbspflicht ausgeschlossen. Diese Sicht der Dinge wird im Urteil gründlich widerlegt:
 
„Die streitgegenständliche Vergabe hätte öffentlich ausgeschrieben werden müssen, da die Gestaltung des Hofburggartens an und für sich keine unersetzliche Leistung darstellt, was auch dadurch belegt ist, dass die Gemeinde anfangs einen Ideenwettbewerb dafür ausgeschrieben hatte, aus dem die Bietergemeinschaft „Freilich Landschaftsarchitektur und Studio Höller&Klotzner Architekten“ als Siegerin hervorgegangen ist.“
 
Die Architektenkammer hat im Verfahren auch eingewandt, dass die in der Vergabe mitenthaltenen Planungsleistungen nicht an den Künstler/bzw. an seine Handelsgesellschaft vergeben werden dürfen, da diese eine qualifizierte Berufsausbildung erfordern. Auch in diesem Punkt gibt das Gericht den Klägern recht:
 
„Das Konzept umfasst eindeutig verschiedene Planungsleistungen, die gemäß den geltenden Vergabebestimmungen unter qualifizierten Freiberuflern auszuschreiben gewesen wären.“
 
Mit dem Urteil werden nicht nur der Dringlichkeitsbeschluss des Stadtrates der Gemeinde Brixen vom 13. Mai 2020, mit welchem „dem Büro André Heller GmbH der Auftrag für die einzigartige künstlerische Gestaltung des Hofburggartens“ übertragen wurde, sondern auch der Gemeinderatsbeschluss vom 14. Dezember 2017 aufgehoben, mit dem die Weichen für das Heller-Projekt gestellt wurden.
Demnach wird die Zeit um drei Jahre zurückgedreht. Und es gibt immer noch einen Wettbewerbssieger. „Wir gehen davon aus, dass das ursprüngliche Siegerprojekt jetzt umgesetzt wird“, meint Anwalt Giandomenico Pittelli.
Es wird sich zeigen, was sich Peter Brunner & Co jetzt noch einfallen lassen.
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Roman Zanon Di., 17.11.2020 - 10:04

Freue mich außerordentlich über diese Entwicklung und hoffe, dass das Projekt, das unter der Regie von Ex-Bürgermeister Hrn. Pürgstaller erarbeitet wurde, nun endlich für die Brixner Bevölkerung - nachhaltig, umweltfreundlich und sensibel - verwirklicht wird.

Di., 17.11.2020 - 10:04 Permalink
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Johann Georg B… Di., 17.11.2020 - 13:02

Richtige Entscheidung.
Das Projekt war zu teuer , der Projektant wollte sich ein Denkmal schaffen.
Ein Park soll familienfreundlich und schön sein.

Di., 17.11.2020 - 13:02 Permalink
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Bruno Pasquazzo Do., 19.11.2020 - 13:01

Wie drohte schon der Müller von Sanssouci seinem Landesherrn?
"Es gibt Richter in Berlin"!. Offenbar gibt es sie auch in Bozen. Leider kann man den Herrschaften in Brixen nicht verwehren, weiter auf Kosten anderer Prozesse zu führen....

Do., 19.11.2020 - 13:01 Permalink