Umwelt | Bienendach

"Wir wollten bewusst ein Zeichen setzen"

Direktor Thomas Mur im Gespräch über die Vorbildfunktion der Messe Bozen und die Möglichkeiten für ein bienenfreundlicheres Südtirol.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Messe Bz - Bienenhaus
Foto: ©Fiera Messe

 

Salto.bz: Herr Mur, wie kamen Sie auf die Idee, das Dach der Messe Bozen in ein ökologisches Bienendach zu verwandeln?
Thomas Mur: Das Dach der Messe musste saniert werden und da haben wir uns intensiv mit den Möglichkeiten der Dachbegrünung auseinandergesetzt. Seit einigen Jahren wird von Seiten der Gemeinde Bozen und Eurac Research an der Aufwertung der Zone Bozen Süd gearbeitet und im Zuge dessen sollen die Flachdächer vermehrt begrünt werden. Die Idee hat uns gut gefallen und als Messe wollten wir da auch bewusst ein Zeichen setzen.
Eine solche ökologische Sanierung kostet natürlich etwas mehr, das mussten wir abwägen. Nachdem aber die Nachhaltigkeit auch eines unserer strategischen Ziele ist, hat sich dann die Diskussion recht schnell in diese Richtung entwickelt und wir haben uns entschieden, dass das Dach der Messe ein Bienendach werden soll.

Hat die Messe Bozen Ihrer Meinung nach eine Vorreiter- oder Vorbildfunktion zu erfüllen?
Ja, ich denke schon, dass die Messe ein Vorbild für Innovation sein sollte. Das Bienendach ist ein Pilotprojekt, dem hoffentlich viele andere Gebäude folgen werden. Die 500 Quadratmeter Dachfläche, die wir jetzt begrünt haben, sind insgesamt gesehen nur ein kleiner Beitrag, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. In Bozen Süd sind solche ökologischen Dächer besonders wichtig, weil sie das Mikroklima der Umgebung positiv beeinflussen. Wir wissen zum Beispiel, dass die Durchschnittstemperatur in Bozen Süd höher ist als in anderen Bereichen der Stadt, weil es weniger Begrünung gibt. Das kann man ändern.

 

Wie lang haben die Umbauarbeiten gedauert und was genau wurde gemacht?
Das ging recht schnell, insgesamt zirka vier bis fünf Monate. Auf 500 m² wurden bienenfreundliche Vegetation, drei Feuchtstellen und ca. 100 m² Gehwege angelegt. Außerdem wurden auch Mauersteine, Ziegel und Altholz als Nistmöglichkeit für Wildbienen aufgestellt.

Welche Vorteile hat so eine Dachbegrünung?
Eine Dachbegrünung sorgt für bessere Wärmedämmung, Schallabdichtung und wertet das Stadtbild auf. Sehr wichtig ist auch die Fähigkeit Staub- & Schadstoffe in urbanen Zonen zu binden. Die Pflanzen auf dem Dach binden bis zu 20 Prozent des Staubes in der Luft. Nitrate und andere Stoffe werden festgehalten, von den Pflanzen verwertet und so wird die Feinstaubbelastung reduziert. Durch Wasserrückhalt und Verdunstung wird die Luft mehr befeuchtet und das sorgt für eine Temperaturabnahme in der Umgebung. Diese Wirkung kommt auch den Räumlichkeiten zugute und trägt zur Verbesserung des Mikroklimas bei.
Und es hat natürlich den Vorteil, geeignete Lebensräume für Bienen, Wildbienen und Insekten zu schaffen. Als Lebensraum benötigen sie eine Vegetation, die über die ganze Saison Nahrung bietet, Nistmöglichkeiten, wie Spalten in Trockenmauern und Feuchtstellen, um Wasser aufzunehmen.

 

Wie werden die Bienen „verwaltet“?
Das Bienendach ist aus einer Kooperation mit der Firma Trenkwalder & Partner und der Firma Climagrün entstanden. Die haben die Begrünung bewusst so gestaltet, dass die Biodiversität sich eignet, um ein Bienenvolk aufzubauen. Die Bienen selbst sammeln aber nicht nur auf dem Dach der Messe Bozen, sondern bewegen sich im Umkreis mehrerer Kilometer in den angrenzenden Gebieten.
Die Bienen der Messe Bozen betreut der Imker Michael Hafner aus Meran. Er hat im März einen Bienenstock mit einem 15.000 Bienen starken Bienenvolk aufgebaut. Die Anzahl der Bienen wächst bis Ende des Sommers auf ca. 60.000 Bienen an und sie werden zirka 15 kg Honig produzieren.

Was passiert mit dem Honig, der auf dem Messedach produziert wird?
Als erster Gedanke wird der Honig wohl als kleines Geschenk an die Mitarbeiter der Messe gehen.

Ist das Dach nur für die Bienen gedacht oder gibt es auch ein paar Sitzgelegenheiten, wo die Mitarbeiter in der Mittagspause ein bisschen Luft schnappen können?
Das Dach ist in erster Linie nur für die Bienen gedacht, weil es auch keine ganz ebene Fläche ist. Da das Dach nicht von vorneherein als ökologisches Dach angelegt worden ist, sind dort auch verschiedene Geräte und Luft- bzw. Heizungsschächte. Deshalb ist es als Aufenthaltsort für die Mittagspause nicht außerordentlich ästhetisch, aber um ein bisschen Luft zu schnappen und die Aussicht zu genießen eignet es sich auf jeden Fall.

©Fiera Bolzano

 

Die Messe Bozen ist für die Klimahouse Messe bekannt. Lag dadurch die Idee mit dem ökologischen Dach näher?
Ja, natürlich hat das miteinander zu tun. Wir haben, als die Sanierung des Dachs bevorstand, auch mit unseren Partnern der Klimahaus Agentur gesprochen. Sie haben uns auf die bessere Wärme- und Schallisolierung hingewiesen. Und je nach Aufbau fängt so ein Dach 50-90% des Regenwassers auf, was wiederum für das Mikroklima in der Umgebung wichtig ist. Es gab also aus Sicht der Nachhaltigkeit auf jeden Fall gute Gründe, diese zusätzliche Investition des Bienendachs zu tätigen.

Andererseits findet in Bozen auch die Interpoma, die größte Apfelmesse der Welt statt. Da assoziiert man dann schnell Themen wie Monokulturen und Pestizide, die für Bienen problematisch sind. Wird die Messe Bozen in seiner Vorbildfunktion sich in Zukunft auch noch mehr für eine bienenfreundlichere Apfelwirtschaft einsetzen?
Wir haben auch jetzt schon bei der Interpoma einen Fokus auf die intelligente Schädlingsbekämpfung, die mit Pheromonen statt Pestiziden arbeitet.
Das ist ein sehr komplexes Thema, über das wir uns aber mit den verschiedenen Akteuren bei der Interpoma und der Landwirtschaft austauschen. In Südtirol wird schon länger der integrierte Anbau betrieben, der bereits ökologischer ist als der konventionelle.
Aber es ist sicherlich so, dass das Thema Nachhaltigkeit immer weiter an Dringlichkeit gewinnt. In China wird zum Beispiel aus Mangel an bestäubenden Insekten, die Bestäubung der Apfelbäume von Menschenhand gemacht. Im Rahmen der dortigen Messe haben wir versucht die Aufmerksamkeit für dieses Problem zu erhöhen, neue Lösungsansätze vorgestellt und dadurch entsprechenden Austausch in den Fachmedien gefördert. Wir haben in China zum Beispiel die Schweizer Firma Wildbiene+Partner vorgestellt. Die hat sich auf fundierte Aufklärungsarbeit und gezielte Vermehrung von Wildbienen spezialisiert.

Es ist sehr wichtig, dass das Bienen-Thema weltweit in den Vordergrund gerückt wird. Und da kann auch die Messe Bozen einen kleinen Beitrag zu leisten.

 

 

(Interview: Lucia de Paulis)