Wirtschaft | WIFO

Fachkräfte gesucht

Der Fachkräftemangel ist auch in Südtirol ein reales Problem. Wie real, zeigt nun ein Bericht des WIFO. Was Unternehmen, Politik und Sozialpartner tun können.
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Foto: Foto: Salto.bz

Südtirol sei traditionell ein Land mit niedriger Arbeitslosenquote und Tendenz zur Vollbeschäftigung. Für insbesondere mittlere Unternehmen wird es aber zunehmend schwieriger, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden und langfristig zu binden. Das geht nun aus einer Erhebung des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO der Handelskammer Bozen hervor.

Im Rahmen der Umfrage gab rund ein Drittel der ungefähr 1.700 befragten Betriebe in Südtirol den Fachkräftemangel als ein Problem für das eigene Unternehmen an. Verglichen mit den Nachbarländern Österreich und Deutschland ein geringer Wert. Doch in erster Linie Sektoren wie das Gastgewerbe, die Landwirtschaft oder das Baugewerbe sind vom akuten Mangel an Arbeitskräften mit einem Mindestmaß an Qualifikationen betroffen. Dabei sind größere Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern seltener betroffen als mittelständische Unternehmen mit bis zu 50 Angestellten. Dort stellt der Arbeitskräftemangel sogar für mehr als 60% ein Problem dar. Auch Großbetriebe rechnen in Zukunft aber verstärkt mit Komplikationen bei der Personalsuche.

Warum die Nachfrage an Fachkräften in Zukunft steigen wird und es unvermeidlich zu Engpässen kommen wird, lässt sich grundlegend mit dem demographischen Wandel erklären. „Der quantitative Aspekt des Fachkräftemangels wird sich in den nächsten Jahren zuspitzen. Es wird mehr Austritte geben als Eintritte. Davon verschont bleiben wird kein Sektor“, ist sich Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer sicher.

Im Bericht des WIFO wird außerdem die Diskrepanz zwischen Bildungs- und Arbeitsmarkt erwähnt. Zudem entstünden neue Tätigkeitsfelder, für die es noch keine Ausbildung gäbe. Mehr als die Hälfte der Unternehmen mit Fachkräftemangel beziffern vor allem die fehlenden Qualifikationen potentieller Bewerber als einen der Hauptgründe für die erschwerte Personalsuche. In der Landwirtschaft betrifft dies 8 von 10 Betrieben. Die Ursachen sind jedoch je nach Sektor unterschiedlich. Generell sei aber anzumerken, dass wir in einer Zeit der erhöhten Mobilität leben und junge Menschen es einfacher hätten, ihren Arbeitsplatz je nach Attraktivität der Anstellung zu wechseln, meint Georg Lun vom WIFO.

Währenddessen ist die mit Abstand meistgenannten Folge des Fachkräftemangels die Mehrbelastung der vorhandenen Belegschaft. Weiters müssten auch vermehrt Aufträge abgelehnt und Einbußen bei der Produkt- und Dienstleistungsqualität in Kauf genommen werden. Wie dem entgegengewirkt werden kann, versucht der Bericht zu erläutern. Demnach besteht beginnend bei den Themen Personalsuche- und Management gehörig Nachholbedarf. So verlasse man sich hauptsächlich auf persönliche Kontakte und Inserate in Zeitungen, um Arbeitskräfte aus der Nähe anzuheuern. Die potentielle Reichweite bei der Personalsuche sei somit limitiert. Zudem nutze nur ca. jedes Sechste Unternehmen Praktika zur proaktiven Rekrutierung.

Unterdessen versuchen jedoch mehr als 40% der Unternehmen mit besagtem Problem, durch flexiblere Arbeitszeiten und leistungsabhängige Entlohnung attraktiver zu werden. Zunehmend gefragt bei Arbeitnehmern sei auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sowohl bei diesen Maßnahmen als auch bei der Rekrutierung zeigen sich Unterschiede je nach Größe des Betriebes: große Unternehmen agieren laut WIFO wesentlicher professioneller, greifen auf mehr Kanäle bei der Personalsuche zurück und bieten mehr Zusatzleistungen.

Die Forderungen von Seiten der Unternehmen an Politik und Sozialpartner betreffen vor allem die Verbesserung der Rahmenbedingungen im Bildungsbereich und eine Imageaufwertung bestimmter Berufszweige, um eine Gleichwertigkeit der Ausbildungswege sicherzustellen. Im Bericht des WIFO wird jedoch kritisch angemerkt, dass mehr Eigeninitiative vonseiten der Unternehmen wünschenswert wäre.  

Wie die Handelskammer abschließend bekannt gab, wird es ihrerseits eine Reihe von Initiativen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels geben. Das Networking-Treffen Talente-Aperitivo findet im November an Universitäten in München, Wien und Graz statt und soll Südtiroler Unternehmen mit Südtiroler Studierenden vernetzen. Weitere Veranstaltungen sind im Rahmen der Initiative Talent Management geplant.