Vatikan
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Der Weihnachtsputz

Der 73-jährige Kardinal Giovanni Becciu galt lange als Nummer zwei im mächtigen vatikanischen Staatssekretariat. Jetzt wurde er zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.
  • Es ist ein Ereignis, das für Schlagzeilen sorgt und das die katholische Kirche bis ins Mark trifft. In einem fast zwei Jahre dauernden Prozess hat ein Gericht den römischen Kardinal Giovanni Becciu zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Gleichzeitig wurde er auf Lebenszeit von allen öffentlichen Ämtern suspendiert.
    Über zwei Jahre dauerte der Monsterprozess vor dem Strafgericht des Kirchenstaats. 
    Es ist ein Ereignis von beträchtlicher Sprengkraft, denn der 73-jährige Becciu galt lange als Nummer zwei im mächtigen vatikanischen Staatssekretariat. Neben ihm waren Geistliche, Banker, Broker, Finanzjoungleure, Geschäftsleute und der Schweizer Geldwäsche-Spezialist Rene Brülhart angeklagt, kirchliche Gelder massiv missbraucht zu haben. 
    Im Mittelpunkt des Prozesses stand der Kauf einer Luxus-Immobilie im Londoner Nobelstadtteil Chelsea, der unter Beccius Regie eingefädelt wurde und bei dem dem Vatikan hohe Summen verloren hat - nach Schätzungen über 150 Millionen Euro.  Die Anklagepunkte lauteten auf Geldwäsche, Erpressung, Betrug, Veruntreuung, Amtsmissbrauch und Anstiftung zur Falschaussage. Der sardische Prälat, dem Papst Franziskus die Kardinalswürde entzogen hat, leitete lang die vatikanische Finanzaufsicht. 2019 war er nach wachsender Kritik zurückgetreten. 

  • Luxus-Immobilie im Londoner Nobelstadtteil Chelsea: Prozess um Kauf durch Becciu. Foto: Upi
  • Der Prozess fand vor den vatikanischen Gericht statt, das von Giuseppe Pignatone geleitet wird, der bis zu seiner Pensionierung einer der erfolgreichsten Mafiajäger Italiens war und 2019 von Papst Franziskus zum Chef der vatikanischen Justiz ernannt wurde. Mehrfache Anträge auf Verschiebung des Gerichtsverfahrens waren von Pignatone abgelehnt worden.
    Zweieinhalb Jahre und und fast 90 Prozesstage gewährten einen empörenden Einblick in dubiose Transaktionen und fragwürdige Funanzgeschäfte des Vatikans. Becciu hatte mit allen Mitteln versucht, seine Verurteilung zu verhindern und das Verfahren zu verzögern. Er hatte Mitarbeiter bestochen, Beweise bestritten und Gespräche mit dem Papst heimlich aufgezeichnet. Franziskus hatte lange gezögert, ihn fallen zu lassen, nach Ansicht vieler Medien zu lange.

     

    „Zweieinhalb Jahre und und fast 90 Prozesstage gewährten einen empörenden Einblick in dubiose Transaktionen und fragwürdige Finanzgeschäfte des Vatikans.“

     

    Der Corriere della Sera widmete dem Ereignis eine ganze Seite: "Passa la linea dura. L´ex potentissimo numero tre della santa sede condannato a 5 anni e sei mesi di reclusione con interdizione perpetua dai pubblici uffici.
    Nach Überzeugung der Medien seien Beccius Gesetzesverstösse durch die "anachronistische Geheimhaltungskultur im Vatikan" begünstigt worden.