Politik | Parlamentswahlen

Premiere und Zitterpartie

Am 25. September wird zum ersten Mal das neue Wahlgesetz zur Anwendung kommen. Was sich für Südtirol ändert und wer innerhalb der SVP um seinen Sitz bangen muss.
Parlamento
Foto: upi
Für einen Teil der Südtiroler Parlamentarier werden es die letzten heißen Tage in Rom werden.
Denn bei den anstehenden Neuwahlen am 25. September kommt zum ersten Mal das neue italienische Wahlgesetz zu Anwendung. Der Sinn des Gesetzes war die Verkleinerung des Parlaments. Damit wird auch Südtirol bzw. die Südtiroler Volkspartei Federn lassen müssen.
Bei den Parlamentswahlen 2018 hat die SVP den historischen Höchststand ihrer Mandatare in Rom erreicht. Mit Julia Unterberger, Meinhard Durnwalder und Dieter Steger zogen drei SVP-Vertreter in den Senat ein. Dazu kommt der PD-Senator Gianclaudio Bressa, der in einer Listenverbindung mit der SVP im Wahlkreis „Bozen-Leifers“ gewählt wurde.
Ebenso drei Sitze erreichte die SVP erstmals in der Abgeordnetenkammer. Dort sitzen Renate Gebhard, Albrecht Plangger und Manfred Schullian. Ebenso muss man Maria-Elena Boschi (Italia Viva) dazurechnen, die über die PD-SVP-Schiene ebenfalls in Südtirol gewählt wurde.
Dieses Ergebnis wird man 2022 nicht mehr wiederholen können.
 

Im Senat

 
Im Senat hat sich wenig geändert. Südtirols drei Wahlkreise bleiben bestehen. Meinhard Durnwalder dürfte im Senatswahlkreis Ost (Pustertal/Eisacktal/Wipptal) unumstritten sein. Der Pusterer Bezirksobmann wird auch im neuen Senat präsent sein. Auch Julia Unterberger dürfte im Senatswahlkreis West den Wiedereinzug in den Senat schaffen. Obwohl manche in der SVP versuchen, mit ihrem Ex-Ehemann Karl Zeller auch Unterberger zu entsorgen, wird dieses Unterfangen schwierig werden. Die SVP braucht im Senat eine Frau. Im Wahlkreis Ost innerhalb acht Wochen jemand zu finden, der das Standing der streitbaren Meraner Anwältin und Senatorin hat, dürfte ein schwieriges Unterfangen werden.
 
 
 
Der dritte Südtiroler Senatswahlkreis, Bozen-Unterland, wird rein numerisch an einen italienischen Kandidaten bzw. Kandidatin fallen.
Auf dem Schleudersitz befindet sich damit der Bozner Senator Dieter Steger. Steger war 2018 über den sogenannten zwischen Südtirol und dem Trentino "fluktuierenden" siebten Senatssitz in den Palazzo Madama gekommen. Diesen Sitz gibt es jetzt aber nicht mehr.
Auch deshalb dürfte der neugewählte Bozner SVP-Bezirksobmann versuchen, jetzt in die Abgeordnetenkammer zu wechseln. Aber gerade dort wird es verdammt eng.
 

In der Kammer

 
Denn für die Wahl der Abgeordnetenkammer sind die Änderungen durch das neue Wahlgesetz deutlich nachhaltiger. Vor allem hier sind die Personalfragen völlig offen.
Es gibt für Südtirol in der Kammer nur mehr zwei Ein-Mann-Wahlkreise, die nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben werden. Der Wahlkreis Süd umfasst das Unterland, Bozen und Meran. Ob sich hier ein rein deutschsprachiger SVP-Kandidat durchsetzen kann, ist mehr als fraglich.
 
 
 
Dem Wahlkreis Nord - ihm gehören neben dem Vinschgau (ab Naturns) der gesamte Norden über das Wipptal, Pustertal und Eisacktal an - dürfte für die SVP ein Bank sein. Ob in diesem Wahlkreis Renate Gebhard, Albrecht Plangger oder eine Neueinsteigerin für die SVP aufgestellt wird, ist derzeit noch völlig offen.
Dazu werden in einem regionalen Wahlkreis Trentino-Südtirol weiter drei Kammersitze nach dem Verhältniswahlrecht vergeben. Die SVP wird einen dieser drei Sitze gewinnen.
Hier dürfte es zu einem SVP-internen Stechen zwischen Manfred Schullian und Dieter Steger kommen.
 

Die Koalition

 
Sowohl für den Senatswahlkreis Bozen als auch für den Kammerwahlkreis Süd wird die SVP einen italienischen Partner brauchen. Will man verhindern, dass der italienische Mitte-Rechtsblock hier den Durchmarsch macht, wird sich die SVP mit einer italienischen Partei verbinden müssen.
Die entscheidende Grundsatzfrage. Mit wem marschiert die SVP bei diesen Parlamentswahlen? Eine mächtige Seilschaft innerhalb der SVP schielt in Richtung Lega.
Die entscheidende Grundsatzfrage, die man in den nächsten Wochen in der Bozner Brennerstraße dabei klären muss: Mit wem marschiert die SVP bei diesen Parlamentswahlen? Logisch wäre das Wiederaufleben einer Listenverbindung mit dem PD und den moderaten Kräften. Als möglicher Kandidat wird hier etwa der ehemalige Bozner Bürgermeister Luigi Spagnolli ins Spiel gebracht. Er wäre auch für eine breite SVP-Wählerschaft wählbar.
 

 

Doch innerhalb der SVP gibt es eine starke Gruppe, die in die entgegengesetzte Richtung schielt. In Richtung Lega. Dass der SVP-EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann am Freitag im RAI-Morgentelefon völlig unkritisch das Hohelied der Rechtsparteien anstimmt, den Draghi-Rücktritt verharmlost und die Neuwahlen als Betriebsunfall herunterspielt, macht deutlich, wohin die Reise gehen soll. Auch die mächtige Seilschaft um Meinhard Durnwalder fühlt sich politisch der Lega und Forza Italia nahe. Das einzige Problem dürften hier die Brüder und Schwestern Italiens sein. Denn Giorgia Melonis „Fratelli D’Italia“ werden selbst für die rechtskonservative SVP-Basis nur schwer verdaubar sein.
Auch die Frage, ob man die Verbindung mit dem Trentiner PATT wiederbelebt, dürfte vor allem für die regionalen Kammerwahlkreise von Bedeutung sein.
Und die anderen Südtiroler Parteien?
Ihnen wird am 25. September 2022 nur eine Außenseiterrolle zukommen. Sollte sich auch die gesamte deutschsprachige Opposition auch einen gemeinsamen Kandidaten einigen (was mehr als nur unwahrscheinlich ist), so dürfte dennoch kaum mehr als ein Achtungserfolg möglich sein.
Sicher ist: Ein möglicher Rechtsruck der SVP wird die Chancen der Opposition deutlich erhöhen.