Gesellschaft | Ernährung

Anorexia nervosa und Anorexia athletica

Diese Formen von Essstörungen wurden früher unter dem Namen Magersucht zusammengefasst.
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Foto: (c) unsplash

Was man unter den beiden Essstörungen Anorexia nervosa und Anorexia athletica versteht, erklärt schon der deutsche Name: Magersucht – die Angst, Gewicht zuzunehmen, löst ein suchtartiges Verhalten aus, (fast) gar nichts mehr zu essen. Betroffene Menschen sind stark untergewichtig. Sie haben panische Angst an Gewicht zuzunehmen. Aufgrund einer extrem gestörten Körperwahrnehmung haben sie ständig das Gefühl, zu dick zu sein. Bei beiden Essstörungen handelt es sich, wie bei allen Essstörungen um psychogene Erkrankungen, die in jedem Fall eine psychotherapeutische Behandlung erfordern.

Der Unterschied zwischen den beiden Anorexie-Formen liegt darin, dass bei der Anorexia athletica Sport in einer extremen, fast exzessiven Form betrieben wird. Das Ziel ist es, durch die sportliche Aktivität so viel Energie, wie irgendwie möglich, zu verbrauchen, um auf gar keinen Fall an Gewicht zuzunehmen. Auch hier haben die Betroffenen das Gefühl, viel zu dick zu sein. Außerdem wird hier versucht über die gewählte Sportart einen möglichst ästhetisch schönen Körper zu erlangen. Häufige werden gewichts(klassen)abhängige oder Ausdauersportarten gewählt. Zu Beginn wollen die Sportler oft „nur“ durch Reduzierung ihres Körpergewichtes die Leistung steigern. Irgendwann verselbständigt sich dann dieses Sport-Ess-Verhalten.

 

Professionelle Hilfe ist nicht nur für Betroffene, sondern auch für Angehörige wichtig. 

 

Beiden Essstörungen gemein ist, dass die Betroffenen eine extreme Selbstdisziplin aufweisen, zum Perfektionismus neigen und ziemlich lange die Existenz einer Essstörung leugnen.

Die Folgen dieser Essstörungen, wenn sie über einen längeren Zeitraum anhalten sind sehr vielfältig: Aufgrund der zu geringen Nahrungsaufnahme beginnt der Körper eigenes Körpereiweiß (Muskelmasse) zur Energiegewinnung zu verwerten. Wenn die Krankheit schon fortgeschritten ist, greift der Körper auch auf das Eiweiß des Herzmuskels zurück, so dass dieser dann atrophiert (verkümmert). Betroffene haben meist eine niedrigere Pulsfrequenz von unter 30 Schlägen pro Minute und einen stark erniedrigten Blutdruck.

Auch die Tätigkeit des Magen-Darm-Trakts ist stark verlangsamt, so dass häufig Verstopfung, Gastritis und Blähungen auftreten. Da durch die geringe Nährstoffaufnahme oft eine Unterversorgung an Mineralstoffen besteht, holt sich der Körper diese aus den Knochen. Das führt dazu, dass, in Kombination mit einem häufig auftretenden Östrogenmangel langfristig die Betroffenen an Osteoporose erkranken.

Auch kann es im fortgeschrittenen Stadium zu einer flaumartigen Behaarung im Gesicht, am Rücken und an den Extremitäten kommen. Die Haut wird trocken, die Haare fallen aus und die Nägel werden brüchig. Hände und Füße können sich in manchen Fällen bläulich verfärben und eine starke Kälteempfindlichkeit entwickeln.

Bei einem schweren chronischen Verlauf kann es zu einem Nieren- und Leberversagen kommen. Diese enden in 10-15% der Fälle tödlich.

Trotz dem offensichtlich starken Untergewicht sind die Betroffenen nicht selten extrem aktiv, was für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar ist.

 

1. Schritt: professionelle Hilfe suchen!

 

Wenn man selbst erkennt, dass man unter einer der beiden Anorexie-Formen leidet oder man vermutet, dass eine nahestehende Person eine Anorexie hat, ist immer der erste Schritt, einen professionellen Therapeuten aufzusuchen. Gerade als Eltern sollten Sie nicht versuchen, dass „Problem“ in der Familie zu lösen. Es ist mehr als ein Problem. Es ist eine ernstzunehmende Krankheit.

Die professionelle Hilfe kann ambulant oder stationär angeboten werden. Ist das Gewicht bereits extrem niedrig, ist es meist unabdingbar eine stationäre Behandlung in einer entsprechenden Klinik zu machen. Hier ist das erste und absolut (über-)lebensnotwenige Ziel, das Gewicht und damit die Nährstoffversorgung zu normalisieren. Der Body-Mass-Index (BMI) sollte mindestens den Wert von 18,5 kg/m2 erreichen. Dazu gehört auch, dass Erlangen einer Normalisierung des Essverhaltens. Weil aber gerade das Erreichen dieser beiden Ziele ohne fremde Hilfe extrem schwierig ist, ist eine gute professionelle Unterstützung sehr wichtig.

Als Angehörige sollten Sie mit der betroffenen Person über die (vermutete) Essstörung offen und ohne Heimlichtuerei reden. Bieten Sie, wenn Sie mit Ihrer Vermutung richtig liegen, ehrliche Hilfe und Unterstützung an. Hilfe kann sein, dass Sie anbieten, die betroffene Person zum Arzt zu begleiten. Auch können Sie anbieten dabei zu helfen, eine passende Klinik zu finden. Machen Sie das Thema Figur, Essverhalten und Gewicht nicht zum Mittelpunkt in einem Gespräch. Machen Sie keine Vorwürfe oder Schuldzuweisungen. Auch permanente oder auch nur teilweise „Überwachung“ – auch wenn die betroffene Person nur das Gefühl hat, ständig beobachtet zu werden – kann sich extrem kontraproduktiv auswirken!