Kultur | Salto Afternoon

Wichtige Gesten

Hinter dem Namen „Handy Hands“ versteckt sich ein Projekt über Integration, Identität und persönliche Fähigkeiten. Ein differenzierter, gleichsam verspielter Blick.
Handy Hands Workshop
Foto: Handy Hands
Das Projekt, das sich erstmals 2018 dem Publikum präsentierte, hat, nach einer pandemiebedingt etwas längeren Pause zu einer neue Form gefunden. Von kommunikativen Gesten geht man über zu produktiven, im Vordergrund stehen nach wie vor Bozner Bürger:innen deren Geburtsland nicht Teil der Europäischen Union ist, und, für die aktuelle Edition, deren Fähigkeiten. Es sei, so die Organisatoren, die Initiative auch „ein grundlegendes Instrument zum Erlernen von Sprachen und zum Aufbau sozialer Beziehungen“.
 
 
Für die aktuelle Mini-Ausstellung im Centro Trevi sind es 17 Geschichten von Menschen aus 11 verschiedenen Ländern, welche die 70 Kassetten der Nische nahe des Eingangs mit Texten und (teils bewegten) Bildern bevölkern. Im Textteil präsentieren sie sich nach einheitlicher Formel: „Io mi chiamo“ und „Io sono“, beziehungsweise dem deutschsprachigen Pendant hierzu. In Kombination mit den Bildern und weiteren Texten, in welchen es um die Fähigkeiten von Akif oder Zandra geht will man deutlich machen, dass diese Fähigkeiten, die zum Teil zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO zählen, aber selten im Beruf eine Anwendung finden. Diesem Fakt will man auch in der Fortführung des von Claudia Polazzi und Stefano Riba konzipierten Projekts „Handy Hands“ Rechnung tragen: Das Arbeitsvermittlungszentrum in Bozen  wird „demnächst“ die Teilnahme an der Initiative fördern, so diese in den Vermittlungsgesprächen besondere handwerkliche/technische oder künstlerische Fähigkeiten anführen.
Seit dem letztem Jahr wird das Projekt vom Voltaire - European Education Centre umgesetzt, mit Unterstützung des Experten für autobiographisches Schreiben Alessandro Pedrotti und der Fotografen und Videomacher Giulia Faccin und Andreas Trenker. Die Einzelbeiträge wurden dabei im Rahmen von 12 Treffen stattgefunden zwischen 2020 und 2022 ausgearbeitet. Dabei geht es darum sowohl Wertschätzung von außen zu schaffen, als auch, ein Stück weit, den Teilnehmern am Projekt zu gesteigertem Selbstwert zu verhelfen.
Die Vorgänger-Ausgabe, deren Endresultat eine Auseinandersetzung mit kommunikativen Gesten in Videoform war, wurde 2019 als Landeskampagne zur Sensibilisierung am Internationalen Tag der Migranten, dem 18. Dezember auf den Bildschirmen des Landes gezeigt.
 

 
Aber wem gehören die „Handy Hands“? Etwa Jimmy Lin aus China, der es nach einiger Zeit geschafft hat für seine Fähigkeiten in Bozen einen Platz zu finden. Vor zwanzig Jahren ist er in Bozen angekommen und bietet nun traditionelle chinesische Massagen an. Oder Zandra, Domenikanerin, die von der Frisörin zur Dekorateurin umgesattelt hat und etwa Schmuckstücke aus leeren Kaffepads fertigt. Auch Elvis aus Kenia, Straßenkünstler hat über die Musik und Akrobatik hinaus handwerkliche Fähigkeiten: während er auf eine Besserung seiner Arbeitsbedingungen als Tanz und Schlagwerk-Lehrer wartet, knüpft er Armbändchen. Die Stories kann man in der Ausstellung im Centro Trevi auszugsweise und in grafisch unterstützer Form sehen, online lassen sie sich - wenngleich durch das Webdesign etwas versteckt - vollumfänglich lesen. Die Ausstellung kann man noch bis 3. Oktober besuchen.