Politik | Wahlergebnis

„Wahlkampf mit AfD-Charakter“

Das Ziel der 30.000 Stimmen haben die Grünen nicht erreicht, auch die italienische Vertretung fehlt – stattdessen sind die Neuen jünger und stehen einmal mehr für Klimaschutz.
Grüne Landtagsabgeordnete
Foto: Seehauserfoto
  • Um 4 Uhr morgens haben die Grünen heute (23.10.) die 9-Prozent-Marke geknackt – für ein erhofftes viertes Mandat im Landtag hat das allerdings nicht ausgereicht. Damit wird die Grüne Fraktion im neuen Südtiroler Landtag mit Brigitte Foppa, die ein sattes Plus von 4.775 Vorzugsstimmen (11.772 insgesamt) verbuchen konnte, Madeleine Rohrer (6.412) und Zeno Oberkofler (4.389) zusammengesetzt.  „Ein Ergebnis, das uns nicht begeistert, aber mit dem wir zufrieden sind“, erklärt Foppa vor versammelter Medienvertretung im Bozner Parteisitz. 

    Das Ziel, mindestens 30.000 Listenstimmen zu erhalten, wurde also verfehlt. Der nicht wiedergewählte Landtagsabgeordnete Hanspeter Staffler wird die Grünen weiterhin ehrenamtlich unterstützen. Foppa kündigte außerdem an, dass der Vorsitz der Grünen Partei, aktuell sind es die Co-Sprecher*innen Felix von Wohlgemuth (Landtagskandidat) und Marlene Pernstich, in den kommenden Monaten neu gewählt werden soll. „Unsere Co-Vorsitzenden haben ihr Mandat freundlicherweise bis zum Wahltermin verlängert, nun werden wir uns auch hier neu aufstellen und den interethnischen Geist unserer Partei weiter fortführen“, so Foppa. 

  • Die Stimmen der Briefwahl machten den Unterschied: Statt Sabine Giunta zieht Zeno Oberkofler in den Landtag. Foto: Seehauserfoto
  • Da die italienischsprachige Landtagskandidatin Sabine Giunta genau 129 Stimmen weniger als Young-Green-Spitzenkandidat Zeno Oberkofler für sich gewinnen konnte, hat der nun aus der Politik ausgeschiedene, langjährige Grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba zumindest auf dem Papier keine italienischsprachige Nachfolgerin. Der zweisprachig aufgewachsene Oberkofler sei aber mit 25 Jahren nicht nur der jüngste Landtagsabgeordnete im Landtag, sondern repräsentiere auch die interethnische Identität der Grünen. 

    Die Wahl von Oberkofler und Rohrer zeige, dass den Wähler*innen der Grünen der Klima- und Umweltschutz am Herzen liegt: Oberkofler wurde als Gesicht von Fridays For Future in Südtirol bekannt, Rohrer konnte als Meraner Stadträtin für Urbanistik bereits Regierungserfahrung sammeln, zuletzt war sie als Geschäftsführerin des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz häufig in den Medien präsent. 

    Zufrieden sind die Grünen auch über ihr Wahlergebnis in den ladinischen Gemeinden, Zugpferd war hier sicherlich die Landtagskandidatin und Gemeindereferentin von Abtei, Elide Mussner, mit 4.062 Vorzugsstimmen. Grüne Hochburg ist tatsächlich St. Ulrich in Gröden mit 20,27 Prozent der Stimmen. „Wir sind in Ladinien zweitstärkste Kraft, das ist ein hervorragendes Resultat. Das zeigt, dass die Grünen auch wirtschaftlich denken. Die Themen, die wir weiterbringen, haben nicht nur im städtischen Raum, sondern auch in den Tälern ihre Gültigkeit“, so Mussner. 

  • Foto: Ismaele Pianciola
  • Ausblick auf die Regierungsbildung

    Auf das Wahlergebnis der Parteien insgesamt blicke die Grüne Partei mit Überraschung und Sorge: „Die deutschsprachigen Rechtsparteien haben zugenommen und sich gegenseitig verstärkt. Es war eine neue Wahlkampfkultur mit AfD-Charakter zu beobachten“, konstatiert die mittlerweile älteste Landtagsabgeordnete der Grünen, Brigitte Foppa. 

    Auch Rohrer sieht eine schwierige Arbeit im Landtag vor sich: „Als ich heute früh aufgewacht bin, habe ich mich sehr über unser eigenes Wahlergebnis gefreut. Gleichzeitig macht mir der große Rechtsruck als junge Frau ein wenig Angst. Südtirol, das immer versucht hat, ein modernes, offenes und mehrsprachiges Land zu sein, hat mit diesen Wahlen an Vielfalt und sozialer Wärme verloren.“ Deshalb gelte es in der politischen Arbeit nun, den dringend notwendigen Klimaschutz sozial verträglich zu gestalten. Das betont auch Oberkofler: „Es ist ein Zeichen der jungen Wähler*innen und der Briefwähler*innen, dass wir auf die richtigen Themen gesetzt haben, in erster Linie die Klimakrise und das leistbare Wohnen.“ 

    Nun liege es an der Mehrheitspartei, welchen Koalitionspartner sie wählen möchte. „Die SVP wird auch auf eine deutschsprachige Partei angewiesen sein und wir stehen für Koalitionsverhandlungen zur Verfügung. Wenn Landeshauptmann Kompatscher es mit der Nachhaltigkeit und den Klimawandel ernst nimmt, bieten sich die Grünen als Koalitionspartner an“, erklärt Foppa. 

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