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Warum so teuer?

Wenn der Schnee den Gemüseanbau lahmlegt, blüht auch die Spekulation. Warum wir derzeit bis zu 300 Prozent mehr für Mangold & Co. zahlen.
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Vier Euro kostet ein Brasilianer-Salat aus Spanien derzeit beim Großhändler Orto Bolzano in Bozens Großmarkthalle, der rund 300 Detailhändler in Bozen und Umgebung beliefert. „Verrückt“, sagt Inhaberin Verusca Nicolao, „ich komme selbst aus Spanien und weiß, dass es dort derzeit zehn bis zwölf Grad hat.“ Doch wer nach Italien exportiert, weiß, dass er in diesen Wochen mit den Preisen nach oben gehen kann. Kälte und Schneefall haben auch den Obst- und Gemüseanbau in Mittel- und Süditalien in die Knie gezwungen. Ob Apulien, Basilicata, Marken, Latium, Abruzzen,  Molise, Sizilien oder Kalabrien: Überall wird über Schäden in Zitrus- oder Gemüseplantagen, Olivenhainen und Weinbergen oder auch in der Milchwirtschaft geklagt. Auf über 400 Millionen Euro schätzt man beim Verband Coldiretti das gesamte Schadensausmaß infolge eines anormalen Winters. Dort, wo außergewöhnliche Schneemassen oder Unwetter immer noch Straßen blockieren und den Verkehr lahmlegen, kommen Lieferschwierigkeiten dazu. Das Ergebnis, das sich im Laufe des Monats immer deutlicher im Großhandel wie in Gemüsegeschäften und an Markständen zeigt: das Angebot sinkt und die Preise explodieren zumindest für manche Produkte. Rund 200 Prozent mehr zahlen KonsumentInnen derzeit für manche Gemüsesorten. Rekordhalter auf nationaler Ebene war zuletzt Mangold, bei dem ein Preisanstieg von 350 % verzeichnet wurde.

Zu viel im Vergleich zu den tatsächlichen wettermäßigen Beeinträchtigungen in der Landwirtschaft, kreidete bereits vor zwei Wochen die Konsumentenschutzvereinigung Codacons an und forderte mit einer Eingabe bei 104 Staatsanwaltschaften in ganz Italien dazu auf, Spekulationen auf dem Markt nachzugehen. Auch der Landwirtverband Coldiretti macht darauf aufmerksam, dass trotz teils massiver Schäden für Bauern nicht alle Preiserhöhungen gerechtfertigt sind. „Wenn beispielsweise auch Äpfel, Birnen und Kiwi teurer verkauft werden, ist das nicht zu rechtfertigen, weil sie schon vor einiger Zeit geerntet wurden.“ Wer die aktuelle Situation für fette Spannen ausnutze, schade damit Bauern wie Konsumenten.

In der Bozner Großmakthalle macht man dafür vor allem ausländische Händler verantwortlich. „In Italien haben sich die Preise für Blattgemüse in den letzten Tagen wieder ein wenig stabilisiert“, sagt Verusca Nicolao,  „doch vor allem Spanien nutzt die Situation für massive Preiserhöhungen bei allen Produkten aus, die bei uns derzeit knapp sind.“

Entwarnung von Aspiag

Weit weniger dramatisch sieht Robert Hillbebrand als regionaler Verantwortlicher von Aspiag die aktuelle Lage. „Der Markt ist heute so transparent geworden, dass es immer schwieriger wird, mit dem Preis zu spekulieren“, meint er. Klarerweise seien die Einkäufer bei Südtirols größtem Lebensmittelanbieter in diesen Wochen gefordert, räumt Hillebrand ein. „Doch wir sind immer noch gut sortiert und schaffen es bis auf wenige Ausnahmen die Preise mehr oder weniger zu halten.“ Den größten Preisdruck gibt es laut Hillebrand derzeit bei Produkten, die von italienischen Konsumenten weit mehr nachgefragt werden als in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Mangold, Catalogna oder Chicorèe. „Doch wir müssen auch berücksichtigen, dass wir von einer sehr tiefen Basis ausgegangen sind, da es auf dem Obst- und Gemüsemarkt noch bis Weihnachten eine große Deflation gab“, sagt Robert Hillebrand. Noch bewegt man sich laut dem Despar-Verantwortlichen deshalb nicht außerhalb des Preisniveaus vergleichbarer Situationen in anderen Jahren. „Viele Bauern im Süden sind auch aus anderen Jahren auf Schlechtwetterperioden vorbereitet und haben ihre Anlagen überdacht“, sagt er.

Lokales boomt

Wie dramatisch auch immer die Lage im Süden interpretiert werden mag: Sicher ist, dass Südtirols Gemüsebauern nicht unter Schneemassen und Schlechtwetter leiden. Und so freut sich in diesen Wochen auf Südtirols Bauernmärkten so manch eine über eine steigende Nachfrage. „Oft haben wir uns im Jänner überlegt, ob wir überhaupt auf den Markt gehen sollen, weil man die meiste Zeit in der Kälte herumstand“, sagt die Bozner Bezirksbäuerin Antonia Egger Mair. In diesem Jahr dagegen laufe der Verkauf lokaler saisonaler Produkte wie Karotten, Ronen oder Rosenkohl spürbar besser. „Auch Nischen-Produkte wie Topinambur werden immer stärker entdeckt“, so Egger Mair.