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Umwelt | Saslong in Gröden

Die neue Weltmeisterschaftsanlage

Die Landesagentur für Umwelt- und Klimaschutz führt zurzeit die Umweltverträglichkeitsprüfung zum Neubau an der Saslong durch. Das Projekt dürfte bei Talbewohnern und Gästen für einiges Kopfschütteln sorgen. Und was hat die alpine Ski-WM 2029 damit zu tun?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Saslong Bahn im Zielgelände Ruacia
Foto: Skiinformatje.nl
  • Wolkenstein in Gröden. In Vorbereitung auf die mögliche Austragung der FIS-Skiweltmeisterschaft 2029 im Grödnertal hat die Seilbahnen Saslong AG im Sommer 2023 eine sog. Umweltvorstudie zum Neu- und Ausbau der Gondelbahn „Saslong“ von Ruacia nach Sochers sowie zur Verlegung des 6er Sesselliftes „Sochers-Ciampinoi“ beim zuständigen Landesamt eingebracht. Aus besagtem Dokument geht hervor, dass neben der Neutrassierung der Gondelbahn und dessen Verlängerung bis knapp unter die Kammlinie des „Campinoi“ auch eine saftige Kapazitätserhöhung um 60 % auf 3.500 Personen/h sowie die Neuerrichtung einer Mittelstation samt daran angehängtem Luxushotel geplant sind. Gleichzeitig soll die bestehende Talstation des Sesselliftes „Sochers-Ciampinoi“ um etwa 200 Meter nach Osten in bislang unberührtes Waldgebiet verlegt und der zwischen Talstation des Sesselliftes und Mittelstation der Gondelbahn entstehende Raum vollständig zur Skipiste gemacht werden.

    Sollte das Projekt in dieser Form genehmigt werden, dürften die Auswirkungen auf die Umwelt und das Landschaftsbild verheerend sein: neben der Errichtung von insgesamt 22 Linienstützen würden außerdem fast 3 ha Wald gerodet und über 64.000 m3 Erdreich bewegt werden. Die durch die Neutrassierung entstehende Schneise wird außerdem die Sichtbarkeit der geplanten Aufstiegsanlage erheblich erhöhen und zusammen mit den neuen Stationsgebäuden zu einer bedeutenden landschaftlichen Beeinträchtigung führen. Darüber hinaus würde die verlängerte Trasse der Gondelbahn im mittleren Bereich ein Quellgebiet durchqueren und im oberen Bereich mitten durch den Lebensraum des gefährdeten Auer- und Birkwildes verlaufen, weshalb lt. zuständigem Landesamt von „einer weiteren Beunruhigung und lebensraumbezogenen, qualitativen Abwertung des Gebietes“ auszugehen ist. Außerdem stellten die Seile der neuen Aufstiegsanlage ein erhöhtes Kollisionsrisiko für die Avifauna dar. Nicht zuletzt lässt sich der Umweltvorstudie entnehmen, dass die geplante Aufstiegsanlage in Zukunft auch in den Sommermonaten öffnen soll; die endgültige Vertreibung der gefährdeten Arten dürfte im Falle der Genehmigung des Projektes also wohl unausweichlich sein.

    Neben den vorgenannten Umweltaspekten scheint den Projektanten jedoch auch die Meinung der ohnehin bereits vom Massentourismus geplagten Talbewohner herzlich egal zu sein, schließlich kam es im Jahr 2023 bereits zu Kundgebungen und Unterschriftenaktionen gegen die Austragung der Ski-WM 2029 sowie die Errichtung von neuen Aufstiegsanlagen im Gebiet um den Langkofel. Dass die Grüne Partei als einzige Umweltschutzpartei des Landes bei den Landtagswahlen 2023 in Gröden so stark wie nirgends sonst in Südtirol abgeschnitten hat, kann ferner wohl auch als eine deutliche Reaktion auf die vollkommen anachronistisch anmutenden Projekte einiger reicher Lift- und Gastronomieunternehmer gewertet werden. 

    Doch auch die auf der auf der „Saslong“ jährlich rennfahrenden Athleten dürften angesichts des im Herbst 2023 veröffentlichten und von über 450 Weltcuprennläufern unterschriebenen offenen Briefes an die FIS wenig begeistert von der Totalverbauung des „Ciampinoi“ sein, hatten sie darin doch u.a. die Minimierung der Umweltauswirkungen des Wintersports sowie die Einnahme einer Vorreiterrolle in Klima- und Umweltfragen seitens der FIS und den Rennveranstaltern eingefordert.

    Angesichts der eindeutigen Haltung der Skiathleten und der anhaltenden Kritik der Talbewohner ist es fast schon dreist, wie der „Saslong Classic Club“ als Organisator der jährlichen Weltcuprennen in seiner Kandidatur für die Ski-WM 2029 mit Nachhaltigkeit und vorhandener Infrastruktur (!) wirbt, wohl wissend, dass das nunmehr bekannt gewordene Neubauprojekt bereits auf den Weg gebracht wurde! Mit „Respekt vor der Umwelt“, wie es im Werbedossier heißt, hat dieses Megaprojekt an der „Saslong“ jedenfalls nichts zu tun. Läge den Veranstaltern und Liftbetreibern die ökologische Nachhaltigkeit tatsächlich am Herzen, würden sie schließlich die Sanierung der bestehenden Anlage anpeilen und nicht derartig invasive Pläne vorlegen bzw. unter der Hand unterstützen. Doch augenscheinlich haben bislang weder der „Saslong Classic Club“ noch die Grödner Liftunternehmer – und insbesondere die Seilbahnen Saslong AG – verstanden, dass ein immer weiter fortschreitender Ausbau von Aufstiegsanlagen angesichts der heute schon untragbaren Verkehrs- und Touristenbelastung im Tal, der ausufernden Verbauung unseres einzigartigen alpinen Geländes und der fortschreitenden Klimakrise schlicht nicht mehr hinzunehmen ist, möge es auch noch so viel Profit bringen. Wir als Lia Natura y Usanzes werden uns jedenfalls dafür stark machen, dass derartige Megaprojekte in den Schubladen der Liftunternehmer verstauben und laden sämtliche Interessierte ein, uns dabei nach Kräften zu unterstützen!

     

     

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Profil für Benutzer Heinz Dellago
Heinz Dellago Fr., 23.02.2024 - 10:45

Einfach nur peinlich. Nie genug. Und noch von nachhaltigkeit in klimazielen blabbern. Gröden hat 2023 2.99 mio übernachtungen. Wann ist die grenze erreicht?

Fr., 23.02.2024 - 10:45 Permalink
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Markus S. Fr., 23.02.2024 - 18:07

Es werden in diesem Artikel leider alle in einen Topf geworfen, obwohl es getrennte Personen sind, die oft nicht einer Meinung sind: 1. die Saslong Spa (eine one-man-show), 2. alle anderen Liftbetreiber Grödens, 3. die Hoteliere, 4. der Saslong Classic Club (Organisator der WM), 5. die Gemeinde Wolkenstein, 6. die Einwohner Grödens.
Eigentlich sollten sie alle zusammenhalten und am selben Strang ziehen ... Wunschdenken!

Fr., 23.02.2024 - 18:07 Permalink
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Salto User
Silke Raffeiner Sa., 24.02.2024 - 01:34

Danke liebe Lia per Natura y Usanzes, dass ihr uns Leser*innen über dieses Projekt aufklärt! Es ist höchst an der Zeit, dass die Natur als juristische Person mit eigenen Rechten anerkannt wird.

Sa., 24.02.2024 - 01:34 Permalink
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Simonetta Lucchi Mo., 26.02.2024 - 20:17

Cara Lia per " Natura y Usanzes" mi sono letta il vostro statuto, perché non conoscevo questa associazione, e perché trovavo singolare abbinare "natura" con "usanze" o tradizioni. Nello statuto, approvato nel 2020, è ben presente il nome dell'associazione anche in italiano "Associazione per la tutela dell'ambiente e delle tradizioni locali" , e si presenta come "associazione che opera su tutto il territorio nazionale". Ecco, ricordiamo sempre che abbiamo un bi-trilinguismo da rispettare e ci devono giustamente capire su questi importanti temi anche sul territorio nazionale.

Mo., 26.02.2024 - 20:17 Permalink
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Josef Fulterer Di., 27.02.2024 - 05:51

Die ABSCHREIBE-POLITIK zur Ankurbelung der Wirtschaft + noch mehr die Steuer-Vermeidung für die den Rachen -n i e - vollkriegenden Unternehmer, frisst sich immer weiter in die unberührte Natur hinein + zerstört die letzten Oasen, mit denen die mehr als fragliche IDM, mit viel zuviel öffentlichem Geld noch mehr dicke Autos auf die verstopften Straßen des Landes + die als Rennpisten missbrauchten Pass-Straßen lockt.
... + die dämlichen Politiker finden das auch noch gut + missachten die Gutachten der Landes-eigenen Kommissionen.

Di., 27.02.2024 - 05:51 Permalink