Wirtschaft | Teuerungen

„Höhere Kosten tragen“

Ob kalt und schneereich oder nicht, der kommende Winter wird für Wintersportler teurer. Marco Pappalardo, Marketing Direktor von Dolomiti Superski im Gespräch.
Seceda
Foto: Fabio di Sconzi (c) pixabay
Salto.bz: Herr Pappalardo, beim Zusammenschluss Consorzio Abetone in der Toskana gibt es eine Erhöhung der Skipass-Preise um 10%. In welchem Bereich bewegt sich die Teuerung bei Dolomiti Superski?
 
Marco Pappalardo: Das ist im Moment noch etwas verfrüht, da die endgültigen Preise noch nicht veröffentlicht wurden, aus dem einfachen Grund, dass die Saison im November beginnt und bis April geht. Wenn wir eine Entscheidung treffen, würden wir uns verpflichten, diese beizubehalten, wobei wir uns in einer sehr beweglichen Situation befinden, was internationale Parameter wie Gas-, Öl- und Strompreise anbelangt. Diese werden sich in den nächsten Wochen und Monaten sicher noch verändern. Dementsprechend wollten wir uns nicht verpflichten. Es gibt aber Optionen und Szenarien, die auch in diese Richtung tendieren, weil die Inflation bei 7% steht und die Preise für Strom und Gas deutlich nach oben geschossen sind, woraus wir Konsequenzen ziehen müssen.
 
 
2018 machte bei den Seilbahn-Betreibern in Südtirol der Stromverbrauch laut Astat 10% der Spesen aus. Kann man realistische Rechnungen machen, wie sich das entwickeln wird?
 
Wenn wir uns die Werte jetzt ansehen, dann sind wir schon bei einer Teuerung um das zehnfache, allerdings nicht im Vergleich mit 2018, sondern zum Vorjahr. Die 10% von 2018 sind recht optimistisch gerechnet worden, das war damals schon etwas höher. Das sind die Rohstoffe, die wir zum arbeiten brauchen, aber natürlich wirkt sich die Inflation auf die ganze Kette aus, das sinJetzt wird das durch die Klimaerwärmung aber immer heftiger.d nicht nur Strom, Gas und Öl, sondern alle Einkäufe, die man tätigen muss.
 
Man wird nicht alle Mehrkosten an den Kunden weitergeben können, welche Möglichkeiten gibt es auf Ihrer Seite zu sparen?
 
Wir glauben, dass wir, was die Kaufprozesse anbelangt an einem Wendepunkt stehen, nicht nur in unserem Sektor, sondern grundsätzlich. Das hat Covid beschleunigt, es wäre ohnehin auf uns zugekommen - die digitale Schiene wird zum Hauptgeschäft werden. Wenn man bedenkt, dass man den Urlaub viele Wochen vorab bucht, wird bislang oft die Unterkunft, aber selten der Skipass gebucht. Der Hauptgrund für einen Winterurlaub ist das Skifahren. Wird werden dafür sorgen, dass es für den Kunden Ersparnisse geben kann, wenn er den Skipass im Voraus bucht, da es auf der anderen Seite da für uns Einsparnisse geben kann. Das geht schneller als erwartet: Vor zwei Jahren hatten wir nur 1,5% des Gesamtumsatzes online und letztes Jahr waren es schon 10%.
 
Ein Problem gerade im letzten Winter war die große Trockenheit. Wie sehr fallen die Mehrkosten durch künstliche Beschneiung ins Gewicht, wenn auch dieser Winter trocken wird?
 
Das hat wieder mit Rohstoffen zu tun und wir haben auch diese Szenarien aufgestellt. Man muss im Fall der Schneeerzeugung auch höhere Kosten tragen. Wir hoffen, dass das nicht der Fall sein wird, müssen aber bedenken, dass das keine einmalige Situation ist: Die Dolomiten liegen auf der Südseite der Alpen, wo es historisch weniger Schnee und mehr Sonne gibt, das war auch vor 20, 30 oder 40 Jahren so, da hat es schneereiche und schneearme Winter gegeben. Jetzt wird das durch die Klimaerwärmung aber immer heftiger. Das wird so bleiben, ist aber, wenn die Kosten steigen, sicher ein Problem, das man gut im Griff haben muss.
 
Es gibt viel heftigere Wetter-Situationen, schneereiche Winter, wie im Covid-Jahr vor zwei Jahren, wo wir noch nie so viel Schnee gesehen haben und dann wieder komplett schneearme Winter.
 
Würden Sie also sagen, dass der Klimawandel nicht erst zukünftig ein Problem ist, sondern eines, das sich schon jetzt stellt?
 
Der Klimawandel hat mehrere Facetten: Es gibt viel heftigere Wetter-Situationen, schneereiche Winter, wie im Covid-Jahr vor zwei Jahren, wo wir noch nie so viel Schnee gesehen haben und dann wieder komplett schneearme Winter. Das ist auch Klimawandel. Mit dem müssen wir rechnen, auch in der Gegenwart, nicht erst in Zukunft. Wenn man das dann kombiniert mit höheren Rohstoffkosten ist das natürlicherweise eine nicht gern gesehene Situation. Der Klimawandel ist ein Thema das uns alle betrifft. In unserem Fall würde ich sagen, dass weniger die Erhöhung der Temperaturen  das Problem ist, weil das ein Prozess im Gange ist, der auch die Winter betrifft, aber mit dem wir leben können. Weniger gut geht das mit den kräftigen Unwetter, mit denen wir rechnen müssen.
 
Ist das ein Problem der Planbarkeit?
 
Genau. Auf unserer Webseite finden Sie heute (25. August) schon die Preise. Aber auch mit dem klaren Hinweiss, dass diese Preise nicht als endgültig betrachten zu sind, weil wir noch nicht wissen, was in vier Monaten ist.
 
Wie haben sich die Preise, etwa am Beispiel eines Tagespass entwickelt?
 
Es gibt eine Erhöhung zwischen 8 und 10%, je nach Skipass Wie gesagt, das ist heute und wir behalten uns vor da einige Änderungen vorzunehmen. Das ist das Bild einer Inflation und einer Erhöhung, die weit über diesen Wert hinausgeht.
 
 
Gibt es Aspekte, die auf Besserung der Wirtschaftlichkeit hoffen lassen?
 
Das Bild, das ich gezeichnet habe, soll nicht negativ erscheinen. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass Skifahren zieht, was man im letzten Winter nach Covid gesehen hat. Es war eine bombastische Saison und es gibt nach wie vor großes Interesse, trotz allem. Was bei uns zwei wichtige Ansätze sind, die wir in diesem Winter verfolgen, ist zum einen die Anzahl der Gäste aus Übersee, vor allem aus Nordamerika, die bereits im letzten Jahr überraschend hoch war. Wir können uns durch den günstigen Dollar-Euro-Wechselkurs heuer wahrscheinlich noch mehr erwarten.
Das zweite Ansatz ist der Weg zur glaubwürdigen Nachhaltigkeit, den wir eingeschlagen haben. Wir möchten unsere Prozesse so nachhaltig wie möglich gestalten, da wir der Meinung sind, das unser Mehrwert die Dolomiten sind. Die müssen wir bewahren, so wie sie sind. Wir möchten darauf achten, dass alles, was wir tun im Sinne dieser Nachhaltigkeit passiert. Wir sprechen aber auch von glaubhafter Nachhaltigkeit, denn wir sind uns bewusst, dass unser Fußabdruck nicht auf null gesenkt werden kann, aber wir können unsere Prozente sehr stark reduzieren.
 
...klarer Weise werden die Leute mit dem Flugzeug eintreffen, danach muss man schauen, dass die Wege in die Dolomiten sich in Hinblick auf die Nachhaltigkeit verbessern.
 
Sind dabei auch Lösungen für den starken Individualverkehr zum Skigebiet angedacht? Auch wenn sich bei Gästen aus Übersee kaum ein anderer Weg als das Flugzeug finden lassen wird…
 
Sie haben Übersee angesprochen, klarer Weise werden die Leute mit dem Flugzeug eintreffen, danach muss man schauen, dass die Wege in die Dolomiten sich in Hinblick auf die Nachhaltigkeit verbessern: Zug- und Busverbindungen verbessern, Shuttle-Dienste und so weiter. Heute wissen wir, dass ungefähr 80% des ökologischen Fußabdrucks des Gastes durch die An- und Abreise entsteht, bei einem Urlaub. Da gibt es Optimierungspotential, wo wir alle zusammen etwas tun müssen.
 
Sind bei diesem Fußabdruck Aufstiegsanlagen, Schneekanonen und Pistenraupen mit eingerechnet oder stehen die auf einem anderen Blatt?
 
Wir sind dabei, diese Daten zu errechnen, aber wir wissen, dass sie bei weitem niedriger als Anreise und Abreise und auch der Stromverbrauch. Die Skigebiete laufen heute mit Strom aus Wasserkraft, was als grün gekennzeichnet ist, wo es aber auch Optimierungspotential gibt.
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Herta Abram Fr., 26.08.2022 - 12:08

..."in unserem Fall würde ich sagen, dass weniger die Erhöhung der Temperaturen das Problem ist, weil da ein Prozess im Gange ist, der auch die Winter betrifft, aber mit dem wir leben können."
Hallo!! Ich denke, die Erhöhung der Temperaturen, ist
DAS Krisensymptom schlechthin, um endlich Verlustmanagement auf den Plan zu rufen!! Denn mittel- und langfristig werden nur Skigebiete auf über 1500 Metern überleben, für darunterliegende wird es aufgrund der Kosten für technische Beschneiung schwierig und deswegen und
auch aufgrund der klimatischen Entwicklungen ist davon auszugehen, dass der Skisport exklusiver und teurer wird.
Ein Prophet muss man nicht sein, um zu erkennen: Besser wird es mit verdrängen wollen in den kommenden Jahren wohl nicht werden....

Fr., 26.08.2022 - 12:08 Permalink
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Stefan S Fr., 26.08.2022 - 13:59

Antwort auf von Herta Abram

"Hallo!! Ich denke, die Erhöhung der Temperaturen, ist
DAS Krisensymptom schlechthin"
Solange die Nächte noch kalt genug sind langt es auch für die Kunstschneeproduktion, das reicht noch für ein paar Generationen.
Gleichzeitig können wir beobachten das die Aufstiegsanlagen immer mehr für den Sommer genutzt werden. Zieht aber auch wieder diverse Umweltbelastung nach sich.

Fr., 26.08.2022 - 13:59 Permalink
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Herta Abram Sa., 27.08.2022 - 09:01

Antwort auf von Stefan S

Aus "Raus aus dem Rummel"Michil Costa: "Für die Produktion künstlichen Schnees wurden zwischen 2006 und 2017 zwischen 5 und 10 Milliarden Liter Wasser pro Saison verbraucht.
Mit 1000Liter Wasser lassen sich durchschnittlich 2 bis 2,5 Kubikmeter Schnee erzeugen. Die Beschneiung von einem Hektar Skipiste kostet etwa 140.000Euro. In Südtirol wird die Produktion von technischem Schnee durch staatliche Hilfsmittel gefördert, die bis zu 23 Prozent der Kosten decken."
- Die Kosten und der Ressourcenverbrauch sind sicher, in den letzten 5Jahren, noch weiter gestiegen. Und wie gesagt, besser wird es in den kommenden Jahren wohl nicht mehr....Da frag ich mich schon: Wohin soll das führen?

Sa., 27.08.2022 - 09:01 Permalink
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Stefan S So., 28.08.2022 - 12:32

Antwort auf von Herta Abram

https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-08/privatjet-verbot-frankreich…
In Frankreich geht die politische Debatte in die richtige Richtung, ein Freikaufen vom unnötigen klimaschädlichen Verhalten darf es nicht geben. Funktioniert aber nur global. Man erinnere sich nur an Gerard Depardieu der wegen Steuerflucht seinen Wohnsitz nach Belgien verlegte und die russische Staatsbürgerschaft von Putin persönlich erhielt.

So., 28.08.2022 - 12:32 Permalink
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Stefan S Fr., 26.08.2022 - 13:43

"Wir können uns durch den günstigen Dollar-Euro-Wechselkurs heuer wahrscheinlich noch mehr erwarten.
Das zweite Ansatz ist der Weg zur glaubwürdigen Nachhaltigkeit, den wir eingeschlagen haben."
Natürlich ein Widerspruch in sich wie weiter unten ehrlicher Weise auch angesprochen wurde.
Komme seit über 20 Jahren immer Ende Januar bis Mitte Februar für mindestens 7 Tage zum Skisport in die Brenta/Dolomiten in Ferienwohnungen/familiere Pensionen ohne Wellness.

Der Klimawandel ist eindeutig wahrnehmbar und man macht sich schon seine Gedanken ob diese Art der aktiven Freizeitgestaltung noch zeitgemäß ist...

Fr., 26.08.2022 - 13:43 Permalink
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Josef Fulterer Sa., 27.08.2022 - 06:27

Antwort auf von Dietmar Nußbaumer

Ob es Sinn macht und angesichts der Klima-Krise noch zu verantworten ist, "das günstige Dollar-Kurs-Publikum mit dem Steuer-befreiten und hoch suventinierten Flugbetrieb, für einige Tage zum recht Energie-aufwendigen Schibetrieb heran zu karren," muss hinterfragt werden.

Sa., 27.08.2022 - 06:27 Permalink
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Stefan S Sa., 27.08.2022 - 12:40

Antwort auf von Josef Fulterer

"mit dem Steuer-befreiten und hoch suventinierten Flugbetrieb"
Das trifft 1:1 auch für den Skibetrieb zu und Straßenbau, Wellnesshotels etc.
Klimaschonendes Wirtschaften wird nur möglich sein wenn wir unser Wertesystem ändern. Mit dem jetzigen globalen Wirtschaftssystem welches nur höher, schneller und weiter belohnt wird eine Wende zu mehr Nachhaltigkeit nicht gelingen.

Sa., 27.08.2022 - 12:40 Permalink
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Peter Gasser Sa., 27.08.2022 - 14:44

Zitat: „Das Wasser hat Trinkwasserqualität und kehrt in den natürlichen Wasserkreislauf zurück“:
dieser Satz erfordert einer genaueren Betrachtung:
durch das Zurückhalten des Wassers im (trockenen) Sommer und Herbst, der Verschneiung im Winter und Frühjahr und dem plötzlichen späten Abtauen entsteht ein UNnatürlicher Wasserkreislauf.
Dies folgert bei genauerer Betrachtung...

Sa., 27.08.2022 - 14:44 Permalink
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Karl Egger Do., 01.09.2022 - 18:41

Ob kalt und schneereich oder nicht, ob Gas-, Strom- und Ölpreise steigen oder sinken, ob investiert wird oder nicht, die Preise für den Skipass wären - SO WIE JEDES - sowieso gestiegen. Aber schön dass die Skigebiete dieses Jahr eine Rechtfertigung haben!
Ich hoffe dass irgendwann der Tag kommt, an dem der Bogen endgültig überspannt ist.

Do., 01.09.2022 - 18:41 Permalink