Politik | Wir und unsere Nachbarn

Suramunt: Bemerkenswerter Fauxpas

War es der vorweihnachtlichen Hektik geschuldet, dass der PD eine Landkarte Bellunos ohne die drei abtrünnigen Gemeinden Anpezo, Col und Fodom online stellte?

Nachdem in Rom die Dinge in Sachen Ddl Delrio ihre Wege gingen, wollte der PD in Belluno einen Neueinfang wagen und präsentiert sich medial verstärkt. Und gleich am Anfang ist just ein bemerkenswerter Fauxpas passiert: dem vom PD skizzierten Landkärtchen der Provinz Bellunos fehlten die drei Ladiner Gemeinden. Auf der Webseite selbst wurde das unspektakulär und unauffällig „bereinigt“. Kommentar von User Zenone: «Ma avete in programma di cedere un pezzo di provincia? non dovevate difenderla e renderla autonoma? manca già qualche comune (Cortina, Colle e Livinallongo se non sbaglio) nella vostra cartina…» und unmittelbar darauf hat “admin” schon geantwortet: «no no figurarsi… è tutto al suo posto, grazie» und die Landkarte sogleich mit der vollständigen ersetzt.

 

Nur ist das im Internet nicht unbeobachtet geblieben. Auf Facebook sind Reaktionen und Emotionen nachzulesen und auch auf Bloz wurde unmissverständlich Stellung genommen. Welche Landkarten denn da wohl noch auf dem PD-Server schlummern? Für ein paar Stunden mussten manche an Verschwörungstheorien verzweifeln – andere konnten davon träumen. Zu Weihnachten war die Sache auch schon wieder gegessen - ob vergessen, weiß ich nicht.

 

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pérvasion Do., 26.12.2013 - 13:17

Was wäre daran schlimm, wenn eine Demokratische (!) Partei den demokratischen (!) Bevölkerungswillen respektieren würde — und sei es vorerst nur symbolisch?

Do., 26.12.2013 - 13:17 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 26.12.2013 - 16:15

Antwort auf von pérvasion

gar nichts. höchste Zeit wäre es, aber ...
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Ich finde es etwas viel verlangt, von jemanden demokratische Größe zu erwarten, der selbst gerade wegen demokratiewidrigen Gegebenheiten einen Überlebenskampf führen muss. Das Suramont ist schließlich einer der Haupttrümpfe in Bellunos Bestreben nach Autonomie und würde an jemanden (uns) abgegeben, der die Belluneser zur Zeit ziemlich im Regen stehen lässt. Der Grundtenor ist nicht etwa von Kontraproduktivität gegen den Suramunter Willen geprägt, sondern vielmehr vom Frust wegen der schlicht und einfach nicht vorhandenen Solidarität aus Südtirol. Wenn wir nicht in der Lage sind (oder nicht willens sind), in der einen Liga zu spielen, sollten wir bei der Revanche auch nicht auf Geschenke hoffen.
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Also bitte nicht theoretisch auf das Demokratieverständnis der anderen zeigen, sondern praktisch die eigene regionale Verantwortung wahrnehmen. In Freundschaft lässt sich über den Rest besser verhandeln, als im Status Quo eines Neidgefälles.

Do., 26.12.2013 - 16:15 Permalink
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Benno Kusstatscher Do., 26.12.2013 - 16:46

was ich zu beobachten glaube:
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* die, die für ein vereintes Europa sind, sind tendenziell diejenigen, die gegen verstärkte Zusammenarbeit mit anderen (z.B. USA) sind
* diejenigen, die ein starkes Italiensentiment pflegen, sind diejenigen, die aus dem EURO und am liebsten aus der EU aussteigen wollen
* diejenigen, die sich als Föderalisten empfehlen (siehe Padanien), sind diejenigen, die im Grunde neonational handeln
* die, die stark sezessionistisch motiviert sind (z.B. Lega Veneto), sind diejenigen, die andere nationalistisch unter ihrem Mantel behalten wollen (z.B. die Venezianer die Belluneser)
* diejenigen, die am lautesten Autonomie einfordern, sind diejenigen, die den anderen die Selbstbestimmung verweigern (Belluno vs Suramunt)
* diejenigen, die am meisten Autonomie erkämpft haben (SVP), sind diejenigen, die sich am schwersten tun, Autonomie lokal weiter zu geben (z.B. Energie an die Gemeinden?)
* diejenigen, die für Minderheitenrechte Unterstützung einfordern, sind diejenigen, die anderen ihre Unterstützung verweigern (siehe Eva Klotz zum Altopiano von Asiago)
* diejenigen, die kulturelle Eigenständigkeit proklamieren, sind diejenigen, die den anderen ihre Identität vermiesen (z.B. den "falschen Ladinern" im Cadore)
* diejenigen, die etwas erreicht haben, bauen sich zur Festung aus (EU gegen Afrika, aber nach dem selben Prinzip Südtirol gegen Süden)

Do., 26.12.2013 - 16:46 Permalink
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Harald Knoflach Fr., 27.12.2013 - 07:46

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Deine thesen sind recht interessant. aber du vergisst, dass die angepeilte form einige deiner aussagen schon relativiert. ich waere als proeuropaeer fuer eine starke cooperation mit den usa, aber was da mit tafza um anrollen ist, ist wahnsinn.

Fr., 27.12.2013 - 07:46 Permalink
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Benno Kusstatscher Sa., 28.12.2013 - 13:20

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Ich habe das mit der "angepeilten Form" auch nach erneutem Durchlesen nicht verstanden. Tafta ist sicher ein Thema für sich. Und natürlich freue ich mich auf jede, die Regel bestätigende, Ausnahme :-)

Sa., 28.12.2013 - 13:20 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Di., 07.01.2014 - 17:36

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Freundlicherweise hat mich Eva Klotz bezüglich meines obigen Kommentars zur Unterstützung des Altopiano von Asiago kontaktiert und meine Erkenntnis zum Sachverhalt um ein spannendes und für mich erfreuliches Detail bereichert:
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Frau Klotz hatte zwar in der Sonderkommission (Oktober 2007)
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http://www.landtag-bz.org/de/datenbanken-sammlungen/landtag.asp?archiv_…
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als auch im Südtiroler Landtag (November 2007) gegen das Ansuchen der Gemeinden des Altopiano gestimmt:
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http://www.consiglio-bz.org/it/banche-dati-raccolte/deliberazioni_legis…
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«Die Abgeordnete Eva Klotz erklärte, der Angliederung dieser Gemeinden nicht zustimmen zu können. Die Hochebene von Asiago blicke zwar auf eine bajuwarische Geschichte zurück, habe sich aber assimiliert, sodass heute lediglich einige Flurnamen übrig geblieben sind. Außerdem sehe sie in der Verschiebung der Landesgrenzen die Gefahr der Verzerrung der Sonderautonomie, deren aktueller Bestand jedoch erhalten bleiben solle.»
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hatte aber zur Regionalratssitzung im Jänner 2008 ihren Standpunkt überdacht:
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http://www.consiglio.regione.taa.it/de/aufgaben-funktionen/stenographis…
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«Ich hatte mich bisher eigentlich im Landtag gegen diese Wünsche der Abtrennung ausgesprochen und zwar aus dem Grunde, dass dadurch vielleicht eine oder mehrere Änderungen des Autonomiestatutes notwendig werden könnten.
Gemessen daran aber, dass es sich einmal um altes bajuwarisches Siedlungsgebiet handelt, das nie die Möglichkeit gehabt hat, darüber abzustimmen, mit wem es Gemeinsamkeit halten will und mit wem weniger, werde ich mich diesmal dafür aussprechen, dass dem Wunsch dieser Bevölkerungen entsprochen wird.»
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Ich danke Frau Klotz für die freundliche Rückmeldung. Ihre vollständige Rede (als auch weitere Wortmeldungen) zur damaligen Regionalratssitzung sind übrigens als lohnenswerte und aufschlussreiche Lektüre in diesem Protokoll nachzulesen.
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Für mich ist "bajuwarische Geschichte" zwar kein vordergründiges Argument, aber konsequente Achtung vor Selbstdefinitionswünschen (ganz egal ob kulturell, ökonomisch oder sonst wie motiviert), Solidarität zwischen Minderheiten und gegenseitige Unterstützung alpenländischer Nachbarn halte ich für zeitgemäße und eigentlich selbstverständliche Tugenden.

Di., 07.01.2014 - 17:36 Permalink