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Gesellschaft | kalašnikov&valeriana

Bewegung ist gesund

Niemand kommt antisexistisch auf die Welt. Aber alle können es werden.
  • Die Kommentare auf eines meiner letzten kalašnikov&valeriana sind geradezu der Spiegel einer Gesellschaft, die laut World Economic Forum mindestens 132 Jahre von einer tatsächlichen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau entfernt ist.

    Zusammengefasst heißt es da: Liebe Frauen, kämpft um eure Rechte, aber erst nachdem ihr eure Pflichten erfüllt habt und ohne dabei unser Leben zu verkomplizieren. Übersetzt: Wenn ihr genug Kinder in die Welt gesetzt habt, euren Ehemann und den Haushalt versorgt habt, eurer Bürger-Pflicht (gelten nicht gegenderte Pflichten auch für Bürgerinnen?) nachgekommen seid, die gesellschaftlichen Ansprüche an Aussehen und Verhalten erfüllt – dann, ja dann dürft ihr auch Rechte einfordern. Allerdings zu unseren Bedingungen, vor allem darf bspw. euer Recht, sprachlich genannt zu werden, nicht unser Recht auf idiotensicheres Lesen verletzen, oder euer Recht auf ein Leben frei von Gewalt, nicht unser Recht auf Gefühlsausdruck evtl. auch mit Körperverletzung einschränken. Fehlt gerade noch die Aufforderung, das alles süß lächelnd hinzukriegen!

    Dieser Rahmen liest sich für mich nicht gerade nach besonders viel Spielraum. Außerdem stelle ich fest, dass die besonders lauten und häufigen Kommentierer durch das Netz nach privilegierten Männern riechen, die ihre Privilegien nicht mal ansatzweise hinterfragen, geschweige denn ins Spiel bringen, sondern die mit großer Leichtigkeit ins Mansplaining verfallen: Sie wissen ganz genau, wo es langgeht, vom Verteidiger der reinen Sprache im Namen des generischen Maskulinums bis hin zum Lehrmeister von Recht und Pflicht.

    Eine Eigenschaft des Privilegs ist es, dass es für jene, die darüber verfügen, meist unsichtbar ist. Das mag vielleicht ein Grund sein dafür, dass so viele Männer die Beweggründe von Feminist:innen nicht nachvollziehen können. Dass patriarchale Unterdrückung nicht erkannt wird, macht sie aber nicht weniger real für jene, die sie erleben. Und es nimmt jene, die sie ausüben, nicht aus der Verantwortung. Sich mit diesen Privilegien auseinanderzusetzen, die eigenen Prinzipien kritisch zu betrachten, das alles ist nicht leicht in einer Gesellschaft, in der wir unsere Selbstbestimmung eintauschen mit sozialer Sicherheit. Das ist in meinen Augen ein teurer Preis, den es sich nicht zu zahlen lohnt. Nicht von ungefähr haben Frauen und Menschen aus der LGBTQIA+ Community das zuerst entdeckt. Nun ist es aber auch an den Männern, sich in Bewegung zu setzen. Die gute Nachricht ist: Bewegung ist gesund und kann auch Spaß machen.

    Also, liebe Männer, bewegt euch! 
    Niemand kommt antisexistisch auf die Welt. Aber alle können es werden.

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Profil für Benutzer Gianguido Piani
Gianguido Piani Mo., 26.02.2024 - 20:59

Da ich die letzte Zeit die meisten Kommentare zu den Thesen von Frau Christine Clignon geschrieben habe muss ich davon ausgehen, selbst in diesem neuen Beitrag gemeint zu sein. Die Autorin nennt mich aber nicht persönlich und geht auch konkret zu meinen Fragen nicht ein. Ihr Weltbild ist extrem einfach: Die Männer und die Gendersprache sind an allem Schuld. Andere Autoren und Autorinnen, dagegen, antworten gleich unter den Kommentaren zu ihren Beiträgen, sie akzeptieren den Dialog mit ihren Lesern. Sie, Frau Clignon, tun es nicht. Ein anderer Stil.
Der zweite Absatz hier klingt wie eine Antwort auf einige meiner Bemerkungen zu einem früheren Artikel https://salto.bz/de/comment/138478#comment-138478 Der Punkt ist aber, dass ich, liebe Frau Clignon, was Sie hier schreiben absolut nicht teile. Das ist nicht meine Position, meine Geschichte, meine Verhaltensweise. Sie dürfen mir keine Sachen direkt oder implizit in den Mund setzen, was ich nie gesagt habe und wofür ich nicht stehe. Fakt ist, dass Sie mir keine konkrete Antwort gegeben haben, nur Beschimpfungen. Eine Frage vom Stil.
Zur Sprache. Es gibt keinen empirischen Beweis, dass Gendering auch die Denkweise formt. Vielleicht schon, aber dann sollten Zig andere Einflüsse auf die persönliche Entwicklung untersucht werden, eine konkrete Forschung wäre eine fast unmögliche Aufgabe.
Im verlinkten Beitrag finden Sie eine Tabelle der Sprachen in 111 Ländern: Gendered / Genderless / Neutral Zum Beispiel, folgende Länder haben eine "Genderless"-Sprache: Azerbaijan, Brunei Daressalam, Kamerun, China, Kambodscha, Ghana, Indonesien, Iran, Kirgisien, Malawi, Malaysia, Mongolia, Mosambik, Namibia, Südafrika, Tansania, Thailand, die Türkei, Usbekistan, Vietnam und Sambia. Wie steht es mit der Lage der Frauen in diesen Ländern? Auch in Finnland, Estland, Litauen und Ungarn wird eine genderlose Sprache gesprochen. Diese vier Länder sind jedoch in Europa, mag dies der Unterschied zu den anderen sein? Sind Sie bereit zuzugeben, dass die Lage betr. Gleichheit unter den Geschlechtern in Italien und Europa enorm besser ist als in jedem anderen Land mit einer "genderlosen"-Sprache?
https://www.researchgate.net/publication/257663669_The_Gendering_of_Lan…
Liebe Frau Clignon, wenn Sie es so wollen, antworten Sie bitte hier zu den konkreten Fragen, zu den Inhalten, ohne persönliche Attacken oder Unterstellungen. Eine Frage vom Stil.

Mo., 26.02.2024 - 20:59 Permalink
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Stereo Typ Di., 27.02.2024 - 09:36

Ein kleiner Teil der Männer ist privilegiert, alle anderen gehen täglich arbeiten, sorgen für ihre Familien, tragen dazu bei, dass die Gesellschaft funktioniert, vereinbaren mit ihren Frauen, wie sie den Alltag und die Erziehung gestalten wollen. Sie gehen respektvoll mit Frauen um, beschützen sie, sorgen für Stabilität.

Di., 27.02.2024 - 09:36 Permalink
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Profil für Benutzer Maximi Richard
Maximi Richard Di., 27.02.2024 - 12:19

“…in einer Gesellschaft, in der wir unsere Selbstbestimmung eintauschen mit sozialer Sicherheit”
Sehr interessanter Satz: den könnte man wirklich in vielen Bereichen der Gesellschaft anwenden

Di., 27.02.2024 - 12:19 Permalink
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Profil für Benutzer Lollo Rosso
Lollo Rosso Mi., 28.02.2024 - 09:12

Liebe Frau Clignon, lassen Sie sich auf diesen Herrn nicht ein und versorgen uns weiterhin mit ihren erhellenden Artikeln. Wenn alte, weiße Männer gekränkt sind, ist das ein Zeichen dafür, dass die Richtung stimmt.

Mi., 28.02.2024 - 09:12 Permalink
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Salto User
Milo Tschurtsch Mi., 28.02.2024 - 13:31

Antwort auf von Lollo Rosso

Herr Lollo Rosso, den Menschen aufgrund seines Aussehens und Geschlechts abzuwerten (alte weiße Männer ), ist Ausdruck von Rassismus (per definitionem) und da stimmt die Richtung keinesfalls, das sei Ihnen gesagt.
Zu Frau Clignon ist zu sagen, dass sie sich auf das Gendern als Akt für die Befreiung bzw. Gleichstellung der Frauen festgenagelt hat, obwohl man ihr schon oft erklärt hat, dass das generische Geschlecht von Wörtern nichts mit dem biologischen zu tun hat, dies irgendjemand irgendwann in die Welt gesetzt hat und sie diesen Umstand aus irgendeinem Grund als Kampfbegriff für Frauenrechte instrumentalisiert mit dem Slogan : "Frauen dürfen nicht bloß mitgemeint sein". Dass Frauen überhaupt nicht gemeint sind und die Männer auch nicht , weil Begriffe keine biologischen Personen sind, will sie nicht verstehen.
Stattdessen besteht sie derart stur auf ihren Sichtweisen , die sie irgendwo gelesen hat und die von bestimmten einschlägigen Kreisen gepusht werden, dass ihr entgeht, dass sie der eigentlichen Sache (Gleichstellung)damit einen Bärendienst erweist. Denn die Verkomplizierung der Sprache findet in der Gesellschaft mehrheitlich keinen Rückhalt.

Mi., 28.02.2024 - 13:31 Permalink
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Profil für Benutzer Stefan S
Stefan S Mi., 28.02.2024 - 17:18

Antwort auf von Milo Tschurtsch

"den Menschen aufgrund seines Aussehens und Geschlechts abzuwerten (alte weiße Männer )"
Unsinn, die Formulierung wird erst ab- oder aufwertend wenn sie in einem Kontext steht.
Hier im Kontext Patriarch, und dies ist in südlichen europaischen Ländern nunmal ausgeprägter als im europäischen Norden und aus diesem Grund ist der Beitrag von Frau Clignon mehr als angebracht um diese alten überholten und diskriminierenden Gepflogenheiten hinter uns zulassen. Der alte weiße Mann steht hier als Synonym für Patriarch und wertet nur diese Einstellung/Haltung ab aber keineswegs alle alten Männer.
"Denn die Verkomplizierung der Sprache findet in der Gesellschaft mehrheitlich keinen Rückhalt."
Auch wieder Unsinn, die richtige Ansprache seines gegenüber verkompliziert die Sprache in keinen Fall.
Gendergerechte Sprache wird erst dann schwierig wenn man zur Gruppe der Diversen kommt weil man diese in der direkten Ansprache und auf den ersten Blick nicht ansehen kann ob diese Diverse sind. Aber in der allgemeinen Ansprache darf man dies ruhig berücksichtigen.
Ach ja und Frau Präsident Meloni bedient den Präsident nur auf Grund von Stimmenfang im patriarchalischen Italien.

Mi., 28.02.2024 - 17:18 Permalink
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Salto User
Milo Tschurtsch Mi., 28.02.2024 - 22:53

Antwort auf von Stefan S

Naja mit viel Phantasie kommt man auf die Auslegung es sei ein Patriarch!? gemeint. Der Begriff "alte weiße Männer" ist noch nie in diesem Kontext, sondern immer abwertend (sind zu alt um überhaupt noch etwas zu verstehen) gemeint, also keineswegs "alt und weise". Außerdem ist schon der Hinweis auf die Hautfarbe rassistisch gemeint, denn was hat diese mit dem Ganzen zu tun, die Hautfarbe wird wohl kaum auf den Patriarchen gemünzt sein, wäre sie doch da unerheblich. "Weiß" ist eindeutig eine Abwertung (man möge doch bei diesem Thema nicht auf "Weiße" hören, das wäre die falsche Richtung).
Die Verkomplizierung der Sprache findet sehr wohl statt, denn wenn man es mit den Doppelnennungen ernst nehmen würde (inklusive alle Pronomen doppelt nennen) dann klingt das alles holprig und auch sehr oft grammatikalisch falsch. Der Redefluss ist gehemmt was keine natürliche Sprachentwicklung darstellt, die immer vereinfacht, nicht erschwert, wenn sie eben natürlich erfolgt. Gerade deswegen ist der Trend zu beobachten zunehmend Neutra zu verwenden, da wird überhaupt kein Geschlecht benannt oder der Satz eigens so umgeschrieben dass man nicht geschlechterbezogene Wörter (die aber nur generisch und nicht biologisch geschlechtlich sind) verwenden muss. Das kommt immer häufiger vor und wird zunehmend praktiziert. Und da schießt die Frau Clignon den Vogel ab, denn so werden Frauen noch unsichtbarer, diesmal aber wirklich. Aber vielleicht ist ihr das egal, Hauptsache auch Männer werden unsichtbar. Mit der Vielfalt und Verschiedenheit hat es ein bestimmtes Lager eben nicht so.

Mi., 28.02.2024 - 22:53 Permalink
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Profil für Benutzer Gianguido Piani
Gianguido Piani Mi., 28.02.2024 - 21:17

Laut Indro Montanellis Storia d'Italia am Tag vor dem Eingriff der roten Hemden auf Neapel debattierte das dortige Parlament heiß, ob die Stadt künftig Neapel oder Partenope heißen sollte. Das ist der Level der Diskussion über das Gendering im Hinsicht auf alle anderen Probleme, die eine dringende Lösung brauchen.

Mi., 28.02.2024 - 21:17 Permalink