Politik | PD

„Wer ist hier undankbar?“

Der Bozner Bürgermeister Renzo Caramaschi über dem PD und den Wirbel, den seine Erklärung ausgelöst hat, am Sonntag nicht zu den Vorwahlen zu gehen.
Renzo Caramaschi
Foto: K. a.
Salto.bz: Herr Bürgermeister Caramaschi, die Südtiroler PD-Landessekretärin Liliana Di Fede nennt Sie öffentlich einen „Undankbaren“ (ingrato), weil Sie erklärt haben, dass Sie am kommenden Sonntag bei den Vorwahlen des PD nicht wählen gehen?
 
Renzo: Caramschi: Da muss ich schon zurückfragen: Wem undankbar?
 
Gegenüber dem PD, der Sie zum Bürgermeister gemacht hat?
 
(lacht) Da muss ich wirklich lachen. Denn anscheinend erinnern sich diese Damen und Herren nicht mehr, wie meine Kandidatur zum Bozner Bürgermeister zustande kam. Der PD wollte mich auf keinen Fall als Spitzenkandidat. Deshalb kam es zu Vorwahlen. Aber das waren nicht etwa Vorwahlen des PD. Sondern das waren Vorwahlen der Mitte-Links-Koalition. Dazu gehörte meine Liste, der PD, die SEL und Teile anderer Parteien. Also wem soll ich undankbar sein? Ist es meine Schuld, dass ich diese Vorwahlen gewonnen habe?
„Der PD wollte mich auf keinen Fall als Spitzenkandidat.“
Sie sagen, der PD ist Ihnen zu Dank verpflichtet?
 
Das sage ich nicht. Ich möchte aber schon zu bedenken geben: Der PD hat seinen neunten Sitz im Gemeinderat mit meinen Stimmen geschafft. 1.600 Wählerinnen und Wähler haben nur Caramaschi gewählt und dadurch ging ein Restmandat am Ende an den PD.
 
Sie gehen am Sonntag also nicht zu Vorwahl?
 
Nein. Ich bin früher wirklich begeistert zu den PD-Vorwahlen gegangen. Als es noch um Prodi, Veltroni usw. ging. Ich habe dabei auch weit mehr als zwei Euro gespendet. Aber dieser Enthusiasmus ist mir inzwischen vergangen. Ich bin nicht eingeschriebenes PD-Mitglied. Wenn Sie mich also fragen, ob ich am Sonntag hingehe, dann sage ich Nein. Ich denke, dass ich frei bin, das zu entscheiden. Oder will man mich zwingen? Ich bin deshalb sicher niemandem Rechenschaft schuldig.
 

Sie haben den Südtiroler PD als Partei der Geschäftsmacher kritisiert?
 
Nein. Das habe ich nie gesagt. Achtung. Ich habe die Worte „Partei der Macht“ verwendet. Ich bin nicht in der Partei und kenne die internen Dynamiken nicht. Ich würde mir aber eine Partei wünschen, die sich mehr um die wirklichen Probleme und um Lösungen bemüht. Mir scheint aber es geht im PD mehr um einen Machtkampf und um Ämter. Anscheinend ist es in der Parteilogik dieser interne Lagerkampf das Wichtigste.
 
Vor wenigen Wochen haben Sie eine persönliche Geschichte und Erfahrung über das Krankenhaus Bozen öffentlich gemacht. Sofort haben Sie eine harsche Rüge vom ehemaligen PD-Landessekretär Antonio Frena erhalten?
 
Schauen Sie, hier verstehe ich schon lange nichts mehr. Frena kanzelt mich – als PD-Funktionär - ab. Auf der anderen Seite drückt mir der PD dann öffentlich seine Solidarität aus, in dem er sagt, das ist nur ein Teil des PD. Genau das ist typisch und charakteristisch für den Südtiroler PD. Mir scheint das ist ein Zusammenschluss von Personen, die nach eigenem Gutdünken reden. Ohne eine wirklich klare Linie.
„Der PD hat seinen neunten Sitz im Gemeinderat mit meinen Stimmen geschafft.“
Das sagt auch die PD-Kammerabgeordnete Luisa Gnecchi: Sie fordert eine klarere Linie.
 
Wie gesagt, ich bin nicht PD-Mitglied und verfolge deshalb auch nicht diese internen Grabenkämpfe. Ich bin der demokratisch gewählte Bürgermeister von Bozen, gewählt für eine Koalition. Deshalb bin ich dem PD überhaupt nichts schuldig. Was soll dieses blöde Gerede von Dankbarkeit.
 
Sie ärgern sich ordentlich?
 
Ja. Denn ich verbringe die letzte Jahre meines Lebens mit dem Versuch für meine Stadt etwas zu tun. Und sie können mir glauben, dieses Amt als Bürgermeister zerrt an mir. Es ist alles andere als einfach. Jene 2.500 Euro, die mir am Ende des Monats bleiben, sind ganz sicher keine Entschädigung dafür. Aber ich bin glücklich, dass ich dieses Chance habe. Man soll mich aber arbeiten lassen. Ansonsten kann ich auch gehen. Das ist wirklich kein Problem.
„Man soll mich aber arbeiten lassen. Ansonsten kann ich auch gehen.“
Schlafen Sie also immer noch gut?
 
Ich schlafe zwar wenig, aber diese Stunden wirklich gut. Ich bin völlig gelassen. Wenn es wirklich schlecht geht, dann erhalte ich wenigstens meine Freiheit wieder.