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Muttersein teilen

Maria Cecilia Muñoz bietet in Sinich und Meran offene Räume für Frauen und Kleinkinder aus unterschiedlichen Kulturen an. Hier schildert sie ihre Beweggründe dafür.
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Foto: Urania / Maria Cecilia Muñoz
„Viele Mütter fühlen sich mit ihren Sorgen allein, vor allem dann, wenn sie wie ich aus einem anderen Land kommen und kein freundschaftliches und familiäres Netzwerk haben“, erklärt Maria Cecilia Muñoz. Die Argentinierin lebt seit 2001 in Meran und arbeitete für 21 Jahre im interkulturellen Zentrum Mafalda des Vereins Donne Nissà in Bozen.
„Als ich selbst in Italien Mutter wurde, erlebte ich schwierige Momente der Unsicherheit, aber ich kannte nur wenige Personen“, sagt Muñoz. Also ging die Argentinierin in das Eltern-Kind-Zentrum (ELKI) von Meran, um dort mit anderen Müttern in Austausch zu kommen. Da sie wenig Italienisch konnte, saß sie meist nur da und trank Tee. „Es hat mir trotzdem geholfen“, sagt sie im Rückblick.
Wir haben alle Personen willkommen geheißen, egal ob die Frau ein Kopftuch trägt oder nicht.
Heute unterrichtet die Argentinierin im Brixner Sprachengymnasium „Dante Alighieri“ und veranstaltet Spanisch-Workshops am Meraner Gymansium „Gandhi“. An ihren freien Vormittagen bietet sie beim Interkulterellen Café an der Urania unter anderem „Maternando“ an. „Maternar“ ist ein in Argentinien verwendetes Wort und entstand nach dem Wiedererwachen der feministischen Bewegung 2015, es bedeutet so viel wie „zusammenleben in vielfältigen Arten des Mutterseins“. Die Treffen richten sich also an Mütter mit ihren Kindern, die zwischen null und drei Jahre alt sind. Aber auch Großeltern und Väter sind willkommen.
 
 
„Beziehungen knüpfen ist etwas sehr Weibliches. Früher haben sich Frauen noch viel stärker gegenseitig unterstützt, beim Versorgen der Kinder oder in schwierigen Zeiten der Armut und des Krieges. Ich denke deshalb, dass wir Frauen ein großes Potential haben, ein solidarisches Netzwerk aufzubauen“, sagt Muñoz. Denn vor allem für Frauen mit Migrationshintergrund würden in Meran Unterstützungsangebote fehlen.
Wichtig sei dabei, vor Augen zu haben, dass es viele verschiedene Arten des Mutterseins gebe. „Jede Mutter, jedes Kind, jede Familie, jede Kultur und auch jeder historische Moment ist anders“, so Muñoz. Das habe sie unter anderem bei ihrer Arbeit als Kinderbetreuerin im Mafalda in Bozen gelernt.
„Wir haben alle Personen willkommen geheißen, egal ob die Frau ein Kopftuch trägt oder nicht. Oft passiert es dann, dass die Frau neben ihrem Mann nicht spricht, weil sie über keine Sprachkenntnisse verfügt. Also spricht ihr Mann für sie, stellt Fragen und informiert sich. Das ist für viele Frauen unangenehm und ich lernte, ihren Blick und ihre Körpersprache zu lesen“, sagt die Erzieherin, die in Argentinien als Kindergärtnerin gearbeitet hat.
 

Das Kursangebot

 
Aus diesem Grund liegt ein Schwerpunkt des Kursangebots von Maternando auf dem Erlernen der italienischen Sprache. „Es ist wichtig, sich auch mit Worten austauschen zu können, um von den eigenen Sorgen erzählen zu können. Wenn ich berichte, dass mein Kind nicht essen oder schlafen will und eine andere Mutter von denselben Problemen erzählt, fühle ich mich erleichtert. Außerdem können die anderen hilfreiche Ratschläge geben.“
Ein weiterer Schwerpunkt bildet der kulturelle Austausch in Bezug auf familiäre und soziale Gepflogenheiten. „Früher war es in einigen Südtiroler Tälern beispielsweise üblich, der Frau und ihrem Kind nach der Geburt weiße Nahrungsmittel zu bringen, wie Mehl, Zucker, Milch oder Kartoffeln. Denn Weiß ist die Farbe der Reinheit“, erzählt Muñoz. „Es gibt so viele Traditionen, auch was die Namenswahl des Kindes betrifft. Deshalb frage ich die Frauen, aus welchen Gründen sie einen bestimmten Namen für ihr Kind gewählt haben“, so Muñoz.
 
 
Die Kurse finden vormittags entweder im Óplab in Meran oder in den Räumlichkeiten des Vereins „La Strada“ in Sinich statt. Dort treffen die Kinder auf Gleichaltrige und Spielsachen, die Mütter müssen sich also im Vorhinein nicht um eine Kinderbetreuung kümmern, was oftmals ein Problem darstellt. Der Kursbeitrag für 17 Treffen kostet 40 Euro.
„Noch fehlen in Sinich genügend Teilnehmer*innen, um mit dem Kurs zu starten. Es würde mich sehr freuen, wenn sich eine Gemeinschaft von einheimischen und ausländischen Frauen bildet und wir auch jene erreichen, die sich gerade alleine fühlen“, sagt Muñoz.