Gesellschaft | Schule

Kritik am Geiz des Landes

Fahrdienst für Kinder mit Behinderung: Die neu beauftragte Firma ist zwar günstig, aber bereits bei der Übernahme unzuverlässig. Betroffene Eltern sind verärgert.
Mittelschule St. Martin in Thurn
Foto: Seehauserfoto
  • Die Abteilung Bildungsförderung teilt mit, dass es ab Montag, 29. April, Schwierigkeiten bei der Übernahme der Fahrdienste für Kinder, Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen gibt. Betroffen sind jene Dienste, die bisher vom Betreiber „Adlatus – Verein für Menschen mit Beeinträchtigungen EO und Easy mobil GmbH“ ausgeführt wurden.

    Im Rahmen einer offenen Ausschreibung wurde der – noch nicht rechtswirksame – Zuschlag an den Wirtschaftsteilnehmer „Alpin Bus Service SRL“ aus dem Trentino erteilt. Dieses Unternehmen hatte ein Angebot von 35 Prozent Abschlag auf den Landespreis eingereicht und die Ausschreibung gewonnen. Der Vertrag von Adlatus läuft mit Ende April aus, der Verein hat nun Rekurs gegen die Entscheidung angekündigt. Adlatus-Vorsitzender Richard Stampfl erklärt gegenüber der Tageszeitung Dolomiten: „Weder auf einen guten Service noch auf eine ehrenamtliche Organisation ist bei dieser Ausschreibung Rücksicht genommen worden.“ 

    Die Landesverwaltung hat indessen diese Woche eine Dringlichkeitsmaßnahme zur Übernahme des Dienstes ab 29. April 2024 an den neuen Betreiber gestellt. Die Landesverwaltung werde auch in den kommenden Tagen alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um den Fahrdienst zu garantieren.

    Das Team K hat bereits in einer Mitteilung an die Medien den Ausgang der Ausschreibung kritisiert und reicht einen Beschlussantrag in den Landtag ein. Auch der Verein „Aktive Eltern von Menschen mit Behinderung“ (AEB) fordert in einem offenen Brief an die Landesregierung rasches Handeln. 

    Besorgte Eltern würden nun bangen, ob ihre Kinder weiterhin in die Schule kommen. „Diese unsichere Situation ist für Familien mit einem Kind mit Behinderung eine große Zusatzbelastung, da für diese Familien die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf dem Spiel steht“, erklären AEB-Präsidentin Angelika Stampfl und ihre Stellvertreterin Irmhild Beelen in dem Brief. 

  • Update (27. April, 17:45 Uhr): Alpinbus und Dibiasibus, die Gewinner der Ausschreibung für den Fahrdienst, haben nun zugesichert, dass der Transport für 288 Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen ab Montag garantiert sei. Außerdem erklärt Elmar Dibiasi (Dibiasibus) gegenüber der Rai, dass sie erst spät von der Zusage erfahren hätten. 

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ceteris paribus Sa., 27.04.2024 - 11:47

Es ist schlimm mit ansehen zu müssen, wie unser Land immer weiter in den Stillstand verwaltet wird.
Ich erkenne mein Südtirol nicht wieder.
Auf dem Rücken der Schwächsten der Gesellschaft offenbart sich die Unfähigkeit, Dinge weiterzubringen - essentielle Dienste aufrecht zu erhalten. Es sind Details für die die großen Manager in den Maßanzügen keine Zeit haben. Sie sehen das große Ganze, schwingen Reden zu allgemeinen globalen Themen, zitieren aus Managementbüchern und schauen gern über die Grenzen unseres Landes. Dabei sind sie so vom eigenen Tun überzeugt, dass der Rückschritt und Rückstand im eigenen Haus übersehen wird - das lästige Alltagsgeschäft stört einfach nur mehr.
Die Werkzeuge, die eingesetzt werden sind nachweislich unbrauchbar. Eine Qualitätsausschreibung, bei der die Teilnehmer die Qualität in Eigenerklärungen (!) nachweisen, läuft gezwungenermaßen wieder auf das billigste Angebot hinaus - egal welcher Schlüssel angewandt wird.
Das Land ist und wird nicht mehr gut bestellt, die Gräben werden immer tiefer und leider gedeihen dort keine fruchtbaren Samen. Das was wir am meisten brauchen würden, findet man dort nicht: Optimismus.

Sa., 27.04.2024 - 11:47 Permalink
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Robert Hölzl Sa., 27.04.2024 - 16:29

Ich glaube, den meisten ist nicht klar, was Qualitätsausschreibung bedeutet. Im Gegensatz zur Ausschreibung (AS) mit dem günstigsten Preis als Zuschlagskriterium, sieht die QA einen Mix aus Preis und Qualitätskriterien vor. Abgesehen davon, dass der Preis, egal wie hoch der Prozentsatz des Preisanteils ist, dieser trotzdem einen gewichten Anteil hat (aufgrund der verwendeten Formeln) wird bei den Qualitätskriterien NICHT die Qualität des Bieters oder auch nur des Angebots bewertet, sondern nur die Qualität der vorgelegten Unterlagen. Welche Qualitätskriterien nun vorgesehen werden, ist einerseits von den staatlichen (durch die Provinz übernommenen) und den EU-Vorgaben abhängig und andrerseits von den von der AS-Behörde formulierten Bedingungen abhängig. Die Staatsvorgaben sehen nun einmal vor, dass alles was bereits anderweitig kontrolliert wird (wie z.B. bei Einschreibungen in nationale Verzeichnisse etc.) nicht noch einmal im Zuge der AS eingefordert und kontrolliert werden darf. Bei Waren darf ich nicht das Produkt einer Firma nennen, sondern muss mindestens 3 Firmen angeben. Alles was gesetzlich durch Ersatzerklärungen vorgelegt werden kann, darf ich nur nach dem Zuschlag kontrollieren. U.s.w. und so fort. Ich kann nur Papier kontrollieren; auch wenn ich Muster anfordere, werden diese oft nicht von der Angebotsfirma hergestellt, sondern von spezialisierten Firmen (manchmal sogar für mehrere AS-Teilnehmer). Im Prinzip wird nur Papier bewertet. Es gewinnt also nicht die beste Firma oder die Firma mit dem besten Dienst/Produkt, sondern die Firma, die die besten Unterlagen liefert. Man kann den Auswahlprozess über die Formulierung der Kriterien, der Prozentsätze steuern, aber das verlangt Phantasie und Wissen und Aufwand, etwas das seitens der AS-Behörden eher Mangelware ist. Wenn ich hunderte von AS abwickeln muss, stecke ich nicht so viel Aufwand in die einzelne AS. Aber die ganze Gesetzgebung fußt auf der der Annahme, dass alle öffentlichen Verwalter Gauner sind, deren Handlungsspielraum eingeschränkt werden muss. Und daraus folgt, die AS müssen so eingeschränkt werden, dass kein Ermessensspielraum bleibt. Ergo Papier, Papier, Papier. Und das ist geduldig.

Sa., 27.04.2024 - 16:29 Permalink
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Salto User
nobody Sa., 27.04.2024 - 20:19

Schon interessant. Ich wette, wenn das Land eine Liste vorlegen müsste, was alles mit Steuergeld unterstützt wird und hier finanzielle Korinthen gekackt werden, dann müssten sich alle Verantwortlichen in Grund und Boden schämen.

Sa., 27.04.2024 - 20:19 Permalink
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Josef Fulterer So., 28.04.2024 - 06:49

Vor dem großen Geschrei über den Geiz der Landesverwaltung, sollte man zuwarten ob die Alpin Bus & Dibiasi imstand sind, den Transport-Dienst vernünftig zu verrichten.

So., 28.04.2024 - 06:49 Permalink
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rotaderga So., 28.04.2024 - 14:48

Wie war es vor einigen Jahren zu Tundo Zeiten?
Angebote mit und ohne Mehrwertsteuer?
Wie kann man sich nun die 35% Differenz erklären?
Sind die Einen zu gierig oder die Anderen zu genügsam?
Aus purer Neugirde würde ich da mal gerne mitrechnen. (ENA)

So., 28.04.2024 - 14:48 Permalink