Wirtschaft | Volksbank

Gesalzene Rechnung

Die Verbraucherzentrale startet eine Gegenoffensive gegen die Volksbank. Während das Landesgericht die Bank zur Bezahlung eines Gerichtsgutachtens verdonnert hat.
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Foto: Hannes Prousch
Walter Andreaus ist mehr als zufrieden. „Es waren fast 100 Leute da“, sagt der Vorsitzende der Südtiroler Verbraucherzentrale, „und es war eine gute und wichtige Versammlung“. Am späten Dienstagnachmittag hat die Verbraucherzentrale die ehemaligen Volksbank-Aktionäre und alle Interessierten ins Bozner Kolpinghaus zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
Dabei ging es vor allem um ein Verfahren, das derzeit vor dem Bozner Landesgericht behängt. Andreaus und der römische Rechtsanwalt Massimo Cerniglia ließen am Dienstag noch einmal die Geschichte des Verfahren Revue passieren. Zudem gab man eine Ausblick wie das Ganze weitergehen wird. „Wir sind sehr zuversichtlich“, sagt Rechtsanwalt Cerniglia zu Salto.bz.
Der Grund: Die Verbraucherzentrale plant eine neue Offensive gegen die Volksbank.
 

Das Verfahren

 
Im Spätherbst 2016 wurde aus der Genossenschaftsbank Volksbank eine Aktiengesellschaft. Bei einer solchen Umwandlung hat jedes Mitglied das Recht zurückzutreten und sich seine Anteile auszahlen zu lassen. Von den über 60.000 Volksbank-Aktionären nahmen rund 1.400 Mitglieder dieses Rücktrittsrecht in Anspruch. Betroffen waren 2.645.288 Stammaktien mit einem Gegenwert von insgesamt 32 Millionen Euro.
 
Anlässlich der Kapitalerhöhung 2015 hatte die Volksbank die Aktien um 19,65 Euro ausgegeben. Ein Jahr später legte der Verwaltungsrat den Rücktrittspreis für die Aktie aber bei 12,10 Euro fest. Diese Preisfestlegung, untermauert durch zwei Gutachten unabhängiger Experten, sorgte verständlicherweise nicht nur bei den ausgestiegenen Mitgliedern für breiten Unmut.
Die Verbraucherzentrale sammelte 90 ehemalige Volksbank-Mitglieder, die vor dem Bozner Landesgericht gegen die Volksbank und den zu niedrigen Auszahlungspreis klagten.
 

Gutachten & Gegenklage

 
In dem Verfahren beauftragt das Landesgericht einen Sachverständigen zur Ermittlungen des korrekten Rücktrittspreises. Im Juni gab der beauftragte Mailänder Wirtschaftsberaters Giorgio Zanetti das Gutachten bei Gericht ab. Das Ergebnis: Der Gutachter legte den Aktienwert bei 14,69 Euro pro Aktie fest. „Das ist ein Preis, der um 21 Prozent höher ist, als jenen den die Bank festgelegt hat“, jubelte damals Rechtsanwalt Massimo Cerniglia.
Die Reaktion der Bank erfolgte umgehend. Der Verwaltungsrat der Volksbank beschloss das Gutachten des Sachverständigen Giorgio Zanetti anzufechten. „Das Verfahren sieht vor, dass wir die Preisfeststellung anfechten können, wenn begründete Zweifel bestehen, dass sie nicht korrekt zustande gekommen ist“, rechtfertigte Volksbank-Generaldirektor Johannes Schneebacher salto.bz gegenüber diesen Schritt.
 
Die Volksbank-Führung unterstellt dem Gutachter zwei entscheidende Fehler. Zanetti habe für seine Bewertung die Bilanz zum 31.Dezember herangezogen worden, während das Gutachten der Volksbank auf Basis der Halbjahresbilanz erstellt wurde. Zudem stimme - laut Volksbank - das Bewertungsmodell des Gutachters nicht.
Die Bank klagt ihre Aktionäre“, reagierte die Verbraucherzentrale auf diese Gegenklage. VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus sieht in der Anfechtung „ein reines Vorwandmanöver, das nur dem Zweck dient, die Festlegung des Aktienwerts hinauszuzögern.
 

Teures Gutachten

 
Ist der vom Gerichtsgutachter festgelegte Auszahlungspreis bereits ein halber Sieg für die Aktionäre und die Verbraucherzentrale, so gibt es inzwischen weiteren Grund zur Freude.
Denn vergangene Woche wurden den Prozessparteien ein gerichtliches Dekret zugestellt. Der Richtersenat Ulrike Ceresara, Silvia Rosá und Berichterstatter Thomas Weissteiner verfügen darin, dass allein die Volksbank die Spesen für das Gutachten des Sachverständigen Giorgio Zanetti zahlen muss. Insgesamt 25.078,26 Euro.
Weil normalerweise die Kosten solcher Gutachten zwischen den Parteien geteilt werden, kann man diese Entscheidung auch als klaren Fingerzeit des Richtersenates werten, wohin die Reise gehen könnte. „Noch ist nichts entschieden“, gibt sich Rechtsanwalt Massimo Cerniglia vorsichtig.
 
Auf dem Treffen am Dienstag im Bozner Kolpinghaus wurde noch einmal bestätigt, dass man vor dem Landesgericht die Abweisung der Gegenklage der Bank verlangen wird. Vor allem aber plant man gleichzeitig eine neue für die Bank noch gefährlichere Gegenoffensive.
 

Mögliche Sammelklage

 
Auf der Versammlung im Kolpinghaus wurde auch über den Aktienverkauf durch die Bank gesprochen. „Wir haben seit längerem konkret Elemente gesammelt, die darauf hinweisen, dass es beim Aktienverkauf anlässlich der Kapitalerhöhungen in den Jahren 2008, 2012 und 2015 zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte“, sagt Walter Andreaus. Jetzt wolle man dieses Thema - ähnlich wie es die Verbraucherzentrale bereits bei der Sparkasse gemacht hat - auch rechtlich angehen. Die Verbraucherzentrale hat bereits einen Musterbrief entworfen, mit dem die Aktionäre die gesamte Dokumentation von der Bank anfordern können. „Sollten sich unserer Befürchtungen dabei bestätigen, werden wir möglicherweise auch eine Class Action in Betracht ziehen“, meint Walter Andreaus.
Spätestens damit wird sich die Auseinandersetzung zwischen den Verbraucherschützern und der Volksbank noch deutlich zuspitzen